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Eurosam stellt SAMP/T in Menzingen vor

Die Schweizer Armee befindet sich gegenwärtig im Auswahlprozess für eine bodengebundene Luftverteidigungslösung (Bodluv) großer Reichweite. Dazu hat sie die beiden im Wettbewerb verbliebenen Anbieter Raytheon mit  dem Patriot-System sowie Eurosam mit SAMP/T zu Vergleichstests in die Schweiz eingeladen. Nachdem Raytheon bereits im August die Fähigkeiten seines Radars demonstrieren konnte, befindet sich gegenwärtig eine französische SAMP/T-Einheit zur Sensor-Erprobung in der ehemaligen Bloodhound-Stellung auf dem Kogel in der Nähe von Menzingen im Kanton Zug.

Am gestrigen Dienstag erläuterten Vertreter der Herstellerfirmen, der französischen Streitkräfte sowie der französischen Botschaft die Vorzüge ihres Systems. Frankreichs Botschafter Frederic Journes betonte bei dem vom nationalen Beschaffungsamt armasuisse erneut mit Schweizer Präzision veranstalteten Medientag, dass Frankreich seinem Nachbarland die vollständige Autonomie bei der Nutzung des Systems garantiere. Genauso wie den Transfer von Technologien und Know-how für die schweizerische Rüstungswirtschaft. Er bot darüber hinaus einen Ausbau der militärischen Partnerschaft beider Länder bei der Luftverteidigung an.

Gut informierten Kreisen zufolge hat das europäische Rüstungsunternehmen Eurosam als Hersteller von SAMP/T darüber hinaus den Schweizern auch den Einstieg in den mit den Nutzerländern geschlossenen Unterstützungsvertrag und eine Teilhabe an der Weiterentwicklung des Systems in Aussicht gestellt.

Das SAMP/T-Radar in der Schweiz. Während der Fahrt wird der Sensor in seinen Container versenkt. Foto: lah

Als einen Vorzug von SAMP/T führten die Vertreter von Eurosam die 360-Grad-Abdeckung des Systems auf. Dies wird  unter anderem durch den vertikalen Start der Aster-Abwehrflugkörper erreicht. Das Luftabwehrsystem könne eine große Zahl von Zielen bekämpfen. Neben klassischen Bedrohungen durch so genannte Air Breathing Targes, das sind  bemannte und unbemannte Flugzeuge, Hubschrauber sowie Marschflugkörper, habe das System auch die Fähigkeit zur Abwehr von taktischen ballistischen Raketen mit einer Maximalreichweite von 600 Kilometern.

Bis zu sechs Startgeräte pro Feuereinheit

Ein einer Feuereinheit können bis zu sechs Startgeräte mit jeweils acht Raketen, ein Multifunktionsradar sowie eine Operationszentrale zusammengefasst werden. In den französischen und italienischen Streitkräften werden in der Regel jedoch lediglich vier Startgeräte pro Feuereinheit verwendet. Alle Komponenten des Systems sind von handelsüblichen Lkw aus einsetzbar. Das System soll laut Hersteller in der Lage sein, gleichzeitig zehn Ziele mit bis zu 16 Flugkörpern zu bekämpfen.

Konzipiert ursprünglich für die französische Wehrpflichtarmee in den 1990er Jahren sei SAMP/T aufgrund der Einfachheit auch für die Miliztruppen der Schweiz beherrschbar, hieß es auf Nachfrage. Herausgehoben wurde von anwesenden französischen Militärs der geringe Personalbedarf von SAMP/T. So befinden sich in der Operationszentrale lediglich zwei Soldaten. Auch das Radar-  und die Werferfahrzeuge sind jeweils nur mit zwei Personen besetzt. Laut Hersteller ist die Interoperabilität nach NATO-Standard – etwa über Link 16 –  gewährleistet und wurde bereits in zahlreichen Manövern mit Partnerarmeen nachgewiesen.

Gegenwärtig wird für SAMP/T der zweistufige Flugkörper Aster 30 verwendet. Allerdings läuft seit 2016 die Weiterentwicklung der Waffe, deren Suchkopf im Ku-Band durch einem neuen Sucher im Ka-Band ersetzt werden soll. Die dann als Aster B1NT bezeichnete Lenkwaffe soll damit  ihre Präzision gegen Air Breathing Targets und Hyperschallwaffen erhöhen.

