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Lockheed Martin und BMVg gehen in die nächste Instanz

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Der zwischen dem US-Konzern Lockheed Martin und dem Verteidigungsministerium schwelende Streit um den Abbruch des Beschaffungsverfahrens für einen schweren Transporthubschrauber (STH) geht in die nächste Phase: Beide Parteien haben am vergangenen Freitag Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf gegen die am 5. März getroffene Entscheidung der Vergabekammer des Bundes eingelegt.

Die zum Bundeskartellamt gehörende Kammer hatte geurteilt, dass die Aufhebung des Vergabeverfahrens im vergangenen Jahr wirksam ist und nicht weitergeführt werden muss, obwohl die Begründung dafür rechtswidrig sei.  Nach Angaben der Vergabekammer stellt die nicht nachvollziehbar begründete Schätzung der Beschaffungskosten eine Rechtswidrigkeit dar.  Kalkuliert hatte das BMVg mit Kosten für die Beschaffung von rund 5,6 Mrd EUR, die tatsächlichen Angebote der beiden Wettbewerber Boeing und des Lockheed-Martin-Tochterunternehmens Sikorsky sollen jedoch bei dem Doppelten gelegen haben.

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Lockheed Martin will mit der Beschwerde beim OLG die Wirksamkeit der Entscheidung des BMVg anfechten, wie ein Sprecher bestätigte. „Nachdem die Vergabekammer des Bundes die Aufhebung des STH-Vergabeverfahrens für rechtswidrig erklärt hat, möchten wir mit der sofortigen Beschwerde beim OLG die Wiederaufnahme des Verfahrens erreichen, damit der Auftrag für den schweren Transporthubschrauber der Bundeswehr in einem fairen, transparenten und diskriminierungsfreien Prozess vergeben wird“, teilte Lockheed Martin weiter mit. Man stehe unverändert bereit, die Bundeswehr dabei zu unterstützen, um ihre Sikorsky CH-53G-Hubschrauberflotte durch eine leistungsfähige und zeitgemäße Lösung zu ersetzen.

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Offenbar rechnet sich der US-Konzern bei einer Wiederaufnahme des Vergabeverfahrens bessere Chancen aus als bei einem so genannten Foreign Military Sales (FMS) Case, bei dem das Verteidigungsministerium relativ ungebunden eine Entscheidung treffen kann.

Das BMVg wiederum stimmt der von der Vergabekammer getroffenen Feststellung zur Rechtswidrigkeit der Aufhebung nicht zu und sei deshalb vor das OLG gezogen, teilte eine Sprecherin mit. Ihrer Aussage zufolge hat das BMVg noch kein FMS-Verfahren für die CH-53K oder die CH-47F eingeleitet.

Beobachter schätzen, dass bis zu einer Entscheidung des OLG ein Vierter- bis ein Dreivierteljahr vergehen dürfte. Damit bleibt zunächst offen, für welches der beiden Hubschraubermuster sich die Bundeswehr entscheidet.

Auch bei einem anderen Flugzeug-Vorhaben steht eine Entscheidung noch aus. So hat sich das Verteidigungsministerium noch für kein Flugzeugmuster als Interims-Lösung für die vor der Ausmusterung stehenden Seefernaufklärer des Typs P-3C Orion entschieden, wie die BMVg-Sprecherin bestätigte. Man habe bei einigen Anbietern Informationen – darunter auch Preise – eingeholt, die im Augenblick noch ausgewertet würden.

Die amerikanische Defense Security Cooperation Agency (DSCA) hatte am 12. März bekanntgegeben, dass das US State Department einen möglichen Verkauf von P-8A Poseidon Seefernaufklärern von Boeing für rund 1,5 Milliarden Euro an Deutschland genehmigt hat. Danach waren Gerüchte aufgekommen, dass sich das BMVg für dieses Flugzeugmuster entschieden habe. Das ist offenbar nicht der Fall. Informationsanfragen für Seefernaufklärer soll das BMVg mindestens an Airbus, Leonardo sowie Rheinland Air Service gerichtet haben. Gegen eine P-8A spricht zum einen der Preis und zum anderen der Fakt, dass Deutschland eigentlich in der nächsten Dekade das Maritime Air Warfare System (MAWS) zusammen mit Frankreich umsetzen will.

Ein Ziel bei MAWS ist die Erhöhung der europäischen Souveränität. Das gilt auch für die Projekte Future Combat Air System (FCAS) sowie Eurodrohne. Bei letzterer deutet sich in Deutschland Bewegung an. So ist die so genannte 25-Millionen-Euro-Vorlage offenbar den Haushaltspolitikern des Bundestages zugeleitet worden, nachdem die Eurodrohne zunächst nicht auf der Tagesordnung für die nächste Ausschuss-Sitzung am Mittwoch gestanden hatte.
lah/22.3.2021