Der US-Hubschrauberbauer Sikorsky hat den nächsten Eskalationsschritt vollzogen und am 30. Dezember einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer des Bundes gestellt. Damit reagiert das Unternehmen auf die überraschende Entscheidung des Verteidigungsministeriums vom September vergangenen Jahres, die Ausschreibung für die Beschaffung eines Schweren Transporthubschraubers (STH) abzubrechen. Sikorsky hatte diesen Abbruch im Anschluss beim Bundeswehr-Beschaffungsamt BAAINBw gerügt. Nachdem das Amt dieser Rüge offenbar nicht stattgegeben hatte, sah sich das zum US-Rüstungskonzern Lockheed Martin gehörende Unternehmen offenbar gezwungen, die Vergabekammer als nächste Instanz anzurufen.
Wie die Zeitung „Die Welt“ berichtet, hat das BAAINBw nun bis zum 18. Januar Zeit, eine Stellungnahme zu dem Vorgang bei der Kammer abzugeben. Anfang Februar sei dann ein Termin zur mündlichen Verhandlung angesetzt. Insider vermuten jedoch, dass sich dieser verschieben könnte, da auch die Abgabefrist für das BAAINBw verlängert worden war.
Wie es aus Industriekreisen heißt, geht Sikorsky davon aus, dass der Abbruch des Wettbewerbs nicht rechtmäßig war. Denn die Begründung des BMVg, wonach die Kosten für das Vorhaben zu hoch waren, scheint juristisch anfechtbar zu sein. Wie es heißt, muss das BMVg bei einer Ausschreibung die voraussichtlich erforderlichen Mittel einplanen oder bei Kostenüberschreitungen Maßnahmen ergreifen, damit das Vorhaben wieder ins Budget passt.
Insidern zufolge ist jedoch der Anstieg der ursprünglich vorgesehenen Kosten von 5,6 Mrd EUR auf rund das Doppelte, auf zusätzliche Forderungen der Bundeswehr zurückzuführen. Diese wurden in dem Ausschreibungsverfahren jedoch dem Vernehmen nach nicht zurückgenommen, um den Preis zu reduzieren.
Stattdessen hatte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer angekündigt, bis Ende 2020 über das weitere Vorgehen beim STH zu entscheiden. Das ist weiterhin der Stand Mitte Januar 2021.
Vor Weihnachten wurde außerdem bekannt, dass das BMVg eine Anfrage an die US-Regierung im Rahmen eines so genannten Foreign Military Sale (FMS) für die CH-53K von Sikorksy und den Wettbewerber, die CH-47F von Boeing, gestellt hat. Dabei können jedoch nur Basismodelle bestellt werden, die „Off the Shelf“ verfügbar sind. Aufgrund einer indikativen Anfrage für derartige Basismodelle im Jahr 2016 soll auch die Budgetplanung von 5,6 Mrd EUR zustande gekommenen sein.
Offenbar wurden die von der Bundesregierung in Berlin gesetzten Fristen zur Beantwortung von FMS-Fragen von Seiten der US-Behörden jedoch nicht erfüllt. So hat Washington nach Welt-Angaben die geforderten Informationen zum Boeing-Helikopter zwar im Dezember geliefert, die Daten für das Sikorsky-Modell sollen jedoch erst am 20. Januar eintreffen – nach der üblichen Bearbeitungsfrist von 45 Tagen.
Sollte die Vergabekammer entscheiden, dass der Abbruch der Ausschreibung rechtmäßig war, könnten sich daran Schadensersatzforderungen anschließen. Denn den Anbietern dürften erhebliche Kosten während des Ausschreibungs-Verfahrens entstanden sein. Sollte die Kammer dagegen zu dem Schluss kommen, dass es sich um einen unrechtmäßigen Vorgang gehandelt hat, müsste womöglich der Vergabevorgang wieder aufgenommen werden. Dies ist offenbar auch das Ziel, das Sikorsky mit seinem Vorgehen erreichen will.
lah/13.1.2020