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Bundeswehr hat im Ernstfall vermutlich Rückfalloption

Dem deutschen Heer fehlen gepanzerte Brückenleger, die auch Gewichte moderner Panzer wie den neuen Leopard 2 A7 bewältigen können. Erst jüngst hat die Bundeswehr deshalb sieben Leguan-Brückelegepanzer von KMW auf Basis des Leopard 2 bestellt, um zumindest den dringendsten Bedarf zu decken. Im Falle eines Großkonfliktes – der mit hoher Wahrscheinlichkeit bestehende Vorschriften außer Kraft setzen würde – hat das Heer durchaus noch eine weitere Option: Die Nutzung seiner betagten Panzerschnellbrücken vom Typ  Biber.

Denn nach Aussage des Herstellers General Dynamics European Land Systems (GDELS) lassen sich die seit Jahrzehnten im Einsatz befindlichen Biber-Brücken innerhalb kurzer Zeit für eine Brückenbelastung in der militärischen Lastenklasse von MLC80+ rezertifizieren. Das reicht selbst für die schwersten Leopard-Panzer aus. Erforderlich sei dafür lediglich eine werkseitige Prüfung und gegebenenfalls Instandsetzung der vorgenutzten Brücken.

Man habe eine der ältesten im Einsatz befindlichen Biber-Brücken in diesem Zusammenhang ausgiebig getestet, sagte ein GDELS-Sprecher vergangene Woche am Rande einer Pionierfachmesse in Ingolstadt. Der Test und die Rezertifizierung auf MLC80 erfolgte demnach 2015 mit einer bereits 1974 hergestellten kompletten Brücke. Dabei wurde dem Hersteller zufolge die hohe Belastbarkeit, die Dauerfestigkeit und die Zukunftsfähigkeit des Materials und der gesamten Brückenkonstruktion des Biber nachgewiesen. Die Brücken seien so ausgelegt, dass sie deutlich höhere als die bislang angegebenen Lasten ohne weitere konstruktive Veränderungen tragen können, erläuterte der Sprecher. Allerdings müsse die Maximalzahl der zulässigen Lastwechsel – diese liegt bei neuen Brücken bei 10.000 – vermutlich heruntergesetzt werden.

Nachzertifizierung in wenigen Schritten

Eine Nachzertifizierung vorgenutzter Biber Brücken läuft nach seinen Angaben in wenigen Schritten ab: Zunächst erfolge eine   Befundung inklusive  Risskontrolle durch den Hersteller, die etwa vier Tage dauert.   Auf Basis der Befundung definiere der Hersteller die für MLC80 zulässige Lastwechselzahl, Prüfintervalle und Einsatzparameter. Im nächsten Schritt werde dann gegebenenfalls der Instandsetzungsumfang festgelegt. Sollten keine Schäden festgestellt werden, braucht nach Angaben von GDELS auch keine Instandsetzung oder Modifizierung erfolgen. Die Brücke wird einfach für die höhere Lastenklasse zugelassen.

Sollte doch eine Instandsetzung erforderlich sein, dauere diese etwa drei bis neun Monate. Danach erfolge eine Funktionsprüfung auf Leopard-1-Verleger und die Rücklieferung an den Kunden. Laut GDELS ist auch weiterhin eine Neufertigung der Brücken möglich. Auch könne der Verleger in andere Panzerfahrgestelle integriert werden.

Für einen asiatischen Kunden hat GDELS nach eigenen Angaben bereits Biber-Brücken der Lastklasse MLC70+ in Betrieb genommen.  Von der Nachzertifizierung habe eine Kunde aus einem NATO-Staat Gebrauch gemacht. Mit einem Kunden aus einem weiteren NATO-Land führe man „bereits weit fortgeschrittene Gespräche“, teilte der Sprecher mit.

Während das System – insbesondere wenn bereits eingeführte Brücken genutzt werden – sehr günstig sein dürfte, hat es zwei Nachteile: Zum einen weist die Biber-Brücke nur eine Spannweite von 22 Metern auf, während die Leguan-Brücke auf 26 Meter kommt. Und zum anderen ist die Biber-Brücke der Bundeswehr auf dem Chassis des Leopard 1 montiert. Dieser Panzer dürfte zwar noch versorgbar sein, weist aber gegenüber dem Leopard-2-Fahrgestell des Leguan deutliche Leistungsdefizite auf. Ebenso entspricht der Panzerschutz des Biber-Fahrgestells  nicht mehr den heutigen Anforderungen.
lah/14.12.2017

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