Nach Aussage von Eva Bruxmeier, Managing Director von Eurosam, sind die ersten Testschüsse der neuen Aster B1NT für 2022  vorgesehen. Der Flugkörper könne womöglich bereits 2023 seine Einsatzreife erreichen.  Laut Bruxmeier wurden bislang mehr als 1.000 Flugkörper der Aster-Familie produziert –  davon der überwiegende Teil in der Version als Aster 30. Die Produktion laufe aufgrund des Bedarfs der Nutzernationen weiter.

Neben Frankreich und Italien gehört auch Großbritannien in Europa zu den Staaten, die Aster-Raketen verwenden. Die Briten setzen die Waffe allerdings nur bei der Marine ein. Die Besonderheit der Aster-Familie ist, dass die Waffen im Vergleich mit anderen Flugkörpern sowohl zur Luftverteidigung an  Land als auch bei der Marine verwendbar sind.

Drei europäische Nutzer und sechs Exportkunden

Laut Eurosam gibt es neben den drei europäischen Nutzern insgesamt sechs Exportkunden für SAMP/T oder Teilkomponenten davon – darunter auch Saudi-Arabien. Ausgeliefert wurden den Angaben zufolge bislang 17 SAMP/T-Systeme an Italien und Frankreich. Die Nutzer garantierten die Verwendung des Systems bis ins Jahr 2050. Das Battle Management System ist dem Hersteller zufolge mit offenen Schnittstellen zur Anbindung an andere Systeme ausgelegt.

Eurosam, das die System Design Authority für SAMP/T innehat, ist ein Gemeinschaftsunternehmen, an dem MBDA Frankreich und MBDA Italien zusammen 66,6 der Anteile halten. 33,3 Prozent  sind im Besitz des französischen Konzerns Thales. Dabei fungiert Eurosam als alleiniger Ansprechpartner für die 1989 von Frankreich und Italien eingegangene Kooperation und als Träger des Programm-Managements. Das Personal von Eurosam wird von MBDA und Thales gestellt.

Für die Erbringung der vom Schweizer Verteidigungsministerium geforderten Offset-Leistungen hat Eurosam nach eigenen Angaben bereits rund 40 Unternehmen als potenzielle Partner identifiziert, mit denen man in Gesprächen stehe.  Mehrere Unternehmen wurden demnach bereits für verschiedene Subsysteme vorausgewählt. Weitere Details wurden allerdings nicht genannt.

SAMP/T erreichte seine Einsatzreife im Jahr 2011. Laut Hersteller wurden in der Entwicklungsphase und im Einsatz mehr als 60 Abschüsse erzielt. Davon seien 20 Abschüsse im operativen Einsatz erfolgt, darunter drei von ballistischen Flugkörpern. 2012 sei überdies das Abfangen von Überschall-Marschflugkörpern nachgewiesen worden.

Bekämpfungsreichweite über 100 Kilometer

Das bei  SAMP/T eingesetzte Arabel-Multifunktionsradar von Thales soll laut Hersteller in der Lage sein, Kampfflugzeuge in einer Entfernung von mehr als 150 Kilometern zu detektieren. Offiziell wird die Reichweite – je nach verwendetem Mode – mit 80 bis 180 Kilometern angegeben. Eine Besonderheit des Radar: Für die  Marschfahrt wird es in den Container versenkt auf dem es während des Einsatzes steht. Unter entsprechenden Rahmenbedingungen könnten mit SAMP/T Ziele in einer Distanz von über 100 Kilometern bekämpft werden, hieß es auf Nachfrage. Offenbar soll das Radar in Zukunft modernisiert werden. Zeitplan und weitere Details waren jedoch nicht verfügbar.

Während die französische Armee eine vollständige Feuereinheit nach Menzingen verlegt hat, wird vor Ort lediglich der  Sensor verschiedenen Tests unterzogen. Bis zum 27. September haben die Franzosen noch die Gelegenheit, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Danach werden die Experten der Schweizer Armee und der armasuisse die Testergebnisse der beiden Anbieter evaluieren.
lah/18.9.2019

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