Anzeige

Lockheed Martin und Rheinmetall wollen HIMARS-Weiterentwicklung anbieten

Die Schlagkraft der Bundeswehr hat sich durch die umfangreichen Materialabgaben an die Ukraine weiter verschlechtert. Bei der Raketenartillerie, die ohnehin nur über 38 Systeme vom Typ MARS verfügte, sorgen die fünf den ukrainischen Streitkräften überlassenen Systeme für eine deutliche Lücke. Um diese kurzfristig zu schließen, schlägt der US-Rüstungskonzern Lockheed Martin vor, dass das deutsche Heer bereits im Jahr 2025 als Übergangslösung fünf HIMARS-Systeme im Rahmen eines FMS-Geschäftes (Foreign Military Sales) erhalten könnte. Die Systeme würden dann fabrikneu nach Deutschland geliefert. Lockheed Martin hat nach eigenen Angaben die Produktion des Systems, das auch eine Reihe von europäischen Kunden bestellt hat, von 48 pro Jahr auf 96 hochgefahren.

So könnte ein zukünftiges GMARS aussehen: Das Trägerfahrzeug kommt von Rheinmetall, der Raketenstartbehälter von Lockheed Martin. Grafik: Lockheed Martin

Da das auf einem Radfahrgestell aufgebaute HIMARS hinsichtlich Training und Logistik große Gemeinsamkeiten mit dem deutschen MARS-System auf Kette aufweist, ist es nach Einschätzung von Howard Bromberg, Vice President, Land Forces Strategy and Business Development bei Lockheed Martin, leicht für die deutschen Bedienmannschaften zu nutzen.

Die deutschen Landstreitkräfte planen grundsätzlich, ihre Raketenartillerie zu modernisieren und die Reichweiten auszudehnen. Um hierfür ein Angebot vorlegen zu können, hat sich Lockheed Martin mit dem deutschen Rheinmetall-Konzern zusammengetan und ein Memorandum of Unterstanding unterzeichnet.

Beide Unternehmen wollen der Bundeswehr ein System auf Radbasis anbieten, das auf einem 8X8-Lkw HX2 von Rheinmetall basiert. Im Gegensatz zu HIMARS soll die Zahl der zu verschießenden Raketen von sechs auf zwölf erhöht werden – die gleiche Anzahl wie auch jetzt beim deutschen System MARS II. Um Platz für weitere Flugkörper zu gewinnen, will Lockheed Martin den Totraum im gegenwärtigen HIMARS-Launcher nutzen. Das erste dieser als GMARS bezeichneten Systeme könnte nach Angaben des US-Konzerns bereits im Jahr 2025 für „Acceptance Tests“ übergeben werden. Deutschland hat dem Vernehmen nach zukünftig einen Bedarf von etwa 80 Raketenartilleriesystemen.

Im Gegensatz zum deutschen MARS-Werfer müsste allerdings die Feuerleitsoftware, die sogenannte Common Fire Control Software, von Lockheed Martin eingesetzt werden. Diese lässt im Augenblick nur den Verschuss von US-Raketen zu. Nach Angaben des US-Konzerns liegt der Vorteil des Systems jedoch darin, dass sämtliche dafür von der U.S. Army zugelassenen Raketen eingesetzt werden könnten. Das sind neben der GMLRS, die die Bundeswehr besitzt, auch eine in Qualifikation befindliche reichweitengesteigerte Variante der GMLRS mit dem Zusatz -ER für den Entfernungsbereich zwischen 70 und 150 Kilometern. Hinzu kommt die ATACMS mit einer Reichweite von 300 Kilometern sowie die zukünftige Precision Strike Missile mit einer Reichweite von 499+ Kilometern.

Nach Aussage von Bromberg finden im Augenblick gerade die finalen Tests mit der Precision Strike Missile statt. „Wir haben bereits Anfragen von anderen Nationen“, sagt er mit Blick auf potenzielle Exportaufträge. Seiner Einschätzung zufolge könnte die Waffe bereits ab 2028 Kunden außerhalb der USA zur Verfügung stehen. Für die GMLRS stehen zwei Sprengköpfe zur Verfügung, die als „Unitary“ und „Alternative“ bezeichnet werden. Der „Alternative“-Warhead verfügt laut Hersteller über 88.000 Wolfram-Projektile.

Welchen Anteil Rheinmetall bei einer Zusammenarbeit übernehmen würde, ist nach Aussage von Bromberg gegenwärtig noch in der Diskussion. Neben dem Basisfahrzeug könnte es sich um mechanische bzw. Software-Komponenten am Launcher handeln oder Teile der Integration. Vorstellbar sei auch, dass Rheinmetall – oder weitere Unterauftragnehmer – Teile für die Raketen liefern könnten. Auch eine Montagelinie hierzulande will Lockheed Martin nicht ausschließen.

Gegenwärtig arbeitet nach Angaben von Lockheed Martin der deutsche Diehl-Konzern an einer Studie, inwieweit die von Diehl selbst gefertigte Minenrakete AT-2 in HIMARS integriert werden könnte. Nach Aussage von Lockheed Martin könnte die deutsche HIMARS-Variante auch davon profitieren, dass das Kampfflugzeug F-35, das auch von der Deutschen Luftwaffe eingeführt wird, in Zukunft Daten für die Zielzuweisung der HIMARS-Raketen liefern könnte. Lockheed Martin stellt auch die F-35 her.

In Deutschland wird offenbar auch die Beschaffung des israelischen PULS-Systems als Ersatz für MARS II diskutiert. PULS wird von den Niederlanden und Dänemark in die Streitkräfte eingeführt. Das PULS-System könne allerdings keine der von den US-Streitkräften und HIMARS genutzten Raketen verwenden, da die US-Regierung dies bislang nicht erlaube, betonte Bromberg. Genauso wenig lassen sich nach derzeitigem Stand aus dem HIMARS-System Raketen anderer Hersteller, bspw. die des PULS-Systems oder die von Deutschland entwickelte AT-2, starten. Wobei bei den Raketen des PULS-Systems neben der Erlaubnis auch physikalische Grenzen ins Spiel kommen, da die Länge der MLRS/MARS/HIMARS-Raketenstartbehälter rund 20 Prozent kürzer ist.
lah/28.6.2023

.i.td-icon-menu-up { display: none; }