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Klein- und Kleinstdrohnen – Aktueller Stand und Künstliche Intelligenz

Marcus Faber

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Drohnen sind omnipräsent. Sie sind wohl das am meisten diskutierte Thema, wenn es um Entwicklung in der militärischen Sphäre im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geht. Drohnen sind kostengünstiger in Anschaffung und Betrieb als bemannte Systeme und können höheren Risiken ausgesetzt werden. Zudem können Drohnen als Kraftmultiplikatoren bestehende Systeme, z.B. in der Artillerieaufklärung, effizienter und präziser machen. Besondere Aufmerksamkeit sollte der KI-Technologie (künstliche Intelligenz) in der aktuellen Entwicklung der Streitkräfte gewidmet werden.

Deutschland gehört bei den Grundlagen der KI zu den Top 10 Nationen weltweit und sollte darauf aufbauend militärische Fähigkeiten weiterentwickeln. Es ist wichtig, dass politische Entscheidungsträger diesen Wandel erkennen und entsprechend handeln. Der folgende Beitrag fokussiert sich auf Klein- und Kleinstdrohnen.

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Drohnen in der Ukraine

Fünf Mal habe ich die Ukraine seit Februar 2022 besucht, jedes Mal war ich auch in der Nähe der Front und habe mit den Soldaten gesprochen. „Klassische Waffen“ wie Kampfpanzer, Artillerie und Luftverteidigung sowie Munition und Ersatzteile stehen neben Drohnen weiterhin ganz oben auf den Bedarfslisten der ukrainischen Soldaten. Oft feuert die ukrainische Artillerie nicht, weil die Munition rar ist. Dabei würden mehr Artilleriegeschosse auch gegen russische Drohnen helfen: Eigene Drohnen klären die Standorte der gegnerischen Drohnenpiloten oder Startrampen (bspw. Lancet) auf, die Panzerhaubitzen können schnell und gezielt feuern. Wenn ausreichend Munition vorhanden wäre.

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Viele westliche Armeen und Entscheidungsträger sind von der schieren Menge der Drohnen und die schnelle Entwicklung ihrer Fähigkeiten und ihres Aufgabenspektrums gewiss überrascht. Über 13.000 Drohnen allein der Typen Shahed und Lancet wurden nach ukrainischen Angaben bereits von Russland eingesetzt, davon knapp 9.000 abgewehrt. In Deutschland haben wir die letzten Jahre damit verbracht, über die Bewaffnung von ein paar wenigen großen Drohen zu diskutieren. Aus heutiger Sicht wirkt die Debatte absolut absurd.

Drohnen für und gegen Jedermann

Neu ist der „grass roots“ Ansatz in der Finanzierung, Entwicklung und Produktion von Drohnen für militärische Zwecke, auch größeren Typen. Auf beiden Seiten sammeln Privatleute Spenden, arbeiten in kleinen Werkstätten und fahren ihre fertigen Drohnen zum Teil selbst zu den Militäreinheiten. In der Ukraine ist eine bunte Landschaft mit hunderten Firmen entstanden. Der Staat baut Regulierungen ab und bietet steuerliche Anreize. Die Armee baut eine eigene Teilstreitkraft auf. Die Ukrainer entwickeln eigene Flight Controller, um von Importen aus der Volksrepublik China unabhängig zu sein.

Insbesondere bei kleinen Drohnen verschwimmt allerdings die Grenze zwischen Zivil und Militär. Die Drohnen basieren oft auf zivilen Modellen oder der Marke Eigenbau. Privatleute beschaffen und montieren Vorrichtungen zum Abwurf von Handgranaten auf Grundlage von im Internet auffindbaren Anleitungen. Diese Drohnen filmen ihre Granatenabwürfe auf Soldaten, deren Gesichter oftmals eindeutig identifizierbar sind. Die Angehörigen sehen den Tod ihrer Verwandten im Internet. Sofort und tausendfach. Schwere und langfristige traumatische Schäden einer gesamten Gesellschaft sind zu erwarten. Wie wir damit umgehen, ist noch weitestgehend unbeantwortet.

Eine Drohne für alle Fälle?

Viele Menschen verstanden vor 2022 unter dem Wort „Drohne“ zumeist UAV (Unmanned Aerial Vehicle). Heute fliegen, fahren, schwimmen oder tauchen zahlreiche Drohnen im scharfen Einsatz. Anfangs handelte es sich um eine geringe Anzahl von Drohnen hauptsächlich zur Aufklärung und noch weniger mit Wirkmitteln ausgestatteten Drohnen, wie die Bayraktar.

Aktuell werden Drohnen eingesetzt, um Minen aufzuklären, zu zerstören oder zu legen, für Angriffe auf einzelne Soldaten und Fahrzeuge, auch weit hinter der Front. Sie werden zur Abwehr gegnerischer Drohnen oder zum Aufspüren der Flugabwehr genutzt. Große Trägerdrohnen tragen kleine Drohnen in den Einsatz. Sie führen Angriffe auf Schiffe, auf Flughäfen oder Treibstofflager auch über tausend Kilometer im Hinterland durch – oft in Wellen. Drohnen eignen sich auch für „Battle Damage Assesment“, also der Begutachtung der Wirkung des eigenen Angriffs und gegebenenfalls zur anschließenden Feuerkorrektur. Die Lieferung von Essen und Munition bis hin zur Verwundetenevakuierung oder für Angriffe sogar auf Kampfhubschrauber zählen aktuell zu den Aufgaben. Russland nutzt Drohnen auch intensiv zur Terrorisierung der ukrainischen Zivilbevölkerung und greift gezielt militärisches und ziviles Sanitäts- und Rettungspersonal an.

