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Ausschreibung für Soldatenfunk auf der Ziellinie

Bei der Ausschreibung zur Beschaffung neuer UHF-Soldatenfunkgeräte im Rahmen der Digitalisierung landbasierter Operationen (D-LBO) verdichten sich die Anzeichen, dass eine finale Entscheidung gefallen sein könnte. Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine sind die Themen Führungsfähigkeit und Digitalisierung der Bundeswehr noch stärker in den Fokus gerückt und die schnellstmögliche Beschaffung von entsprechender Technologie gilt als eine Priorität.

Da dürfte es zeitlich gut passen, dass der Beschaffungsprozess für D-LBO-Soldatenfunkgeräte bereits seit geraumer Zeit läuft und die Tests mit Geräten der verbliebenen Anbieter im vergangenen Jahr begonnen haben. Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, soll der Auftrag für die Soldatenfunkgeräte voraussichtlich an den Hersteller Elbit Systems Deutschland mit dem Gerät des Typs PNR 1000 gehen.

Das Vorhaben D-LBO, das immer unter dem Vorbehalt der Finanzierung stand, dürfte aufgrund der von Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigten zusätzlichen Mittel für die Bundeswehr jetzt vermutlich umsetzbar sein. Gegenwärtig werden offenbar noch die Listen mit den Projekten erstellt, die aus dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen alimentiert werden sollen.

Das PNR 1000 war bereits für das System IDZ-ES VJTF 2023 ausgewählt worden, was einige Beobachter als Präjudiz für das D-LBO-Soldatenfunkgerät-Projekt gewertet haben, obwohl beide Vorhaben nicht miteinander verknüpft sind. Sollte also tatsächlich eine Entscheidung zugunsten von Elbit gefallen sein, würden sowohl IDZ-ES als auch D-LBO mit den gleichen Soldatenfunkgeräten ausgestattet.

Bei letzterem waren gut informierten Kreisen zufolge neben Elbit Systems noch RRS-MITCOS, dem Joint Venture von Rheinmetall und Rohde & Schwarz, sowie L3Harris mit im Wettbewerb. Allerdings war eine Forderung bei der Ausschreibung, dass die Funkgeräte nicht der US-Exportkontrolle ITAR unterliegen durften.

Bei den Soldatenfunkgeräten lautete die Forderung, dass diese über eine netzwerkfähige UHF-Wellenform im Bereich 225 bis 400 MHz verfügen sollten. Der zulässige Spektrumsbedarf für ein Zugnetzwerk war laut Ausschreibung auf 500 kHz begrenzt. Überdies sollten die Anbieter dokumentieren, dass sie in den vergangenen fünf Jahren Leistungen im Bereich militärischer UHF-Truppenfunkgeräte für abgesessene Kräfte erbracht haben.

Bei der ursprünglichen Ausschreibung war ein fester Bedarf von zunächst 1.852 Funkgeräten im Zeitraum 2023 bis 2025 angegebenen worden. Darüber hinaus sollten weitere Geräte als Abrufleistungen – von 2023 bis 2025 rund 3.039 Geräte und von 2025 bis 2028 rund 4.815 Geräte oder als Option – von 2028 bis 2030 rund 5.500 Geräte – beschafft werden. Ob dieser Gesamtbedarf von über 15.000 Geräten mit den angegebenen Parametern noch aktuell ist oder aufgrund der Bedrohung der NATO-Ostflanke eine schnellere und größere Beschaffung angestrebt wird, ist nicht bekannt.

Weiter im Prozess befindet sich die D-LBO-Ausschreibung für Führungsfunkgeräte. Hier gibt es drei Forderungen, die die Zahl der Teilnehmer deutlich reduzieren dürfte. So wird in den Ausschreibungsunterlagen verlangt, auf Komponenten, die der US-Exportkontrolle gemäß ITAR unterliegen, zu verzichten. Auch muss ein Anbieter über Fertigungskapazitäten für die Funktechnik in Deutschland verfügen. In den Unterlagen war überdies festgelegt worden, dass spätestens bis zum Ende des Jahres 2025 eine Bauform des Führungsfunksystems lieferbar sein soll, die unter Erfüllung aller technischen und regulatorischen Voraussetzungen in Luftfahrzeugen der Bundeswehr einsetzbar ist. Mit einer solchen Lösung dürfte nur eine begrenzte Zahl von Unternehmen vertraut sein.

Im Rahmen der Ausschreibung muss überdies die Bauform Fahrzeugfunkgerät bis spätestens ab Mitte 2023 über die ESSOR High Data Rate Waveform (HDRWF) verfügen. ESSOR steht als Abkürzung für European Secure Software-defined Radio.

Beobachter gehen davon aus, dass nur solche Bieter eine Chance bei der Ausschreibung haben, die entweder selbst im Gemeinschaftsunternehmen a4ESSOR S.A.S (Alliance for ESSOR) vertreten sind oder mit einem Unternehmen aus dieser Allianz zusammen anbieten. Idealerweise müsste es gleichzeitig ein Unternehmen sein, dass über deutsche Fertigungskapazitäten verfügt.

Wie aus mehreren Statements des Verteidigungsministeriums zu entnehmen ist, soll bei Digitalisierung und Führung auch der Koalitionsfähigkeit eine besondere Rolle zukommen. Beobachter gehen deshalb davon aus, dass dort, wo deutsche Streitkräfte mit Partnernationen zusammenarbeiten, andere Beschaffungskriterien angewendet werden als bei D-LBO. Dies könnte womöglich die deutsch-niederländische Kooperation bei den Luftlandetruppen oder die Interoperabilität mit Luftfahrzeugen der US-Streitkräfte betreffen.

Bereits in der Vergangenheit wurden unter anderem die deutschen Forward Air Controller beziehungsweise Joint Terminal Attack Controller bereits mit Funkgeräten der US-Firma L3Harris ausgerüstet, die auch von anderen NATO-Staaten eingesetzt werden. In Fachkreisen wird deshalb nicht ausgeschlossen, dass die Bundeswehr hier verstärkt auf das US-Unternehmen zurückgreifen könnte. Denn aufgrund der Einsatzerfahrung und Konzern-Struktur dürften marktverfügbare Produkte kurzfristig auch in größerer Stückzahl lieferbar sein. Bereits vor zwei Jahren hatte die Bundeswehr einen Rahmenvertrag mit einer Laufzeit bis 2024 für das PRC 117 G von L3Harris geschlossen. Da das BMVg die Industrie kurz nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine aufgefordert hatte, die Möglichkeit der Ausweitung von Rahmenverträgen zu prüfen, könnte hier womöglich weiteres Potenzial bestehen.
lah/11.03.2022

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