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Deutschland exportiert 51 Prozent weniger Waffen

Die Bundesrepublik Deutschland hat nach Angaben des Stockholm International Peace Research Institut (Sipri) im Zeitraum von 2011 bis 2015 insgesamt 51 Prozent weniger Großwaffensysteme als in der Fünfjahresperiode von 2005 bis 2010 ins Ausland geliefert. Wie das Sipri ins seinem am Montag veröffentlichen Report „Trends In International Arms Transfers, 2015“ weiter schreibt, steht Deutschland in der betrachteten Periode auf dem fünften Platz unter den größten Rüstungsexporteuren und ist damit gegenüber dem Vorjahresbericht um eine Position zurückgefallen. Die ersten vier Plätze gehen an die USA, Russland, China und Frankeich. China verzeichnete ein sattes Export-Plus von 88 Prozent baute damit seinen Anteil an den Gesamtexporten von 5 Prozent auf 5,9 Prozent aus. Auf die Top-Fünf entfallen laut Sipri 74 Prozent aller Ausfuhren – dabei zeichnen allein die USA für 33 Prozent verantwortlich. Insgesamt seien die internationalen Waffentransfers im betrachteten Zeitraum um 14 Prozent angestiegen.

Indien bei Importen an der Spitze

Auf der Importseite sieht das Forschungsinstitut Indien an der Spitze, gefolgt von Saudi-Arabien, China, den Vereinigten Emiraten und Australien. Während der Transfer von Waffen nach Afrika, Asien und Ozeanien sowie in den Mittleren Osten angestiegen sei, hat das Sipri einen starken Einbruch der Transfers nach Europa sowie einen leichten Rückgang in Richtung des amerikanischen Doppelkontinents beobachtet.

Die Halbierung der deutschen Ausfuhren begründet das Stockholmer Institut in erster Linie mit vergleichsweise hohen Werten in der Fünfjahresperiode davor. 2006 bis 2010 sei ein Zeitraum mit außergewöhnlich hohen deutschen Ausfuhren gewesen, sagte Pieter Wezeman, Senior Researcher am Sipri. Dagegen wurde seinen Worten zufolge in den Jahren 2012 und 2013 der Tiefpunkt der deutschen Auslands-Lieferungen erreicht. Wezeman begründet die rückläufige Entwicklung zum einem mit auslaufenden Großprogrammen – wie etwa dem Abschluss der Lieferung von Marineschiffen nach Südafrika – und der Wirtschaftskrise in Europa, die sich auch auf die Rüstungsbeschaffungen der EU-Staaten ausgewirkt habe. Mittlerweile gehe man jedoch von zahlreichen neuen Aufträgen für deutsche Firmen aus.

Nur tatsächliche Lieferungen berücksichtigt

Auffällig ist die Divergenz der Sipri-Zahlen zu den am vergangenen Freitag vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) vorgelegten Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter, die für 2015 mit 7,5 Mrd EUR einen Spitzenwert erreichten. Ein Teil der Erklärung dürfte in der Abgrenzung und der Methodik liegen: So erfasst das Sipri die tatsächlich im Berichtsjahr gelieferten Waffen, während das BMWi nur die Genehmigungen aufführt – der physische Export könnte somit durchaus im nächsten Jahr erfolgen.

Das Sipri stützt sich bei der Analyse auf öffentlich zugängliche Quellen und bewertet die Transfers mit Schätzpreisen auf Produktionskostenbasis und nicht nach Marktpreisen. Laut Sipri-Researcher Wezeman legt sein Institut dieser Schätzung eine Liste von Waffen-Basispreisen für den US-Markt zugrunde. Von dieser Liste werden die Werte für Waffen von nicht US-Herstellern abgeleitet. So treffe man beispielsweise die Annahme, dass der Leopard-2-Panzer in etwa dem amerikanischen M1 gleichzusetzen und damit genauso zu bewerten sei, erläuterte der Wissenschaftler.

Das Vorgehen von Sipri bedeutet allerdings auch, dass die kostenlose oder nur mit einem symbolischen Preis versehene Abgabe von überschüssigem Militärgerät an andere Staaten mit einem deutlich höheren Wert angesetzt wird. So dürfte die Übereignung von Waffen aus Bundeswehrbeständen an Partnerländer – wie in den vergangenen Jahrzehnten geschehen – Deutschlands Sipri-Ranking mitunter massiv aufgeblasen haben, obwohl nur Discount-Preise verlangt wurden.

Im Gegensatz zum BMWi erfasst das Sipri allerdings keine Kleinwaffen, Lkws oder ABC-Schutzanzüge, sondern nur „Major Weapons“, also Panzer, Flugzeuge und Schiffe. Dies wiederum dürfte die Sipri-Werte für Deutschland im Vergleich zur nationalen Statistik drücken.

Drei Großvorhaben von Sipri nicht erfasst

Die unterschiedliche Systematik lässt sich an den Großgeschäften, die Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel vergangene Woche als Sonderfaktoren bei den Exportgenehmigungen des Jahres 2015 bezeichnete, gut festmachen. So führte das BMWi Panzerlieferungen in Höhe von 1,6 Mrd EUR nach Katar auf. Da nur ein Bruchteil der Kampffahrzeuge tatsächlich ausgeliefert worden seien, habe Sipri auch nur diese geringen Werte für 2015 berücksichtigt, sagte Wezeman.

Gabriel zählte überdies die Lieferung von Raketen nach Südkorea im Volumen von etwa 500 Mio EUR auf. Laut Sipri wurden die Luft-Boden-Lenkflugkörper des Typs Taurus aufgrund einer nicht erteilten US-Ausfuhrgenehmigung noch nicht an den Kunden übergeben – womit dieser Posten ebenfalls keine Berücksichtigung bei den schwedischen Friedensforschern gefunden hat.

Und auch das zweitgrößte Einzelprojekt – der Lieferung von vier Tankflugzeugen nach Großbritannien im Wert von mehr etwa 1,1 Mrd EUR – bildet Sipri in seiner Statistik nicht ab. Laut Wezeman ist nicht nachvollziehbar, warum die Airbus-Flieger in der deutschen Statistik auftauchen, obwohl sie in Frankreich gebaut, in Spanien militarisiert und von dort zum Kunden überführt worden seien.

Somit werden die drei größten vom BMWi aufgeführten Exportvorhaben des Jahres 2015 im Volumen von rund 3 Mrd EUR nach Marktpreisen von Sipri nicht erfasst.
lah/12/26.2.2016

 

 

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