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Panzerschnellbrücken – LKW basierte Optionen für die Mittleren Kräfte

Waldemar Geiger

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Wie man zahlreichen Bildern und Videos des Ukraine-Krieges entnehmen kann, weist ein hartumkämpftes Gefechtsfeld zahlreiche Hindernisse auf, die den Vormarsch der Truppe hemmen oder gänzlich zum Erliegen bringen können. Die Förderung der Bewegung eigener Kräfte gehört daher seit jeher zu den Kernaufträgen der Pioniertruppe. Zur Erfüllung dieses Auftrages verfügt die Pioniertruppe über ein breites Portfolio an Fähigkeiten und Mitteln, darunter auch Panzerschnellbrücken. Mittels solcher Brücken können Geländeeinschnitte, Schluchten oder Gewässer vergleichsweise schnell und sicher überwunden werden.

Gerade in Mitteleuropa mit seinen zahlreichen Flüssen und Bächen, die in den meisten Fällen ein natürliches Panzerhindernis darstellen, ist die Verfügbarkeit solcher Brücken für eine bewegliche Gefechtsführung unerlässlich.

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Zum Verlegen von Panzerschnellbrücken wurden bzw. werden in der Bundeswehr bis dato ausschließlich sogenannte Brückenlegepanzer vom Typ Biber bzw. Leguan genutzt, welche auf Kampfpanzerfahrgestellen basieren – Leopard 1 beim Biber und Leopard 2 beim Leguan. Andere Nationen, wie beispielsweise Frankreich, setzen seit geraumer Zeit auf LKW-Lösungen, welche in den deutschen Streitkräften lediglich für den Transport von Ersatzbrückenelementen genutzt werden. Dies könnte sich in Zukunft jedoch ändern.

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Im Zuge der Aufstellung der neuen Kräftekategorie Mittlere Kräfte werden offenbar neben einer Brückenlegervariante des Boxers auch LKW basierte Brückenleger als Teil der Lösung betrachtet. Daher verwundert es nicht, dass beide deutsche Panzerschnellbrückenhersteller – General Dynamics European Land Systems-Bridge Systems (GDELS) sowie KNDS Deutschland (KNDS) – in jüngster Zeit moderne Lösungsansätze auf LKW vorgestellt haben. Beide Systeme waren in unterschiedlichen Varianten auf der Eurosatory 2024 in Paris zu sehen.

Panzerschnellbrücke auf LKW

Das Verlegen von Panzerschnellbrücken wird den Einsatzgrundsätzen entsprechend nur unter Sicherung der Kampftruppe ausgeführt. Daher sind grundsätzlich auch LKW als Brückenlegerlösungen geeignet, selbst wenn diese gegenüber Brückenlegern auf Panzerfahrgestellen deutliche Nachteile bezüglich des Schutzes und der Geländegängigkeit haben. Vorteile gibt es hingegen in den Punkten strategischen Mobilität (Eigenverlegefähigkeit), Kosten (Beschaffung und Nutzung). LKW-Brückenleger können zudem je nach Kundenbedarf auf geschützten oder nicht geschützten LKW-Plattformen realisiert werden.

Unterschiede gibt es zudem beim Verlegen der Brücken. Im Gegensatz zu Brückenlegepanzern werden die Panzerschnellbrücken bei den meisten LKWs über das Heck und nicht die Front verlegt. Dies führt dazu, dass die erkundeten Verlegestellen rückwärts angefahren werden müssen. Je nach Fall kann es weiterhin dazu kommen, dass radbasierte Brückenleger einen größeren Platzbedarf für das Verlegen der Brücke haben, da LKW im Gegensatz zu Kettenfahrzeugen nicht auf der Stelle rangieren können. Darüber hinaus müssen LKW-Lösungen für die Dauer des Verlegeprozesses, begründet durch das deutlich geringere Eigengewicht, abgestützt werden.

Was Verlegezeiten angeht, gibt es bei modernen LKW-Lösungen de facto keine Unterschiede zu den Brückelegepanzern. Dank des hohen Automatisierungsgrades sind Verlegezeiten von weniger als 5 Minuten bei den LKW realisierbar.

GDELS Anaconda

In Paris wurde die GDELS-Panzerschnellbrücke Anaconda auf einem 8×8-Trägerfahrzeug des Typs HX2 mit ungeschützter Kabine von Rheinmetall gezeigt. Nach Aussage von GDELS ist auch eine Variante mit geschützter Kabine realisierbar, dann aber aufgrund des zusätzlichen Gewichts auf einer 10×10-Plattform.

Bei der Anaconda handelt es sich um eine neu gebaute Aluminium-Brücke mit einer Tragfähigkeit MLC80+, die exakt der bekannten Brücke des Brückenlegepanzers Biber gleicht. Die hohe Tragfähigkeit der Anaconda erlaubt die Nutzung durch alle gängigen Gefechtsfahrzeuge der NATO.

Panzerschnellbrücke Anaconda auf HX2-LKW. (Bild: Waldemar Geiger / hartpunkt)

Mit der zweiteiligen Festbrücke von 22 m Länge lässt sich ein bis zu 21 m breiter Geländeabschnitt überbrücken. Alternativ können zwei einzelne Brücken mit je 12 m aufgenommen werden.

Die Komptabilität der Anaconda mit den Biber-Brücken führt dazu, dass die neue Panzerschnellbrücke auch mittels Brückenlegepanzern vom Typ Biber verlegt und aufgenommen werden kann. Das gleiche gilt für den HX-LKW-Brückenleger, auch dieser kann Biber-Brücken aufnehmen bzw. verlegen.

KNDS Leguan

Auch von KNDS war eine LKW-basierte Panzerschnellbrücke in Paris zu sehen. Gezeigt wurde eine Leguan-Brücke, wie sie auch in die Bundeswehr eingeführt ist, auf einer 10×10-Plattform vom Typ Phoenix mit geschützter Kabine des tschechischen Fahrzeugherstellers Tatra. Das interessante an dem LKW-Fahrzeug ist die Fähigkeit, alle 10 Räder in die selbe Richtung lenken zu können. Diese Fähigkeit erlaubt es den LKW, selbst in engen Stellen deutliche einfacher zu rangieren. Nach Aussagen von KNDS ist die Brücke je nach Kundenbedarf auch auf andere LKW-Plattformen integrierbar, so dass auch Lösungen auf Basis eines HX2- oder HX3-LKWs denkbar wären.

Panzerschnellbrücke Leguan auf Tatra-Phoenix10x10-Lkw. (Bild: Waldemar Geiger / hartpunkt)

Mittels der Panzerschnellbrücke Leguan, die neben der Bundeswehr auch noch durch 18 weitere Nationen genutzt wird, kann ein 26 m langer Abschnitt überbrückt werden. Alternativ kann das System zwei 14 m lange Brücken aufnehmen, um auf diese Weise zwei Übergänge für kürzere Abschnitte zu schaffen. Zudem ist eine überlappende Verlegung möglich, damit so größere Hindernisbreiten überwunden werden können.

Waldemar Geiger