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Vertragsschluss rückt in weite Ferne

Die Vertragsunterzeichnung zwischen dem Verteidigungsministerium und dem Generalunternehmer MBDA Deutschland zur Beschaffung des Taktischen Luftverteidigungssystems TLVS/MEADS in dieser Legislaturperiode wird immer unwahrscheinlicher.  Wie es aus gut informierten Kreisen weiter heißt, muss  MBDA das Ende September 2016 eingereichte Angebot aufgrund von Defiziten umfassend überarbeiten. Vorher könnten  die eigentlichen Verhandlungen nicht aufgenommen werden, hieß es am Dienstag am Rande eines Kongresses der DWT in Bonn.

Da aufgrund der anstehenden Bundestagswahl im September sowohl der Haushalts- als auch der Verteidigungsausschuss nur noch bis Ende Juni zusammenkommen, bleibt nach Meinung von Experten nicht genug Zeit, um den Vertrag in diesem Jahr durch das Parlament zu bringen. Das Angebot umfasst mehr als zehntausend Seiten an Dokumenten und enthält zahlreiche Unterangebote von Zulieferern.

„In den letzten Monaten wurden die Inhalte des Angebots intensiv ausgewertet und im Detail mit dem Bieter besprochen“, teilte dazu  ein Sprecher des Verteidigungsministeriums mit.  Vor einem möglichen Einstieg in Vertragsverhandlungen sei  zunächst die Umsetzung der Ergebnisse dieser Bietergespräche abzuwarten. Dabei gelte „Gründlichkeit vor Geschwindigkeit“, um zu einem guten Vertrag und einem wirtschaftlichen und abgesicherten Einsatz von Steuergeldern zu kommen.

In den nächsten Wochen werde über die weitere zeitliche Gestaltung des Vergabeverfahrens entschieden, so der Sprecher weiter, „abhängig vom Zeitpunkt des Beginns der Vertragsverhandlungen ergibt sich dann eine belastbare Grundlage für die Ausplanung dieser Phase und der parlamentarischen Befassung“. Kreisen zufolge hat MBDA bis zum März Zeit, das veränderte Angebot vorzulegen.  Das Ministerium hatte im vergangenen Jahr noch angegeben, das TLVS-Projekt als 25-Millionen-Euro-Vorlage im ersten Halbjahr 2017 ins Parlament zu geben.

Sollte der Vertrag nicht mehr bis zur Wahl unterschrieben werden, würden sich weiterhin hohe Belastungen für MBDA ergeben, da das Unternehmen die Kosten für die am TLVS-Projekt beschäftigten Mitarbeiter möglicherweise weitere Monate oder sogar Jahre vorstrecken müsste. Ob die europäisch aufgestellte MBDA-Gruppe dies dauerhaft akzeptieren wird, bleibt abzuwarten. Zumal MBDA Deutschland seit Jahresbeginn stärker in die Muttergesellschaft integriert wird. Die Geschäftsleitung unter Führung des Geschäftsführers bleibe zwar bestehen, teilte dazu ein Sprecher des Unternehmens mit.  Die Mitglieder der Geschäftsleitung von MBDA Deutschland berichteten seit dem 1. Januar  jedoch zusätzlich an die entsprechenden Leitungsmitglieder in der MBDA-Gruppe. Für die anderen Mitarbeiter ändern sich nach Aussage des Sprechers keine Berichtswege.

Auch für die mehreren Dutzend Unterlieferanten für das TLVS-Projekt ergibt sich eine schwierige Situation, wenn der erwartete Umsatz nicht realisiert wird. Man verliere  gemeinsam mit der MBDA, heißt es aus dazu aus Kreisen der Lieferanten. Ein Zulieferer geht jedoch davon aus, dass die Chancen für die Vertragsunterzeichnung in der laufenden Legislaturperiode noch bei rund 30 Prozent liegen. Er räumt jedoch ein, dass diese Wahrscheinlichkeit täglich abnehme. Dagegen schließt ein anderer Zulieferer eine Vertragsunterzeichnung in dieser Legislaturperiode aus.

Was die mögliche Verzögerung für die Umsetzung des Projektes bedeutet, steht in den Sternen. Denn ob eine neue Regierung im kommenden Jahr die Verhandlungen zu TLVS wieder aufnehmen und einen Auftrag erteilen wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden. Nach der Verschiebung der Beschaffungsentscheidungen für die Fregatte MKS 180 und für den schweren Transporthubschrauber, wird mit dem TLVS-Vertrag wahrscheinlich ein weiteres Großprojekt in die kommende Bundestagsperiode vertagt.
lah/24.1.2016

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