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Norwegens Regierung will Verteidigungsausgaben fast verdoppeln und weiteres U-Boot kaufen

Lars Hoffmann

Die norwegische Regierung schlägt dem Parlament eine massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben um 600 Milliarden NOK (ca. 60 Milliarden US-Dollar) über die nächsten 12 Jahre vor. Alle Teilstreitkräfte der norwegischen Streitkräfte würden gestärkt, mit mehr Personal und neuen Fähigkeiten, heißt es in einer Mitteilung des norwegischen Verteidigungsministeriums.

Die Regierung möchte bis 2036 insgesamt 1.624 Milliarden NOK für die nationale Verteidigung ausgeben. Bis dahin werde der Verteidigungshaushalt, gemessen am realen Wert, fast doppelt so hoch sein wie heute.

„Die Gewährleistung der Sicherheit der norwegischen Bevölkerung ist die wichtigste Aufgabe der Regierung. Wir brauchen eine Verteidigung, die im neuen Sicherheitsumfeld ihren Zweck erfüllt. Dieser Plan stellt eine historische Erhöhung der Verteidigungsausgaben dar und beinhaltet eine erhebliche Stärkung aller Teilstreitkräfte“, so Ministerpräsident Jonas Gahr Støre bei der Vorstellung der Planungen.

„Norwegen ist für niemanden eine Bedrohung, und die NATO auch nicht. Aber wir müssen in der Lage sein, uns im Krisen- und Kriegsfall zu verteidigen. Eine stärkere Landesverteidigung wird dazu beitragen, diejenigen abzuschrecken, die unsere Souveränität bedrohen wollen“, sagte Støre weiter.

Vier Prioritäten schlagen die Planer für die kommenden Jahre bei den Verteidigungsausgaben vor: verbesserte Fähigkeiten für das Situationsbewusstsein (Situational Awareness) – unter anderem durch den Ausbau der Satelliten- und Drohnenkapazitäten, eine neue Überwasserflotte, die Stärkung der Luftverteidigungskapazitäten und die Erhöhung der Kapazität und des Umfangs von Heer und Heimwehr.

Gemäß dem langfristigen Verteidigungsplan für die Jahre 2025 bis 2036 wird die Marine finanziell besonders gut ausgestattet. Zur Aufrechterhaltung einer ständigen Präsenz in den norwegischen Interessengebieten sollen mindestens fünf neue Fregatten beschafft werden, die in der Lage sind, einen Beitrag zum gesamten Spektrum der maritimen Operationen zu leisten.

Die Schiffe sollen mit Hubschraubern zur U-Boot-Jagd ausgestattet werden und in Partnerschaft mit einem engen Verbündeten erworben, betrieben und gewartet werden. Bei seinem jüngsten Besuch in Norwegen vor wenigen Wochen, hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius nach eigenen Angaben über Gespräche mit seinen norwegischen Partnern über den Erwerb von Fregatten der zukünftigen Klasse 127 gesprochen. Diese werden jedoch in erster Linie als Luftverteidigungsfregatten ausgelegt, mit der Fähigkeit zur Abwehr ballistischer Raketen. In einem Bericht vom Sommer vergangenen Jahres hatte der Chef der norwegischen Streitkräfte jedoch einen Schwerpunkt auf die U-Boot-Bekämpfung bei der Nutzung neuer Fregatten gelegt. Gut informierten Kreisen zufolge soll die deutsche Seite deshalb auch eine Beschaffungskooperation bei den Fregatten der Klasse F126 ins Spiel gebracht haben. Auch ist denkbar, die F127 hinsichtlich Bewaffnung und Sensorik für Norwegen anders zu konfigurieren.

Beobachter in Norwegen gehen jedoch davon aus, dass bei der Beschaffung der Kampfschiffe als Partner auch Großbritannien, die USA, die Niederlande oder Frankreich in Frage kommen könnten. Für den Einsatz auf den neuen Fregatten werden nach den Vorstellungen der Regierung auch Marinehubschrauber zur U-Boot-Jagd gekauft.

Darüber hinaus soll eine Standard-Schiffsklasse in zwei Größen entwickelt und beschafft werden, um die Aufgaben der Marine und der Küstenwache zu erfüllen.

Nachdem bereits vier neue U-Boote der Klasse 212 CD in Zusammenarbeit mit Deutschland genehmigt worden sind, empfiehlt die Regierung die Beschaffung von mindestens einem weiteren U-Boot dieses Typs.

