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Heer will Gefechtsfahrzeuge mit 25-mm-Maschinenkanonen beschaffen 

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Der Entschluss der Bundesregierung, die F-35 als Nachfolger des Tornados in der Rolle der Nuklearen Teilhabe zu beschaffen, eröffnet auch dem Heer neue Optionen für die Bewaffnung der zukünftigen Gefechtsfahrzeuge, mit denen die Waffenträger Wiesel und die Spähfahrzeuge Fennek ersetzt werden sollen.

Denn einhergehend mit der F-35-Beschaffung ist die Einführung eines neuen Kalibers – die Bordkanone der F-35 verschießt Munition im Kaliber 25 mm x 137 – in das Munitionsportfolio der Bundeswehr vorgesehen. 

Das Kaliber 25 mm x 137 hat zwar eine geringere Kampfentfernung als das 30-mm-Maschinenkanonenkaliber des Pumas, bietet aber offenbar deutliche Gewichts- und Kostenvorteile. Gegenüber den Maschinenkanonen im Kaliber 20 x 139 mm (Marder und Wiesel MK) weist es hingegen Leistungsvorteile in puncto Reichweite und Wirkung auf.

Alles in allem bietet dieses Kaliber mehrere unterschiedliche einsatzerprobte und marktverfügbare Munitionssorten und Maschinenkanonen, was wiederum in ein geringes Entwicklungsrisiko und schnelles Beschaffungstempo umgemünzt werden könnte. 

International kommt Munition dieses Kalibers beispielsweise im französischen Nexter VBCI 8×8 mit der Kanone M811 von Nexter, im italienischen Dardo-Schützenpanzer mit der KBA-Kanone von Rheinmetall sowie im Schützenpanzer Bradley der U.S. Army mit der M242 Bushmaster-Kanone von Northrop Grumman zum Einsatz. Im Heer werden Maschinenkanonen dieses Kalibers neben dem zukünftigen Spähfahrzeug auch im Nachfolger des Waffenträgers Wiesel zum Einsatz kommen, wie aus jüngst gestarteten Beschaffungsvorhaben hervorgeht. 

Luftbeweglicher Waffenträger 

Mit dem Luftbeweglichen Waffenträger (LuWa) beabsichtigt die Bundeswehr die Waffenträger Wiesel Maschinenkanone und Wiesel MELLS der Luftlandetruppe zu ersetzen, deren Nutzungsdauer zu Beginn der 2030er Jahre erreicht wird. Die Finanzierung des Vorhabens soll über das Sondervermögen Bundeswehr erfolgen. Aufgrund der Gewichtsbeschränkung des Fahrzeuges – die LuWa sollen im Chinook transportiert werden können – werden auch die zukünftigen Waffenträge keine Doppelbewaffnung – Maschinenkanone und Panzerabwehrlenkflugkörper – aufweisen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, eine Verwechslung mit dem „Gesamtsystemdemonstrator Luftbeweglicher Waffenträger (GSD LuWa)“ auszuschließen. Mit dem GSD LuWa wurde nicht der Ersatz der Wiesel beabsichtigt, sondern besonders risikobehaftete Technologien mit dem Ziel untersucht, inwieweit diese in einem späteren LuWa realisiert werden können. Dazu zählten unter anderem ein geteiltes Kettenlaufwerk mit Notlauffähigkeit, die Nutzung einer 27-mm-Maschinenkanone und ein dieselelektrischer Hybridantrieb. 

Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) hat das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb für die „Entwicklung und Produktion eines Luftbeweglichen Waffenträgers (LuWa)“ eröffnet, wie aus einer Ende September 2023 veröffentlichten Meldung auf der europäischen Vergabeplattform TED hervorgeht. Ausgeschrieben ist die „Entwicklung von Vorserienfahrzeugen und -geräten in drei Ausführungen“, zudem die „Lieferung von 89 Fahrzeugen, sowie Ersatzteile und Sonderwerkzeug Lieferung von Ausbildungsmitteln und Durchführung der entsprechenden Schulungsmaßnahmen (Instandsetzung, Fahrschule, Waffe, Duellsimulator)“. 

Der Entwicklungsanteil des Auftrages sieht vor, dass drei Vorserienfahrzeuge – jeweils eins in der Variante Maschinenkanone, Panzerabwehr und Fahrschule – samt fünf Waffenanlagen Maschinenkanone entwickelt, geliefert und im Rahmen der sogenannten Integrierten Nachweisführung qualifiziert werden. 

