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KNDS Deutschland ist in Vertragsverhandlungen für 80 Radhaubitzen für die Bundeswehr

Interview mit Ralf Ketzel, CEO von KNDS Deutschland

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Das Landsystemhaus KNDS Deutschland hat in der vergangenen Woche den ersten Kampfpanzer Leopard 2 A7A1 in München einem Fachpublikum vorgestellt. Neben der Weiterentwicklung des Leoparden arbeitet das Unternehmen an Vorhaben wie der Radhaubitze RCH 155 oder dem Radschützenpanzer. hartpunkt hat mit CEO Ralf Ketzel am Rande der Veranstaltung über die anstehenden Projekte gesprochen.

hartpunkt: Wie sieht es im Augenblick mit dem Zulauf und dem Beschaffungsprozess für den Leopard 2 A8 aus? Die Bestellung ist ja ausgelöst.

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Ketzel: Wir liefern den Leopard 2 A8 jetzt für Norwegen. Das ist die vergleichbare Version, wie wir sie auch in Deutschland unter Vertrag haben. Dort war ja zunächst eine kleine Zahl bestellt worden. Bis jetzt wurde auch die gesamte Option über weitere 105 bestellt, so dass wir eine kontinuierliche Fertigung sicherstellen. Parallel dazu laufen die Gespräche mit anderen NATO-Nationen, die im Prinzip den europäischen modernen Standard eines Kampfpanzers mit dem Leopard 2 A8 erwerben wollen.

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hartpunkt: Kroatien hat angekündigt, bis zu 50 Leopard 2 A8 zu beschaffen. Das heißt, mit Kroatien sind Sie auch schon in Gesprächen?

Ketzel: Wir sind mit den Nationen immer im Gespräch. Wir sind in Europa als KNDS präsent. Und der Panzer ist natürlich eines der zentralen Themen. Wir haben ja viele Nationen, die alle Interesse haben, dieses Fahrzeug zu erwerben. Litauen natürlich, sowie Tschechien, die Slowakei und die Niederlande.

hartpunkt: Heute wurde das Trophy System vorgestellt. Werden die Leopard 2 A8 auch alle serienmäßig das Trophy-System erhalten?

Ketzel: Grundsätzlich ja, weil das der neue Standard für die Kampfpanzer ist. Manche Nationen lassen nur die Integration vorbereiten und würden das Trophy dann eventuell nachrüsten, wenn es eine neue Version gibt. Aber generell ist der Leopard 2 A8 ausgerüstet mit dem Trophy-System.

Der Leopard 2 A8 ist gegenüber den Vorgängervarianten ein von Grund auf neu hergestellter Kampfpanzer mit einem Gefechtsgewicht von rund 70 Tonnen. (Bild: Waldemar Geiger / hartpunkt)

hartpunkt: Gibt es da auch eine Wertschöpfung in Deutschland oder Europa oder kommt das alles direkt aus Israel?

Ketzel: Wir haben die Firma EURO TROPHY gegründet, zusammen mit General Dynamics und Rafael, in der wir im Prinzip die europäische Industrialisierung des Trophy-Systems sicherstellen.

hartpunkt: Das Trophy-System, wie es jetzt auf dem Leopard 2 A7A1 ist, wird ja nicht das gleiche sein, das auf den A8 kommt, sondern es wird dann weiterentwickelt?

Ketzel: Das wird eineneuere Version sein, die dann auch Fähigkeiten hat insbesondere auch bei Drohnenangriffen wirken zu können.

hartpunkt: Ein anderes Thema für Sie ist ja die Radhaubitze RCH 155. Wie ist da im Augenblick der Stand? Das Heer hat ja einen Bedarf von über 100 Stück.

Ketzel:  Ja, wir fertigen die Radhaubitze für die Ukraine und für einen anderen internationalen Kunden. Und wir hoffen, dass wir in Kürze den Vertrag für die Bundeswehr erhalten. Der wird zunächst ca. die 80 Fahrzeuge umfassen.

Für die Ukraine werden wir im April nächsten Jahres die ersten Systeme ausliefern.

Bei der RCH 155 handelt es sich um eine Radhaubitze auf Basis einer Boxer-8×8-Plattform. Kernbestandteil der RCH 155 ist das sogenannte Artillery Gun Module, welches ein in Serienproduktion befindlicher, vollautomatischer Geschützturm mit einer aus der Panzerhaubitze 2000 bekannten 155 mm/L52-Waffenanlage ist. (Bild: KNDS Deutschland)

hartpunkt: Kürzlich wurde das Trinity-Abkommen mit Großbritannien geschlossen. Da kann man herauslesen, dass Großbritannien auch die RCH 155 beschaffen will. Das wäre dann der zweite Partner?

Ketzel:  Wir gehen davon aus, dass es ein gemeinsames Projekt mit Deutschland wird. Die Themen sind in der Verhandlung und ich glaube, wenn es dann zu einem Vertragsabschluss kommt, werden wir das entsprechend veröffentlichen.

hartpunkt: Das heißt, ein Angebot ist schon ausgebracht und die Verhandlungen laufen?  Das wird dann wahrscheinlich die OCCAR machen?

