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BMVg strebt Entscheidung bis Jahresende an

Der von der Bundeswehr eingesetzte Kampfhubschrauber Tiger gilt als ein Kernelement der Kampfunterstützung der Landstreitkräfte aus dem bodennahen Luftraum. Allerdings hat er seinen Nutzern bislang wenig Freude gemacht: Die Verfügbarkeit des Helikopters ist seit Jahren unzureichend niedrig. Bei der materiellen Einsatzbereitschaft und den verfügbaren Flugstunden des Kampfhubschraubers Tiger könne zwar eine Verbesserung registriert werden, aber: „Der operative Bedarf wird weiterhin nicht vollständig gedeckt“, heißt es dazu im vor wenigen Tagen veröffentlichten 16. Bericht des BMVg zu Rüstungsangelegenheiten.

Während die anderen beiden europäischen Tiger-Nutzer Frankreich und Spanien ihre Maschinen einem Mid-Life Upgrade zur Version „Tiger Mk III“ unterziehen wollen, hat sich Deutschland bislang nicht festgelegt, ob es sich an der Modernisierung beteiligen wird. „Eine deutsche Teilhabe am Programm „TIGER Mk III“ unterliegt einer ganzheitlichen Bewertung, unter Berücksichtigung der Risiken bei der Realisierung und insbesondere der Forderungs- und Fähigkeitserfüllung für die deutschen Streitkräfte“, schreiben die Autoren des Rüstungsberichts.

Und weiter: In die Bewertung und Abwägung flössen als wesentliche Parameter die Gesamtkosten im Vergleich zur Erfüllung der Nutzerforderungen, die Verfügbarkeit der Kampfhubschrauber im Zuge der Umrüstung und auch der Zeitpunkt des Abschlusses der Umrüstungsmaßnahmen ein. „Eine abschließende Entscheidung zu Umrüstmaßnahmen oder alternativ höheren Nutzwert generierenden Möglichkeiten zur Forderungs- und Fähigkeitserfüllung wird voraussichtlich bis Ende 2022 getroffen werden können.“ Es blieben also nur noch wenige Tage.

Die Regierungen in Frankreich und Spanien dürften dabei Interesse an einer deutschen Beteiligung haben – nicht zuletzt, weil sich auf diese Weise die Milliarden-Kosten des Upgrades auf mehr Partner umlegen ließen. Auch die Spitze von Airbus Helicopters – dem Hersteller des Tigers – hatte noch im Sommer betont, dass es keinen fixen Termin gebe, bis zum dem sich die Bundeswehr für einen Einstieg ins Programm entscheiden müsse. Allerdings scheint sich die deutsche Einstellung zum Problem-Drehflügler in den vergangenen Monaten nicht zum Positiven verändert zu haben. Wie in den Jahren zuvor hat sich niemand aus der Bundeswehr oder dem BMVg für den Tiger ausgesprochen, zumindest nicht öffentlich vernehmbar.

Dazu kommt, dass in den deutschen Streitkräften offenbar erhebliche Zweifel bestehen, ob das Konzept eines Kampfhubschraubers, der in von gegnerischen Kräften verteidigtes Gebiet einfliegt, langfristig noch Zukunft hat. Denn bereits heute zeigt sich in der Ukraine die Verwundbarkeit von Helikoptern. So werden fast im Wochentakt selbst die modernsten russischen Maschinen von den ukrainischen Streitkräften abgeschossen. Entwickeln sich aktive und passive Sensoren sowie Abwehrwaffen weiter wie bisher, könnte in Zukunft fast jede Mission über feindlichem Territorium zum Selbstmordkommando werden, so die Befürchtung. Auch technisch dürfte eine Neuverkabelung alter Hubschrauber-Zellen im Rahmen des Vorhabens Mk III wenig Innovatives bringen.  Und die ursprüngliche Idee, dass jede  der drei Nationen unterschiedliche Sensoren und Effektoren in ihre jeweiligen Mk-III-Tiger integriert, mutet aufgrund der damit verbundenen Mehrkosten als geradezu absurd an. Beobachter gehen vor diesem Hintergrund davon aus, dass sich das BMVg mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen eine Beteiligung am Upgrade Tiger Mk III entscheiden wird.

Im Rüstungsbericht, der eine Beteiligung an Mk III auch nicht berücksichtigt, heißt es, dass die Anzahl der langfristig zu betreibenden Kampfhubschrauber Tiger auf 51 festgelegt wurde. Wobei bis 2031 die beiden ältesten Maschinen ausgesondert werden sollen, so dass ab diesem Jahr nur noch 49 im Bestand des Heeres verbleiben werden.

Im Fokus liege weiter die Verbesserung der Verfügbarkeit des Waffensystems mit dem Ziel, die materielle Einsatzbereitschaft zu erhöhen und auf einen belastbaren und dem operationellen Bedarf entsprechenden Zustand der Flotte im Betrieb zu konsolidieren. Dazu werde auch die Herstellung des einheitlichen Bauzustandes ASGARD beitragen, welche mit dem Vertragsschluss zur Umrüstung von weiteren 33 Hubschraubern in diese Konfiguration auf den Weg gebracht worden sei. Aus diesem Vertrag wurden den Angaben zufolge bisher zehn umgerüstete Hubschrauber ausgeliefert. „Entscheidungen zu einer Verlängerung der bisher vorgesehenen Nutzungsdauer (Ausphasung des letzten Hubschraubers in 2038) und zum Umfang von Weiterentwicklungsmaßnahmen stehen aus“, heißt es mit Blick auf die bis Jahresende zu erwartende Positionierung des Ministeriums.

Bleibt es beim Enddatum 2038 für den Tiger und beteiligt sich Deutschland nicht am französisch-spanischen Upgrade, könnte Airbus Helicopters in Donauwörth womöglich an anderer Stelle profitieren. Etwa in dem Fall, dass die Bundeswehr den kleinen Hubschrauber H145M beschafft und für bestimmte Aufgaben weiterentwickelt. Da die Wertschöpfung für dieses Muster in erster Linie in Deutschland erfolgt, ist dieser Ansatz womöglich auch für die Auslastung hiesiger Ingenieurkapazitäten sinnvoller. Schließlich soll das technische Projektbüro für den Tiger in Deutschland mittlerweile geschlossen worden sein und die Fähigkeiten nur noch in Frankreich vorgehalten werden.
lah/11.12.2022

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