Den Angaben des BAAINBw zufolge beinhaltet der Entwicklungsanteil „den entwicklungsbegleitenden Prozess der über ,Design Reviews‘ (Meilensteine) definiert ist.“ Entsprechende Konzepte werden vom Auftragnehmer gefordert und bis zum Critical Design Review (CDR) finalisiert. Im Anschluss daran soll der Bau der Vorserienfahrzeuge für die Integrierte Nachweisführung beginnen. „Eine erfolgreiche Qualifikation ist die Voraussetzung für die Serienfreigabe. Nach abgeschlossener Nachweisführung und Serien-Konstruktionsstandfestlegung sind die Vorserienfahrzeuge instandzusetzen und auf den K-Stand der Serie zu bringen.“ 

56 LuWa mit Maschinenkanone vorgesehen

Insgesamt ist beabsichtigt, 56 LuWa MK und 24 LuWa Panzerabwehr und 9 Fahrschulfahrzeuge zu beschaffen. Wobei der TED-Meldung zufolge „eine Maschinenkanone 25 mm sowie die Funkgeräteausstattung D-LBO“ von der Bundeswehr gestellt werden. Weitere Bestandteile des Auftrages sind die Erstellung der Ausbildungsmittel für Instandsetzung, Fahrschule, Waffe und Ausbildungsgerät Duellsimulator (AGDUS) sowie eine entsprechende Erstausbildung durch die Industrie. „Die Logistik der Fahrzeuge ist im Rahmen des Prozesses Integrated Logistic Support (ILS) vorzubereiten.“ Die Gesamtnutzungsdauer der LuWa ist mit mindestens 20 Jahren ab dem Zeitpunkt der Auslieferung des ersten Serienfahrzeuges sicherzustellen. 

„Die Aufnahme einer Waffenanlage Maschinenkanone 25mm (MK) und Panzerabwehr (PzAbw), eine hohe Mobilität im Gelände bei moderatem Schutzniveau und die Lufttransportfähigkeit als Innenlast im und Außenlast am Schweren Transporthubschrauber (STH) stellen die Kernforderungen des LuWa dar und sind designbestimmend“, schreibt das BAAINBw. Damit die Lufttransportfähigkeit im STH sichergestellt werden kann, ist die maximale Fahrzeuglänge auf 4,2 Meter, die maximale Höhe auf 1,87 Meter und die maximale Breite des LuWa auf 1,9 Meter zu beschränken. 

Weiterhin soll der LuWa über eine modulare Bauweise verfügen, welche sich aus einem einheitlichen Fahrgestell und den Modulen Waffenanlage Maschinenkanone, Waffenanlage Panzerabwehr oder Fahrschulkabine zusammensetzt. 

Die zulässige Gesamtmasse des LuWa muss mindestens 5 Tonnen betragen, die Gefechtsmasse ist maximal 4,5 Tonnen beschränkt. Die zu leistende Dauergeschwindigkeit auf ebener Straße ist mit 90 km/h angegeben, zudem ist eine hohe Mobilität im Gelände und ein spezifischer Bodendruck von weniger als 5 N/cm² gefordert. 

Der genaue Fahrzeugschutz wird nicht angegeben, in der Meldung steht lediglich, dass der LuWa „über einen definierten Schutz der Fahrzeugbesatzung vor Wuchtgeschossen und Minenwirkung gemäß STANAG 4569 verfügen“ muss. Ausgehend von der Gewichtsbeschränkung des Fahrzeuges kann davon ausgegangen werden, dass dies maximal Level 2 sein wird. 

Interesse könnte gering ausfallen

Beobachter dieses Beschaffungsvorhabens gehen davon aus, dass das industrielle Interesse an dem Teilnahmewettbewerb verhalten ausfallen wird, da kaum ein Hersteller Fahrzeuge oder Konzepte für Kettenfahrzeuge in dieser Gewichts- und Leistungsklasse im Angebot hat. Zudem stellt die Aussicht, gerade einmal 89 Fahrzeuge verkaufen zu können – von denen neben wenigen Fahrschulfahrzeugen 56 Fahrzeuge in der Variante MK und 24 in der Variante MELLS beschafft werden – keinen großen Anreiz dar, rar gesäte Entwicklungskapazitäten für das Projekt vorzuhalten oder in Fertigungskapazitäten zu investieren. Unbeantwortet wird der Teilnahmewettbewerb aber wohl nicht werden. Gut unterrichteten Kreisen zufolge soll die Rheinmetall Electronics GmbH bereits seit knapp vier Jahren in Zusammenarbeit mit der FFG Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft mbH an der Entwicklung eines Wiesel-Nachfolgers arbeiten. Daher wird zumindest ein Angebot erwartet. 

