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Personalgewinnung hinter Planungen

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Die seit Jahren gute Wirtschaftslage in Deutschland und der zunehmende Fachkräftemangel wirken sich offenbar auch auf die Personalgewinnung der Bundeswehr aus. So hat die  Marine im vergangenen Jahr ihre Ziele bei der Einstellung von neuen Soldatinnen und Soldaten verfehlt. 2018 waren die Grundausbildungen an den  Schulen der Marine „längst nicht ausgelastet“, sagte der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Andreas Krause, laut Redetext in seiner Ansprache während der Historisch Taktischen Tagung 2019 in Dobbin-Linstow.

Er forderte die anwesenden Marine-Offiziere auf, die Rekrutierung im eigenen beruflichen und privaten Umfeld zu unterstützen. Die Marine wird seinen Worten zufolge verstärkt eigene Anstrengungen unternehmen, um ihre Stellen zu besetzen. Insbesondere bei den technischen Verwendungsreihen im Bereich der Unteroffiziere, im fliegerischen Dienst sowie bei körperlich anspruchsvollen Dienstposten hat die Marine  den größten Bedarf.

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Für die Deutsche Marine steht der Nordatlantik sowie die Nord- und Ostsee im geografischen Fokus der Aufgaben von Landes- und Bündnisverteidigung, wie der Admiral betonte.  Früher als andere Organisationsbereiche müsse die Marine in der Lage sein,  bei der Sicherung transatlantischer Verbindungslinien mitzuwirken und über den gesamten Verantwortungsbereich des Bündnisses mit eigenen Kräften beizutragen.  „Denn eine etwaige  Verteidigung des Bündnisgebietes beginnt bereits an der amerikanischen Ostküste,  von der Verstärkungskräfte nach Europa geführt werden.“

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Nach Einschätzung des Marine-Inspekteurs geht es nicht nur darum Brücken, Schienenverkehr und Straßen für den Nachschub vorzubereiten, sondern auch die See, Küstengewässer und Häfen. Die dabei entstehenden Schnitt-  und Übergabepunkte  müssten definiert und bewertet werden.

Kleinste Flotte der Geschichte

„Die Deutsche Marine verfügt mit aktuell nur 46 Einheiten über die kleinste Flotte ihrer Geschichte“, sagte der Admiral laut Redetext. Umso wichtiger sei es, die laufenden und geplanten Rüstungsprojekte weiter mit vollem Einsatz zu verfolgen. Denn die Marine brauchen mehr Schiffe und Luftfahrzeuge, um parallel Landes-  und Bündnisverteidigung sowie Internationales Krisenmanagement leisten zu können.

Nachdem die erste Fregatte der Baden-Württemberg-Klasse aufgrund von Baumängeln und Verzögerungen noch nicht in Dienst gestellt wurde, sei im Schulterschluss mit der Abteilung Ausrüstung vor einigen Wochen gemeinsam mit der Industrie das weitere Vorgehen vertraglich fixiert worden, führte Krause aus. Nach gegenwärtiger Planung soll das Typschiff im Mai in Dienst gestellt werden, die Nordrhein-Westfalen darauf zeitnah folgen. Die anderen beiden Schiffe sollen dann 2020 folgen.

Der Stahlschnitt für die Korvette Köln, das erste von  fünf neuen Schiffen der Klasse K130, soll am 7. Februar erfolgen. Vorgesehen ist überdies, dass der erste Hubschrauber des Typs Sea Lion als Ersatz der betagten Sea Kings am 24. Oktober in Nordholz landen soll. „Leider sind wir bei den Planungen zur Nachfolge des Sea Lynx – dem Sea Tiger – noch nicht ins Geld gekommen, aber ich bin zuversichtlich, dass uns dies mit dem Eckwertebeschluss im Frühjahr 2019 gelingen wird“, heißt es laut Redetext. Gerüchten zufolge soll womöglich im Februar oder  März die Auswahlentscheidung für die Nachfolge des Sea Lynx getroffen werden.

Die Angebotsphase der MKS180  befinde sich auf der Zielgeraden, so der  Inspekteur. Er rechnet mit der Auswahl des „best and final offer“ im Frühjahr 2019 und einer parlamentarischen Billigung im 2. Halbjahr dieses Jahres. Der Zulauf der ersten Einheit erfolge dann voraussichtlich  in der zweiten Hälfte der nächsten Dekade. „Hier habe ich mich entschieden, dass wir eine zweijährige Verzögerung bis 2027 hinnehmen, um sicherstellen zu können, dass wir kein Schiff in Dienst stellen müssen, das nicht über die erforderlichen Fähigkeiten verfügt.“

Im Augenblick erfolgen darüber hinaus Planungen für weitere U-Boote, neue Betriebsstoffversorger, Minensucheinheiten und die Nachfolge der Tender. Nach Angaben von Krause ist vorgesehen, dass bis 2031 die Flotte um durchschnittlich eine Einheit pro Jahr verstärkt  wird. Allerdings sind die neuen Betriebsstoffversorger noch nicht in der mittelfristigen Finanzplanung abgebildet. Wie aus der aktuelle Weisung an die Marine hervorgeht, sollen neben den Kampfbooten für das Seebataillon auch Ausbildungsboote beschafft werden. Nach Aussage eines Marine-Sprechers geht es dabei um acht multifunktionale Wasserfahrzeuge, die Schlepper und andere Hilfsschiffe ersetzen sollen. Gleichzeitig sollen diese auch als Ausbildungsplattform dienen,  da die Marine über keinen eigenen Ausbildungsverband mehr verfüge. Dem Sprecher zufolge befindet sich das Vorhaben allerdings noch in einem frühen Stadium.

Unabhängig davon prüft die Marine gegenwärtig, ob die für Saudi-Arabien bestimmten Patrouillenboote der Lürssen-Werft, die im Augenblick nicht exportiert werden dürfen, genutzt werden könnten. Die Boote entsprechen allerdings nicht den Bauvorschriften der Marine.

Krause stellte in Aussicht, dass sich die Marine auch 2019  an Übungsvorhaben signifikant beteiligen wird. Dabei soll das teilstreitraft-übergreifende Manöver Northern Coasts 2019  einen Schwerpunkt bilden. Darüber hinaus gelte es, die Zertifizierung  der deutschen Anteile  an der „Amphibious Task Group 2020“ der NATO im laufenden Jahr erfolgreich abzuschließen.

Die Amphibious Task Group (ATG) ist Teil der NATO Response Force (NRF). Sie wurde mit der NRF 2003 begründet. Im Jahr 2020 ist die ATG Teil der Initial Follow On Forces Group (IFFG) der NRF vorgesehen, wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums erläuterte. Die IFFG sollen die VJTF-Brigade im Bedarfsfall verstärken. Die Deutsche Marine werde sich an der von den Niederlanden geführten Task Group mit Soldaten des Seebataillons beteiligen, so der Sprecher.

Aufgrund des deutschen Sitzes als nichtständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat in den Jahren 2019/ 2020 rechnet Krause  nicht damit, dass es für die deutschen Korvetten bei UNIFIL eine Einsatzpause bis 2021 geben wird.
lah/12/11.1.2019