Beide Seiten setzen auch einige Drohnen mit einer Steuerung über Lichtwellenleiter ein. Während Reichweite und Nutzlast dadurch geringer ausfallen, können diese Drohnen kaum gejammt werden, bieten höhere Datenbandbreiten, die Verbindung reist auch im Tiefflug nicht ab und sie eignen sich auch zum Flug durch Gebäude oder Tunnel.

Durch ihre Vielseitigkeit sind Drohnen wie eine eigene Art Truppengattung. In der Ukraine bilden sie sogar eine eigene Teilstreitkraft. Ihre volle Wirkung erreichen sie aber im Zusammenwirken mit anderen Truppengattungen wie der Artillerie, Aufklärer oder Sanität.

Die KI kommt auf dem Schlachtfeld an

Drohnenschwärme, die zunehmende Automatisierung sowie Implementierung von KI-Fähigkeiten bestimmen immer stärker die Schlagzeilen und kommen auch auf dem Gefechtsfeld an. Hier trägt der Krieg auch zu einer Beschleunigung der Entwicklung bei. Zwar sind zumindest autonom agierende Drohnenschwärme grundsätzlich nichts neues, wie die U.S. Navy 2016 bei einem Test von über 100 Drohnen bewiesen hat. Die fortlaufende Zunahme der Rechenleistung stellt mittlerweile genug Rechenleistung für immer komplexere KI-Fähigkeiten auch für kleine und günstige Geräte bereit. Es ist kein Privileg milliardenschwerer Hightech-Armeen mehr.

Schwärme können größer werden, denn mit Hilfe von KI können viel mehr Drohnen koordiniert werden, als dies ein Mensch kann. Wenn Drohnen mit KI-Unterstützung ihre Ziele selbst erfassen und anfliegen können, verringert das die Wirkung von EloKa, welche oft darauf ausgerichtet ist, die Signalverbindung zu stören. Das passiert schon jetzt.

Die gute Nachricht ist, Deutschland ist beim Thema KI vorne mit dabei. Das betrifft dabei nicht nur Forschung, sondern auch die Anwendung – in der Ukraine. Technologien deutscher Firmen erleichtern zum Beispiel die Aufklärung. Die KI hilft, Objekte auf dem Schlachtfeld schneller und präziser zu identifizieren.

Wir stehen aktuell am Übergang von der „zweiten Welle“ zur „dritten Welle“ der KI. Also von der Beschleunigung von Prozessen hin zu wirklicher Autonomie. Auch hier müssen wir an der Spitze bleiben.

Gefahren durch Drohnen und KI: Wie wir unsere Soldaten und Infrastruktur schützen müssen

Wir stehen in der Pflicht unsere Soldaten bestmöglich vor den Gefahren, die von Drohnen ausgehen zu schützen. Selbst wenn wir den Einsatz von KI im Militär kritisch sehen, selbst wenn wir auf bewaffnete Drohnen und autonome Systeme verzichten würden, kommen wir nicht daran vorbei uns damit zu beschäftigen. Denn nicht jeder Gegner wird aus ethischen Gründen auf solche Waffensysteme verzichten. Wir stehen nicht ein paar Jahre vor der „Roboterarmee“, aber der Trend zur Automatisierung des Krieges ist eindeutig. In anderen Armeen wird nicht immer der Mensch die letzte Entscheidung treffen und KI nur als Unterstützung für den Menschen genutzt werden. Geschützt werden muss zudem auch die militärische und zivile Infrastruktur in Deutschland selbst.

Zum Schutz der eigenen Soldaten von Aufklärern und Infanteristen über die Logistiker, der Sanität, der Panzer, Hubschrauber, Flugzeuge bis hin zu Gefechtsständen oder Schiffen müssen wir handeln. Das ist bei einer Parlamentsarmee auch die Erwartung der Truppe an den Bundestag. Dieser Erwartung müssen wir gerecht werden.

Strategische Weichenstellung: Flexibilität und Innovation bei der Beschaffung der Drohnen für die Bundeswehr

Bei kleinen Drohnen stehen Faktoren wie Entwicklungszeiten, schnelle Anpassung an die Entwicklung auf dem Gefechtsfeld, geringe Kosten und eine schnelle Produktion großer Mengen ohne Qualitätsverlust im Vordergrund. Die Abwehrmöglichkeiten des Gegners von morgen früh müssen morgen Vormittag überwunden werden können.

Es muss gewährleistet werden, dass die Beschaffung für kleine Drohnen beschleunigt wird. Der derzeitige Beschaffungsprozess ist zu langsam und stellt ein Hindernis dar, wenn neue Technologien zügig eingeführt und umfassend genutzt werden sollen. Daher sollten für Drohnen Ausnahmen und Sonderverfahren eingeführt werden, um diese Beschränkungen zu überwinden.

Des Weiteren brauchen wir einen Rahmen für und Investitionen in ein regionales, dezentrales, innovatives, skalierbares und reaktionsfähiges Ökosystem für die Forschung, Entwicklung und den Bau von Drohnen sowie Implementierung von KI-Fähigkeiten. Flankiert unter anderem durch ein modernes Beschaffungswesen und den Blick über den Tellerrand: Wie machen es andere Länder? Was funktioniert und was nicht? Damit können wir im Verteidigungsfall schnell auf den Bedarf reagieren, unsere Truppe zeitgerecht ausstatten und ihr ermöglichen, ihren Auftrag zu erfüllen.

Gastautor: Dr. Marcus Faber ist Mitglied des Deutschen Bundestages für die Freien Demokraten und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses