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Entscheidung zum Mittelbereichsradar offenbar gefallen

Nachdem die TLVS GmbH kürzlich zur Abgabe des dritten Angebotes für das Taktische Luftverteidigungssystem (TLVS) der Bundeswehr aufgefordert  wurde, müssen noch einige Rahmensetzungen für das finale Angebot getroffen werden. So ist es die Aufgabe der GmbH,  die  Kombination von Radar mit der Boden-Luft-Rakete Iris-T SL festzulegen. Das BMVg hatte die Iris-T SL von Diehl mit einer Reichweite bis etwa 40 Kilometern bereits fest als Zweitflugkörper für TLVS fest vorgesehen. Jetzt geht es darum, welches Radar den Flugkörper in Richtung des Zieles steuern soll, bis die Iris-T den eigenen IR-Suchkopf aufschaltet.

Bis vor kurzem kamen drei Radare der Anbieter Saab, Thales und Hensoldt für diese Aufgabe in Betracht. Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, hat die TLVS GmbH – ein Joint Venture von MBDA Deutschland und Lockheed Martin – vor wenigen Tagen eine finale Entscheidung für das Mittelbereichsradar getroffen: Demnach wurde das TRML-4D von Hensoldt ausgewählt.  Eine Bestätigung von MBDA liegt bislang jedoch nicht vor. Ein Sprecher von MBDA wollte dazu keine Stellung nehmen.

Trifft die Aussage jedoch zu,  könnte dies womöglich auch Auswirkungen auf zwei weitere Radar-Beschaffungen haben: Da ist einerseits der Kauf von bis zu 14 Radaren für den Nah- und Nächstbereichsschutz  (NNbS) der Luftwaffe, mit dem insbesondere die mobilen Einheiten der Landstreitkräfte verteidigt werden sollen. Bei diesem Vorhaben läuft der Beschaffungsprozess  seit einigen Wochen.

Andererseits steht der Ersatz der vier betagten Luftraumüberwachungsradare (LÜR) der Luftwaffe an. Hier hatte das Bundeswehr-Beschaffungsamt BAAINBw bereits 2018 Hensoldt mit dem TRML-4D ausgewählt, nach Intervention von Wettbewerbern die Entscheidung jedoch revidiert. Seitdem wurde der Prozess nicht mehr aufgenommen.

Nach welchen Kriterien die TLVS GmbH die aktuelle Entscheidung gefällt haben könnte, bleibt zunächst im Ungewissen. Fachkreisen zufolge erfüllen die Radare aller drei Anbieter prinzipiell die technischen Anforderungen. Für Hensoldt würde zusätzlich sprechen, dass die Technologie in nationaler Souveränität entwickelt wurde und damit der unbeschränkte Zugriff durch die Bundeswehr möglich ist. Auch vor dem Hintergrund, dass TLVS auf dem trinationalen Vorhaben MEADS der USA, Deutschlands und Italiens basiert, ein womöglich wichtiger Aspekt.

Darüber hinaus bleiben mit der Auswahl des Ulmer Radarbauers die Wertschöpfung und Expertise im Land – in Zeiten der Corona-Konjunkturschwäche ein nicht zu unterschätzender  Punkt. Und schließlich hat das BMVg die Sensor- und Radartechnik bereits  vor Jahren als nationale Schlüsseltechnologie definiert. Eine Vergabe der Mittelbereichsradare ins Ausland würde diese Einstufung ad absurdum führen.
lah/9.6.2020

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