Anzeige

Drohnenabwehrboxer für Katar?

Waldemar Geiger

Ein Exponat des Radschützenpanzers Boxer RCT30 auf dem Stand der katarischen Streitkräfte während der Rüstungsmesse DIMDEX 2024, die vom 4. bis 6. März in Doha (Katar) stattfand, deutet darauf hin, dass es sich bei dem Boxer-Exportkunden aus dem Nahen Osten (hartpunkt berichtete) höchstwahrscheinlich um Katar handelt. Dies erscheint umso plausibler, weil das Fahrzeug nicht am Stand von KNDS, sondern dem der katarischen Streitkräfte gezeigt wurden.

Bei dem Boxer RCT30 handelt es sich um eine Maschinenkanonenversion des Fahrzeuges vom Hersteller KNDS Deutschland – ehemals Krauss-Maffei Wegmann –, welche auch im Rahmen des Bundeswehrvorhabens zur Beschaffung eines Radschützenpanzers als möglicher Kandidat gilt. Bei dem RCT30, auch bekannt unter dem Namen „PuBo“ (kurz für Puma Boxer), handelt es sich um einen Boxer mit dem gleichen unbemannten Turm wie er beim Schützenpanzer Puma zum Einsatz kommt.

Neben dem Umstand, dass das Emirat den Boxer RCT30 auf dem Stand seiner Streitkräfte ausstellt, ist ein weiteres Konfigurationsdetail des Fahrzeuges von besonderem Interesse: Der RCT30-Turm verfügt sowohl über eine leistungsfähige und präzise 30mm-Maschinenkanone, die tempierbare Munition verschießen kann, als auch über hochentwickelte Zieloptiken. Um Drohnen aufklären zu können, ist der Turm mit einem passiven Radio-Frequency-Sensor ausgestattet. Das einem Schuhkarton ähnelnde Gerät ist auf einem kleinen Mast auf der linken Seite des Turms angebracht.

Anhand der am Turm des katarischen Boxers angebrachten Sensorik ist deutlich zu erkennen, dass es sich um eine für die Drohnenabwehr modifizierte Variante des RCT30 handelt, die KNDS im Sommer 2021 erstmals gezeigt hat. Was wiederum der Spekulation Nahrung geben könnte, dass die Boxer als Ersatz für die 15 Flakpanzer Gepard beschafft werden, die Katar im Vorfeld der Fußball-WM 2022 von KNDS gekauft und für die Drohnenabwehr hat modernisieren lassen. Einem Bericht des Handelsblatts vom 20. Juli 2023 zufolge hat die Bundesregierung diese Systeme zurückgekauft und der Ukraine überlassen.

Anhand der am Turm des katarischen Boxers angebrachten Sensorik (gekennzeichnet durch roten Kreis) ist deutlich zu erkennen, dass es sich um eine für die Drohnenabwehr modifizierte Variante des RCT30 handelt. (Bild: Screenshot via Youtube Channel Explore Empires)

Sollte dies zutreffen, könnte der Rückkauf mit zu einem Paradigmenwechsel der Exportpolitik der Bundesregierung beigetragen haben. Denn bis dato vertrat Deutschland die Position, keine Rüstungsgüter an die im Jemen-Krieg beteiligten Nationen – wozu auch Katar zählt – zu liefern. Bereits Ende 2023 war die Bundesregierung ähnlich mit Saudi-Arabien verfahren und hatte erstmalig wieder Rüstungsexporte, darunter Iris-T-Flugkörper für die Bewaffnung der saudischen Eurofighter genehmigt. Beobachter gehen davon aus, dass die saudischen Bemühungen zur Abwehr von Huthi-Raketen, die die Miliz seit Oktober 2023 auf Israel verschießt, eine wesentliche Rolle beim Wechsel der Exportpolitik gespielt haben. Ähnlich könnte es auch bei Katar gewesen sein, sollte das Land tatsächlich die Geparden für die Ukraine abgegeben haben und so im Sinne deutscher Sicherheitsinteressen agiert hätte. Eine diesbezügliche Anfrage von hartpunkt vom 24. Januar 2024 wollte ein Pressesprecher des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, welches für die Erteilung von Rüstungsexportgenehmigungen zuständig ist, mit dem Verweis darauf, „dass die Bundesregierung zu Rüstungsexportentscheidungen im Einzelfall nicht Stellung nimmt“ nicht beantworten.

Weitere Boxer für Katar?

Neben dem Drohnenabwehrboxer am Stand der katarischen Streitkräfte wurde interessanterweise ein weiterer Boxer auf der diesjährigen DIMDEX ausgestellt. Am Stand des britischen Heeres war ein weiterer in den Farben des Union Jack und der Flagge Katars zu sehen.

In dem US-Fachmedium Breaking Defense wird ein Vertreter des britischen Verteidigungsministeriums diesbezüglich wie folgt zitiert: „Katar ist auf der Suche nach einer 8×8-Schützenpanzerplattform, und wir schlagen den britischen Boxer vor“. Dem Breaking-Defense-Beitrag nach würde ein mögliches Geschäft über ein Tochter-Unternehmen der ARTEC GmbH abgewickelt, die die ARTEC-Gesellschafter Krauss-Maffei Wegmann, Rheinmetall Landsysteme und Rheinmetall Defence Nederland 2023 unter dem Namen ARTEC Boxer UK Ltd. gegründet haben, hartpunkt berichtete.

Der Golfstaat hat schon vor geraumer Zeit bekanntgegeben, Radschützenpanzer beschaffen zu wollen. Im Dezember 2019 wurde sogar eine Absichtserklärung mit dem französischen Teil von KNDS (damals noch unter dem Namen Nexter firmierend) über die Beschaffung von 490 VBCI-Radschützenpanzern geschlossen. Auf diese Absichtserklärung ist jedoch bis heute kein Beschaffungsvertrag gefolgt.

Die Präsentation des britischen Boxers könnte dahingehend gewertet werden, dass das Rennen noch offen ist und Katar unter Umständen sogar drittgrößter Boxer-Nutzer werden könnte, nach Deutschland und Großbritannien.

Waldemar Geiger

.i.td-icon-menu-up { display: none; }