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Frankreich und Deutschland wollen neues Kampfflugzeug bauen

Nachdem es lange Zeit keine Gemeinschaftsvorhaben im Luftfahrtbereich zwischen Deutschland und Frankreich gegeben hat, wollen beide Länder nun ein gemeinsames Kampfflugzeug entwickeln. Damit sollen langfristig die deutschen und französischen Kampfflugzeugflotten ersetzt werden, wie es in der Erklärung des deutsch-französischen Verteidigungs- und Sicherheitsrates heißt, der am Donnerstag in Paris zusammengekommen war.

Beide Partner haben demnach das Ziel, bis Mitte 2018 einen gemeinsamen Fahrplan für das Vorhaben zu erarbeiten.  Nach Einschätzung von Experten wird es vermutlich um den Ersatz der Kampfflugzeugtypen Rafale und Eurofighter gehen. Wird die Ankündigung in die Tat umgesetzt, hätte dies weitreichende industriepolitische Auswirkungen. Denn damit würde Entwicklungs- und Fertigungs-Know-how langfristig in Europa gesichert. Als Alternative für eine Neuentwicklung wird gegenwärtig lediglich die Beschaffung des US-Kampfflugzeuges F-35 diskutiert – mit entsprechenden Folgen für die Wertschöpfung hierzulande. Als wichtigste industrielle Akteure bei dem Zukunftsprojekt werden der französische Konzern Dassault, als Hersteller der Rafale, und der Airbus-Konzern mit Anteilseignern aus Frankreich, Deutschland und Spanien gesehen.

Der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) begrüßt die Ankündigung. Aufgrund der begrenzten Stückzahlen seien derartige Flugzeugprojekte nur noch multinational umzusetzen, sagte ein BDLI-Sprecher. Hinsichtlich der Bedarfs und der industriellen Voraussetzungen sieht er Frankreich und Deutschland als die idealen Partner in Europa.

Ersatz für Tornado bis 2035 erforderlich

Ob das zukünftige Kampfflugzeug auch die Tornados der Bundeswehr ersetzen soll, geht aus dem Papier nicht hervor. Dieser Flugzeugtyp spielt gegenwärtig eine Schlüsselrolle bei der so genannten nuklearen Teilhabe Deutschlands –  einem Eckpfeiler der NATO. So können Tornados der Luftwaffe im Kriegsfall mit US-Atombomben ausgestattet werden. Um diese Nuklearwaffen auf der Plattform zu integrieren, mussten wesentliche Flugzeug-Parameter den US-Partnern offengelegt werden. Es gilt jedoch als fraglich, ob dies Frankreich – und auch Deutschland – bei einem zukünftigen Gemeinschaftsflugzeug erneut erlauben würden. Zumal Frankreich das neue Flugzeug wahrscheinlich auch als Träger wird für die eigenen Nuklearwaffen verwenden wird.

Damit könnte die F-35 als – zumindest partieller Nachfolger – des spätestens 2035 außer Dienst gehenden Tornados wieder ins Spiel kommen. Die Luftwaffe favorisiert gegenwärtig ohnehin den amerikanischen Joint Strike Fighter gegenüber anderen Lösungen. Und schließlich wird die Bundeswehr auch bei den Transportflugzeugen in Zukunft neben der A400M die amerikanische C-130 Hercules für Spezialrollen einsetzen.

Aus der Erklärung geht nicht hervor, welches der beiden Länder die Federführung bei dem Kampfflugzeug- Projekt übernehmen wird. Da allerdings Deutschland bei der Eurodrohne bereits im Lead ist und es Frankreich mit Dassault im nationalen Alleingang geschafft hat, ein Kampfflugzeug zu entwickeln, gehen Fachkreise davon aus, dass Paris die Führung übertragen wird. Überdies orientiert sich die französische Regierung stärker als die Bundesregierung auf Exportmärkte für die eigenen Rüstungsprodukte, was sich aus dem Fahrersitz besser bewerkstelligen lässt.

