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Ausschreibung für Führungsfunkgeräte erwartet

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Nachdem Ende vergangenen Jahres der Ausschreibungsprozess für Soldatenfunkgeräte im Rahmen der Digitalisierung landbasierter Operationen (D-LBO) gestartet wurde, könnte demnächst ein weiterer Meilenstein bei dem Vorhaben erreicht werden. Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, wird voraussichtlich Ende des ersten Quartales der Tender für das neue digitale Führungsfunkgerät – in der Vergangenheit auch als Combat Net Radio bezeichnet – mit der Aufforderung zur Interessenbekundung beginnen.

Das für den Einbau in Fahrzeugen vorgesehene Funkgerät soll Daten und Sprache übertragen können und die obsoleten SEM-Geräte der Bundeswehr ersetzen. Dem Vernehmen nach soll mit der neuen Technik ein erstes deutsches Kräftedispositiv ausgestattet werden. Dabei dürfte es sich um Einheiten und Verbände der Panzerlehrbrigade 9 handeln. Welchen Umfang die initiale Ausschreibung hat, bleibt abzuwarten. Seit einiger Zeit schließt die Bundeswehr jedoch Rahmenverträge, so dass bei Bedarf eine größere Stückzahl der zu beschaffenden Güter zu festgelegten Konditionen abgerufen werden kann.

Sollten die Ausschreibungsbedingungen ähnlich offen gestaltet werden wie beim Soldatenfunk, gehen Beobachter von einer großen Zahl von Interessenten aus. Es wird überdies damit gerechnet, dass erstmals technische Anforderungen an Größe und Schnittstellen für die Funkgeräte gestellt werden, um damit Forderungen nach genormten Standardrüstsätzen zu erfüllen. Die Bundeswehr hatte dazu Firmen beauftragt, alle wichtigen im Einsatz befindlichen Fahrzeuge wie Panzer und Lkw zu vermessen. Mittels einer Laserscan-Analyse wurden exakte Daten über Bauräume und Platzreserven ermittelt. Die Ergebnisse sollen offenbar dazu dienen, einen Standardrüstsatz zu entwickeln, der in möglichst vielen Fahrzeugen implementiert werden kann und mit einheitlichen Schnittstellen unter anderem für Strom und Antennenkabel versehen ist – ähnlich den vor Jahrzehnten gebräuchlichen Schächten für herausziehbare Autoradios.

Mit der Maßnahme soll zukünftig die Muster- und Serienintegration von neuer Funktechnik, die pro Fahrzeugtyp Millionensummen verschlingen kann, vereinfacht und massiv verbilligt werden. Schließlich bleiben Kampf- und Unterstützungsfahrzeuge mitunter Jahrzehnte im Dienst,  der Schützenpanzer Marder etwa ist seit Anfang der 70er Jahre im Einsatz, während die IT- und Funkausstattung der Ketten- und Radfahrzeuge in Zukunft aufgrund der schnellen technischen Entwicklung in dem Bereich in deutlich kürzeren Abständen ausgewechselt werden dürfte.

Nachdem der Wettbewerb um die Zellularen Netzwerke Verlegefähig (ZNV) mit der Vergabe an Motorola abgeschlossen wurde, rechnen Beobachter im nächsten Schritt mit einer Ausschreibung für die ebenfalls im Rahmen von D-LBO zu beschaffenden mobilen zellularen Netze. Dem Vernehmen nach sind in den kommenden zwei Jahren rund ein halbes Dutzend so genannte 25-Millionen-Euro-Vorlagen für D-LBO in der Planung.

Weil die Bundeswehr eine geschlossene Brigade ausstatten will, wird beim zukünftigen Führungsfunkgerät wahrscheinlich keine Rückwärtskompatibilität verlangt. Damit müssen die neuen „Digital Radios“ nicht dazu befähigt sein, etwa mit den eigenen veralteten SEM-Geräten den Funkverkehr aufzubauen.  Dagegen sieht die Situation im Nachbarland anders aus.   Die Niederländer benötigen eine Rückwärtskompatibilität, um weiter mit ihren Unterstützungstruppen kommunizieren zu können. Gefordert wurde diese Fähigkeit explizit im so genannten A-Letter von Verteidigungsstaatssekretärin Barbara Visser an das Parlament in Den Haag im vergangenen Jahr.

Unter anderem aufgrund dieser Divergenz in den Forderungen scheint die gemeinsame Beschaffung eines digitalen Combat Net Radios im Rahmen des binationalen Tactical Edge Networking (TEN) für die Landstreitkräfte beider Länder aktuell nicht auf der Tagesordnung zu stehen. Wie es heißt, wurde zunächst eine Pause eingelegt.

Ob zu einem späteren Zeitpunkt überhaupt noch der gemeinsame Kauf gleicher Hardware erforderlich sein wird, bleibt abzuwarten. Womöglich könnte es auch ausreichen, nur die Spezifikationen zwischen beiden Armeen umfassend zu harmonisieren. Dann könnten Bundeswehr und Nederlandse krijgsmacht bei unterschiedlichen Anbietern beschaffen, weil die Funkgeräte in der Lage wären, problemlos miteinander zu kommunizieren. Wichtige Schritte in Richtung Standardisierung werden gegenwärtig auch auf europäischer Ebene bei der Entwicklung der so genannten ESSOR-Wellenformen für den Digitalfunk gemacht. Dieser Ansatz könnte sich auch auf TEN positiv auswirken.

Dass Deutschland voraussichtlich in Kürze den Beschaffungsprozess für ein neues Führungsfunkgerät starten wird, dürfte auch an dem Rückstand liegen, den die Bundeswehr gegenüber den Streitkräften des Nachbarlandes hat. So verfügen die Niederlande mit ihren PR4G-Funkgeräten und dem Battle-Management-System (BMS) Elias bereits über ein funktionierendes und vergleichsweise modernes System.

Dagegen fehlt Deutschland ein in der Truppe akzeptiertes BMS, was durch die Einführung von Sitaware des Herstellers Systematic beendet werden soll. Offenbar streben die deutschen Landstreitkräfte an, das neue BMS nicht nur für die VJTF 2023  mit alten Funkgeräten und ergänzenden Routern, sondern auch für die D-LBO mit modernem Digitalfunk zu nutzen. Die Software könnte dann als Basis dienen, um daran weitere Dienste für bestimmte Truppenteile – wie etwa die Heeresflieger oder die Artillerie – anzubinden.
lah/17.2.2021

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