Verstärkung der norwegischen Luftverteidigung

Als wichtig wird auch die Stärkung der Fähigkeit der Streitkräfte eingestuft, bedeutende Infrastrukturen gegen Angriffe von Marschflugkörpern, taktischen ballistischen Raketen und unbemannten Luftfahrtsystemen zu schützen.

Deshalb sollen für die Luftwaffe und das Heer vier neue NASAMS-Flugabwehrsysteme mittlerer Reichweite beschafft werden. Außerdem sollen neue Radare zulaufen.

Des Weiteren empfiehlt die Regierung den Kauf eines Luftverteidigungssystems großer Reichweite, um einen geographischen Schwerpunkt des Landes gegen taktische ballistische Raketen zu schützen. Ob die Regierung dabei ein schiffsgestützte oder eine landgestützte Lösung verfolgt, wird nicht erklärt.

Ausbau der Kapazitäten des Heeres und der Heimwehr

Das Heer wird den Planungen zufolge in Zukunft statt aus einer, wie bisher, aus drei Brigaden bestehen. Die Heimwehr soll aufgestockt und eine moderne Ausrüstung erhalten. Im Einzelnen ist vorgesehen:

  • Die Entwicklung der Brigade Nord zu einer schweren Infanteriebrigade mit vier mechanisierten Bataillonen und zugehörigen Unterstützungseinheiten soll abgeschlossen werden.
  • Die Landverteidigung der Finnmark wird durch eine Flugabwehrtruppe, ein Artilleriebataillon, ein leichtes Infanteriebataillon, eine Pionierkompanie und eine ISTAR-Staffel gestärkt und zur Finnmark-Brigade weiterentwickelt.
  • Die Brigade Süd wird als leichte Infanteriebrigade auf Reservistenbasis aufgestellt, um alliierte Anlandepunkte zu sichern und als mobile Eingreiftruppe zu fungieren.
  • Die Landstreitkräfte werden um präzise Feuerunterstützungsfähigkeiten mit großer Reichweite erweitert.
  • Die Heimatschutztruppe wird durch mehr Ausrüstung, Ausbildung und Personal verstärkt. Zusammen werden die regulären Streitkräfte der Heimwehr und die Eingreiftruppen bis 2036 rund 45.000 Mann betragen.
  • Die Streitkräfte werden überdies mit neuen Hubschraubern zur Unterstützung des Heeres und der Spezialkräfte ausgestattet.

„Da sich unser Sicherheitsumfeld verschlechtert, müssen wir mehr für die Verteidigung und die Bereitschaft ausgeben und ihr mehr Aufmerksamkeit widmen“, sagte Finanzminister Trygve Slagsvold Vedum. Norwegens Modell zur Sicherung der Einnahmen aus natürlichen Ressourcen ermögliche es, die Ausgaben für die nationale Sicherheit zu erhöhen, ohne die öffentlichen Dienstleistungen für die Bürger zu beschneiden. Seinen Worten zufolge sollen die Ausgaben für Verteidigung auch norwegische Arbeitsplätze und Investitionen schaffen.

Neben der Aufstockung der Munitions- und Materialvorräte plant die Regiering auch die Aufnahmekapazität für alliierte Verstärkungstruppen zu erhöhen und mehr Personal einzustellen. Bis zum Jahr 2036 geht die Regierung mit rund 4.600 zusätzlichen Wehrpflichtigen, 13.700 zusätzlichen Reservisten und 4.600 zusätzlichen Angestellten aus.

„Die NATO-Mitgliedschaft Finnlands und Schwedens ist ein Gewinn für die Sicherheit in unserer Region, aber auch eine neue Verpflichtung für Norwegen“¸ so Verteidigungsminister Bjørn Arild Gram bei der Vorstellung der Planungen. „Wir müssen uns rasch wandeln und nicht nur ein Empfängerland von alliierter Verstärkung sein, sondern auch ein Transitland werden und einen Beitrag zur Verteidigung und Sicherheit der gesamten nordischen und baltischen Region leisten.“

In den vergangenen Monaten hat die norwegische Regierung nach eigenen Angaben enge Kontakte und Treffen mit den Fraktionsvorsitzenden der Parteien im Parlament und mit dem Ständigen Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung gehabt. Die Regierung fordert das Parlament nun zu einer umfassenden politischen Einigung über diesen als „historisch“ bezeichneten Plan auf.

Der gesamte zukünftige Verteidigungsplan der Norweger kann hier (in Englischer Sprache) eingesehen werden: The Norwegian Defence Pledge – Long-term Defence Plan 2025–2036

Lars Hoffmann

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