Die Düsseldorfer Rheinmetall AG geht davon aus, mit der Modernisierung der Challenger-Kampfpanzer der britischen Armee beauftragt zu werden. Wie Rheinmetall-CEO Armin Papperger heute auf der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens erläuterte, wird das britische Verteidigungsministerium voraussichtlich in den kommenden Tagen, die Beauftragung des deutschen Rüstungskonzerns mit der Digitalisierung des Challenger-Turms und der Integration einer Glattrohrkanone bekanntgeben. Den voraussichtlichen Wert des Projektes bezifferte er mit 750 Millionen Euro in einem ersten Schritt. Darüber hinaus werde wahrscheinlich noch im laufenden Jahr ein zweiter Vertrag über Munitionslieferungen geschlossen, so Papperger. Hierbei handele es sich um ein Geschäft zwischen der britischen und der deutschen Regierung.
Nach Einschätzung des Rheinmetall-Chefs wird der Superzyklus im Bereich Verteidigung in den kommenden Jahren weiter anhalten. Großes Interesse sieht er für den im eigenen Haus entwickelten Schützenpanzer Lynx. Nach der Vertragsunterzeichnung im vergangenen Herbst in Ungarn für die Produktion von über 200 Gefechtsfahrzeugen, sei man in Europa in Gesprächen in Tschechien, Slowenien, der Slowakei und neuerdings auch in Italien. Das langfristige Geschäftspotenzial beim Lynx bezifferte Papperger auf 15 bis 40 Mrd EUR – wobei für die Realisierung der letzteren Ziffer ein Auftrag in den USA erforderlich wäre. Der Rheinmetall-CEO erwartet noch im laufenden Jahr eine Entscheidung in Australien, wo sich Rheinmetall im Rahmen des Programms Land 400 im Wettbewerb mit dem Lynx befindet.
Sollte der Düsseldorfer Konzern in den USA den Zuschlag für die Lieferung eines Schützenpanzers als Nachfolger des Bradley erhalten, würden die Fahrzeuge zusammen mit lokalen Partnern vollständig in den USA gefertigt. Rheinmetall hat nach eigenen Angaben bereits im vergangenen Jahr ein US-Unternehmen gegründet, dass auch an eingestuften Programmen teilnehmen darf.
Der Rüstungs- und Automotive-Konzern will laut Papperger überdies im kommenden Jahr ein hybrides Radfahrzeug mit einem Elektroantrieb vorstellen. Dabei werde jedes Rad mit etwa 100 PS angetrieben, wobei das Konzept noch keine Brennstoffzelle nutze, sondern die Ladung der Batterie durch einen Dieselmotor vorgesehen sei.
Rheinmetall setzt insbesondere im zivilen Geschäft auf seine Expertise im Bereich Wasserstoff für Lkw und stationäre Stromerzeugung. Im Automotive-Bereich soll der Anteil der Komponenten für die Elektromobilität in den kommenden Jahren deutlich zulegen.
Insgesamt hat der Düsseldorfer Konzern das Geschäftsjahr 2020 mit dem drittbesten operativen Ergebnis der jüngeren Unternehmensgeschichte von 426 Millionen EUR abgeschlossen. Nach Aussage des Firmenchefs hat Rheinmetall viele wichtige Aufträge gewonnen und den Auftragsbestand auf einen Rekordwert von über 13 Mrd EUR gesteigert. Dazu kommen seinen Worten zufolge noch Rahmenverträge für militärische Lkw und Munition in einer Größenordnung von mehr als 3,5 Milliarden Euro.
Der Rheinmetall-Konzern erzielte den eigenen Angaben zufolge in dem durch die weltweite Corona-Krise stark beeinflussten Geschäftsjahr 2020 einen Konzernumsatz von 5.875 Millionen Euro. Gegenüber dem Vorjahr sind die Erlöse damit um 380 Millionen Euro zurückgegangen.
Während der Defence-Bereich beim Umsatz zulegte, sank der Umsatz der Automotive-Sparte. Der Auslandsanteil am Konzernumsatz lag im Berichtsjahr bei 66 Prozent und damit unter dem Wert des Vorjahres von 69 Prozent. Unter Berücksichtigung aller Sondereffekte lag das EBIT im Rheinmetall-Konzern bei 89 Millionen Euro und blieb um 422 Millionen Euro hinter dem entsprechenden Vorjahreswert von 512 Millionen Euro zurück.
Im Geschäftsjahr 2020 erzielte die Defence-Sparte den Angaben zufolge einen Umsatz von 3.723 Millionen Euro und übertraf damit den Vorjahreswert um 201 Millionen Euro. Der Umsatzanstieg wurde unter anderem durch die höheren Stückzahlen bei der Auslieferung von Boxer-Fahrzeugen an die australischen Streitkräfte sowie durch die Lieferung von Lkw an die Bundeswehr erzielt. Damit steigerte die Division Vehicle Systems im Geschäftsjahr 2020 ihren Umsatz um 2 Prozent auf 1.823 Millionen Euro.
In der Division Weapon and Ammunition haben den Unternehmensangaben zufolge ein zunehmendes Exportgeschäft und die Lieferungen von medizinischer Schutzausrüstung zu einem Umsatzanstieg von rund 17 Prozent auf 1.196 Millionen Euro geführt. Die Division Electronic Solutions musste dagegen einen leichten Umsatzrückgang von knapp 2 Prozent auf 931 Millionen Euro hinnehmen. Rheinmetall Defence erzielte im Berichtszeitraum einen Auftragseingang in Höhe von 6.387 Millionen Euro, nach 5.186 Millionen Euro im Jahr zuvor.
Im Zuge der Neuaufstellung der Konzernstruktur und dem Entfall der Unternehmensbereiche Automotive und Defence erfolgt die Berichterstattung ab dem Geschäftsjahr 2021 ausschließlich auf Konzernebene bzw. auf der Ebene der Divisionen. Für das laufende Geschäftsjahr 2021 erwartet der Konzern ein Umsatzwachstum von 7 bis 9 Prozent. Langfristig soll der Umsatz in den fünf Divisionen des Kerngeschäfts bis 2025 auf insgesamt rund 8,5 Milliarden Euro ansteigen. Die Profitabilität soll sich bis dahin im Konzern auf eine operative Rendite von mindestens 10 Prozent verbessern.
lah/12/18.3.2021