Neue Patriot-Feuereinheiten werden beschafft

Die Bundeswehr soll in den kommenden Jahren neue Feuereinheiten des Luftverteidigungssystems Patriot erhalten, wie aus einer Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, Siemtje Möller, auf eine Anfrage des CDU-Haushaltspolitikers und Verteidigungsexperten Ingo Gädechens hervorgeht. Gegenwärtig werde ein Vertrag verhandelt, der die Nachbeschaffung von mehreren Systemen vorsehe, schreibt Möller in ihrer vom 11. Oktober datierten Antwort. Die Auslieferung soll ihrer Aussage zufolge im Jahr 2025 beginnen und voraussichtlich 2027 abgeschlossen werden. Eine 25-Millionen-Euro-Vorlage werde dem Haushaltsausschuss dazu im ersten Halbjahr 2024 vorgelegt.

Wie aus gut informierten Kreisen zu vernehmen ist, soll es sich dabei um die Beschaffung von vier bis fünf neuen Feuereinheiten in der Konfiguration C3+ handeln. Wie auch bei anderen Rüstungsvorhaben hat die möglichst schnelle Lieferung für das Verteidigungsministerium offenbar Priorität. Schließlich hat die Bundeswehr bereits eine Feuereinheit seiner ursprünglich zwölf verbliebenen Patriot-Systeme an die Ukraine abgebeben und Anfang Oktober ein weiteres System, bestehend aus Radar, Stromversorgung, Feuerleitzentrale sowie acht Startgeräten dem von Russland angegriffenen Land zugesagt. Wichtig dürfte bei der neuen Lieferung die Kompatibilität mit NATO- und US-Standards ein, um bei der Verteidigung der Ostflanke des Bündnisses unmittelbar mit den Partnern kooperationsfähig zu sein. Die Beschaffung des neuen von der US Army ausgewählten Radars mit einer Abdeckung von 360 Grad – auch als Lower Tier Air and Missile Defense Sensor (LTMDS) bekannt – ist dagegen nicht vorgesehen, wohl nicht zuletzt, weil sich die Lieferzeiten damit deutlich verlängern würden.

Dem Vernehmen nach sollte ursprünglich auf eine weitergehende „Germanisierung“ verzichtet werden, etwa indem die Startgeräte nicht auf einem Lkw, sondern wie bei anderen Nutzern üblich, auf einem Anhänger untergebracht werden. Unklar ist offenbar noch, welche Rolle MBDA Deutschland bei der Beschaffung zukommen wird. Schließlich arbeiten Patriot-Hersteller Raytheon und MBDA bei Nutzung und Wartung der Patriot-Systeme in Deutschland eng zusammen. Je mehr deutsche Wertschöpfung vom Auftraggeber verlangt wird, desto später dürfte ein Vertrag unterschriftsreif sein. Beobachter vermuten, dass veränderte Anforderungen und eine deutsche Beteiligung bereits zu Verzögerungen geführt haben könnten.

Da das Angebot für die Feuereinheiten offenbar bereits im Sommer abgegeben wurde und seitdem darüber verhandelt wird, gehen Beobachter davon aus, dass die Kosten für die Beschaffung, die mehrere Hundert Millionen Euro betragen dürften, nicht aus dem Einzelplan 60 gedeckt werden. Dieser Einzelplan wird in der Regel für Nachbeschaffungen der Abgaben an die Ukraine angezapft.

Neben den Feuereinheiten benötigt die Bundeswehr auch die entsprechende Munition, sprich Lenkflugkörper, um wirken zu können. Hier hatten bereits vor einiger Zeit Raytheon und MBDA ihre Pläne veröffentlicht, eine Produktionslinie für den Patriot-Lenkflugkörper PAC-2 GEM-T in Schrobenhausen aufzubauen. Ein Vorschlag, der positiv vom Verteidigungsministerium aufgenommen wurde.

Als Voraussetzung für das damit verbundene Investment gelten jedoch ausreichende Bestellungen – möglichst aus mehreren europäischen Staaten, um die notwendige Mindestgröße zu erreichen. Wie aus Parlamentskreisen zu vernehmen ist, soll eine entsprechende 25-Millionen-Euro-Vorlage zum Kauf von GEM-T für die Luftwaffe noch im laufenden Jahr in den Bundestag gehen. Insider rechnen damit, dass Deutschland rund 500 Flugkörper bestellen dürfte. Dazu kämen dann womöglich noch Kontrakte mit anderen europäischen Partnern wie Rumänien, Spanien, den Niederlanden und perspektivisch Schweden, die jeweils 100 oder auch einmal 200 Exemplare abnehmen könnten. Vertragspartner wäre dann die Comlog, ein Joint Venture von Raytheon und MBDA Deutschland, bei der auch die Produktion aufgehängt werden soll.

Das ganze Vorhaben würde dann Bestandteil der von Kanzler Olaf Scholz ausgerufenen European Sky Shield Initiative (ESSI) sein, bei der Deutschland als Führungsnation auftritt. Wie es heißt, besteht jedoch gegenwärtig hoher Zeitdruck, um den Vertrag zunächst mit Deutschland und danach mit allen weiteren beteiligten Nationen noch vor Jahresende abzuschließen. Denn nur, wenn dies gelingt, sollen vereinbarte Wechselkursrelationen und Zeitlinien einzuhalten sein. Dafür erforderlich ist offenbar eine beschleunigte Bearbeitung in Deutschland bis Ende November. Ob dies gelingt, bleibt abzuwarten. Schließlich muss neben dem Verteidigungsministerium auch das Finanzministerium grünes Licht geben.
lah/3.11.2023

 

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