Spähfahrzeug Next Generation 

Mitte Oktober hat das BAAINBw zudem das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb für die Entwicklung und Produktion eines „Spähfahrzeugs Next Generation“ eröffnet, was ebenfalls auf TED kommuniziert wurde. Der angestrebte Rahmenvertrag sieht die Entwicklung und Produktion von bis zu 252 Fahrzeugen vor, von denen jedoch nur 92 fest beauftragt werden und 162 weitere Spähfahrzeuge als Option fixiert werden. 

Der BAAINBw-Meldung zufolge handelt es sich bei dem „Spähfahrzeug Next Generation“ (SpähFz NG) „um den Hauptmobilitäts- und Funktionsträger der fahrzeuggebundenen Spähaufklärung“. Das zukünftige Fahrzeug soll demnach das derzeit durch die Heeresaufklärungstruppen genutzte Spähwagen leicht 4-Rad Fennek ablösen, der Ende 2028 sein Nutzungsdauerende erreichen wird. Damit die Entwicklung, Produktion und Einführung des neuen Spähfahrzeuges bis zu diesem Zeitpunkt gelingen kann, „ist die Realisierung über COTS/MOTS-Produkte beabsichtigt“. Dazu werden seitens des BAAINBw die ersten zwei Exemplare des Spähfahrzeuges bereits im Jahr 2026 für Untersuchungszwecke erwartet. Die festbeauftragten 90 weiteren Fahrzeuge sollen dann 2027 und 2028 folgen. 

„Als gepanzertes, radbasiertes Fahrzeug soll das Spähfahrzeug Next Generation durch hohe taktische Mobilität (inkl. Schwimmfähigkeit), umfassende Ausstattung mit Kommunikations-/Informationssystemen und Navigationsmitteln sowie Mitteln der Durchsetzungs- und Durchhaltefähigkeit die Überlebensfähigkeit der Heeresaufklärungstruppe in der Area of Intellligence Responsibility sicherstellen“, beschreibt das BAAINBw das Fähigkeitsprofil des Fahrzeuges. 

Eine 25-mm-Maschinenkanonen soll dem Fahrzeug eine Durchsetzungsfähigkeit verleihen, so dass die Aufklärungstruppe im Rahmen der Refokussierung der Bundeswehr auf die Landes- und Bündnisverteidigung wieder Raumverantwortung übernehmen kann. Weiterhin soll das Fahrzeug mit der D-LBO-Führungsausstattung sowie einer Nebelmittelwurfanlage ausgestattet werden. 

Neben der reinen Entwicklung und Herstellung der Fahrzeuge muss der Bieter auch ein umfangreiches logistisches Paket anbieten. „Im Bereich Logistik ist eine umfassende Befähigung von militärischen und zivilen Instandsetzungskräften durch den Auftragnehmer geschuldet. Unabhängig davon ist durch den potenziellen Auftragnehmer die Versorg- und Instandsetzbarkeit für 20 Jahre nach Auslieferung des letzten Fahrzeugs sicherzustellen. Um das zügige Erreichen einer vollumfänglichen Versorgungs- und damit der Einsatzreife zu gewährleisten, werden verschiedenste ILS-Maßnahmen geplant, unter anderem die Durchführung einer Logistischen Unterstützungsanalyse. Auch diese Leistung wird durch den Auftragnehmer geschuldet“, fordert das BAAINBw. 

Interessierte Anbieter haben bis Mitte November Zeit, entsprechende Bekundungen an das BAAINBw abzugeben. Mit einem Zuschlag kann somit frühstens Mitte/Ende 2024 gerechnet werden. Gut informierten Kreisen zufolge haben mehrere Unternehmen und Industriekonsortien Konzepte für das Spähfahrzeug NG entwickelt. Unter anderem erwarten Beobachter, dass beispielsweise Rheinmetall mit einem auf dem Fuchs basierenden Fahrzeug ins Rennen gehen könnte. Auch ein Angebot von Patria (CAVS) sowie General Dynamics European Land Systems (Pandur Evo) und Hensoldt im Team mit Iveco (Super AV) wird seitens Beobachter des Projekts als wahrscheinlich bewertet. 

Waldemar Geiger 

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