Ketzel:  Nein, die RCH 155 wird direkt zwischen der ARTEC, die dort als Boxer OEM das System vertritt, und dem BAAINBw verhandelt.

hartpunkt:  Großbritannien läuft dann über die OCCAR?

Ketzel: Derzeit ist auch der Umfang Großbritannien Gegenstand der Verhandlungen. Die Beschaffung kann über diesen Vertrag, über OCCAR oder auch direkt zwischen der ARTEC und der Beschaffungsbehörde des MoD abgeschlossen werden.

hartpunkt: Wir haben heute auch gehört, dass die neuen Fähigkeiten des Leopard 2 A7A1 die Lücke überbrücken sollen, bis das Main Ground Combat System kommt. Wie ist dort im Augenblick der Stand?

Ketzel: Beim MGCS gehen wir davon aus, dass dieses Jahr die MGCS-Firma gegründet wird, dass Anfang des nächsten Jahres die ersten Demonstratoren beauftragt werden, um quasi dort die nächste Phase einzuläuten. Das wurde im Sommer zwischen den Ministern vereinbart. Auf der Industrieseite laufen zwischen den Firmen Rheinmetall, KNDS Deutschland, KNDS Frankreich und Thales die Gespräche, um die industriellen Rahmenbedingungen für diese Beauftragung sicherzustellen.

hartpunkt: Admiral Stawitzki hat das Thema Deep Precision Strike angesprochen und das Thema PULS. Da haben Sie ja, glaube ich, auch Aktien in diesem Bereich. Wie sieht es dabei aus?

Ketzel: Wir sind der Partner für die europäische Fertigung des PULS. Wir arbeiten zusammen mit der Firma Elbit, insbesondere bei der Europäisierung des Systems. Das heißt also, dass alle in Europa verwendeten Raketen von dem System verschossen werden können. Dazu wollen wir im Prinzip die Feuerleitanlagen, die wir erfolgreich im Mars-System, in der RCH 155 nutzen, auf den PULS applizieren.

hartpunkt: Und wie ist der Stand des Projektes im Augenblick?

Ketzel: Wir gehen davon aus, dass die ersten PULS von der Bundesrepublik Deutschland beschafft werden und dann hoffen wir, dass wir unser Joint Venture mit der Firma Elbit als EUROPULS aufgebaut haben und von dort aus den weiteren Bedarf decken.

hartpunkt: Es gab auch Überlegungen oder Vorgespräche mit Norwegen, mit Kongsberg deren Naval Strike Missile für Landanwendungen zu verwenden. Wie sieht es in dem Projekt im Augenblick aus?

Norwegischer Kronprinz Haakon und KNDS Deutschland Chef Ralf Ketzel vor einem Raketenartilleriesystem Euro-PULS inklusive NSM-Mockup. (Bild: Torbjørn Kjosvold / Forsvaret)

Ketzel: Die Naval Strike Missile sollte schon die Seeziele bekämpfen. Es sollte eine Demonstration in Norwegen in diesem Jahr stattfinden, die aus organisatorischen Gründen verschoben wurde. Wir gehen davon aus, dass die Vorführung dann im nächsten Jahr stattfinden wird. Und damit würde natürlich dieser Werfer eine andere Dimension bekommen. Es gibt auch Überlegungen in anderen Nationen, dass man die Precise Strike Fähigkeit auf die Seezielbekämpfung ausdehnen kann.

hartpunkt: Welche Nationen werden das zum Beispiel sein?

Ketzel: Es wird auch in Deutschland diskutiert. Es ist keine völlig alleinstehende Diskussion der Norweger.

hartpunkt: Gibt es noch weitere Projekte für KNDS, die in nächster Zeit für Sie anstehen?

Ketzel: Ein wichtiges Thema ist natürlich für uns das Thema Puma-Türme im Boxer zu verwenden. Das sind die Radschützenpanzer die wir zusammen mit dem Haus Rheinmetall fertigen werden. Wir sind hier Partner sowohl für den Boxer als auch für den Puma. Das ist ein wesentlicher Meilenstein. Dann wollen wir die RCH international vermarkten. Und auch wenn wir hier sagen, wir haben ein State of the Art Leopard, geht natürlich die Entwicklung weiter, wie wir es auf der Eurosatory vorgestellt haben: im Prinzip der Leopard 2, mit dem unbemannten Turm und der neuen Technologie für die Stabilisierung der Waffe, die wir dort ebenfalls vorgeführt haben.

Der Boxer mit dem RCT30-Turm – bekannt aus dem Schützenpanzer Puma – wird der zukünftige Radschützenpanzer der Bundeswehr. (Bild: hartpunkt / Waldemar Geiger)

hartpunkt:  Sie hatten den Radschützenpanzer angesprochen. Wie ist da im Augenblick der Projektstand?

Ketzel: Wir haben ein Angebot gegenüber dem BAAINBw vorgelegt und die ersten Verhandlungen haben begonnen. Interesse an der Einführung des Systems haben auch die Niederländer. Das System wird internationalen Kunden stets vorgestellt und findet auch dort Anklang.

Das Interview führte Lars Hoffmann.