Deutschland leitet Eurodrohnen-Programm

Wie es in dem Papier weiter heißt, wollen beide Länder zusammen mit Spanien und Italien im Eurodrohnen-Programm bleiben, das Deutschland leiten soll. Ein Entwicklungsvertrag werde noch vor 2019 angestrebt.  Frankreich und Deutschland seien übereingekommen, die aktuelle Konzeptstudie auf der Grundlage eines zweimotorigen Designs fortzuführen, um vereinbarte zentrale Aufträge und deutsche Zulassungsanforderungen zu erfüllen. Ein besonderes Augenmerk werde auf die Vereinbarkeit von Einsatzleistung  und Finanzierbarkeit über den gesamten Lebenszyklus hinweg gerichtet sein, heißt es weiter. Die Eurodrohne wird den Angaben zufolge über ein europäisches Missionseinsatzsystem, mit allen erforderlichen militärischen Fähigkeiten verfügen.

Frankreich und Deutschland sind laut Papier außerdem  übereingekommen, dass sie eine europäische Lösung anstreben, um die aktuellen französischen und deutschen Fähigkeiten bei Seeaufklärungssystemen zu ersetzen. 2018 werde dazu ein gemeinsamer Fahrplan erarbeitet. Bereits Ende Juni hatten sich sechs NATO-Länder darauf geeinigt, Folgelösungen für ihre bestehenden Kapazitäten bei luftgestützter U-Boot-Jagd, Aufklärung und Überwachung zu suchen. Frankreich, Deutschaland, Griechenland, Italien, Spanien und die Türkei unterzeichneten dazu einen Letter of Intent über „Cooperation on Multinational Maritime Muti Mission Aircraft Capabilities“. Diese Kooperation könne womöglich zur gemeinsamen Beschaffung oder Entwicklung eines neuen Flugzeuges führen, heißt es in einer  NATO-Pressemitteilung. Es werde mit dem Beitritt weiterer NATO-Partner zu der Initiative gerechnet.

EU als echter globaler Akteur

In ihrer Erklärung bekennen sich Frankreich und Deutschland „zur Förderung einer wahrhaft europäischen Außen- und Sicherheitspolitik sowie dazu, dass die EU auch im Bereich der Sicherheit und Verteidigung ein echter globaler Akteur wird“.  Im Bereich der gemeinsamen Sicherheit und Verteidigung sei  der Start einer inklusiven und ambitionierten Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) nach Ansicht von Frankreich und Deutschland von höchster Wichtigkeit, heißt es weiter.  In ihrem Rahmen würden sich alle Mitgliedstaaten zusammenfinden, „die dies möchten und die in Bezug auf anspruchsvollste Missionen bindendere Verpflichtungen eingehen“.

Frankreich und Deutschland unterstützen überdies den Europäischen Verteidigungsfonds (EDF) als wichtige Säule für die Integration des europäischen Verteidigungssektors. „Wir begrüßen ferner den Vorschlag für eine Verordnung zum Europäischen Programm zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich (EDIDP) als wichtigen Schritt hin zur Vereinfachung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich, um Synergien zu schaffen und  europäische Verteidigungsfähigkeiten und die strategische Unabhängigkeit Europas zu stärken.“ Der EDF solle daher mit koordinierten jährlichen Überprüfungen der Verteidigungsplanungen der Mitgliedstaaten (CARD) und mit der PESCO verknüpft werden.

Konkrete multinationale Projekte seien für eine weitere Strukturierte Zusammenarbeit von zentraler Bedeutung. „Wir haben erste Beispielprojekte ermittelt, um den EDF/EDIDP von Anfang an zu fördern. Weitere Projekte werden in den kommenden Wochen folgen“, schreiben die beiden Länder in ihrer Erklärung.
lah/12/14.7.2017

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