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Zeit für Einigung wird langsam knapp

Die Einigung zwischen der französischen, spanischen und deutschen Industrie über die Aufgabenverteilung beim Future Combat Air System (FCAS) muss schnell erfolgen, wenn der Bundestag noch in dieser Legislaturperiode über die Freigabe der Mittel für eine neue Studienphase entscheiden soll.

Gut informierten Kreisen zufolge bleibt vermutlich ein Zeitraum bis maximal Ende März. Andere Insider gehen dagegen davon aus, dass bis zum 17. März ein weitgehend ausgehandelter Vertrag vorliegen muss, um den parlamentarischen Prozess in Berlin in Gang zu setzen. Just an diesem Tag, dem kommenden Mittwoch, sind der Chef von Airbus Defence and Space, Dirk Hoke, und Airbus-Strategie-Chef Antoine Bouvier zu einer Anhörung vor den französischen Senat geladen, um zu den Problemen beim FCAS auszusagen.

Am vergangenen Mittwoch musste der Chef von Dassault Aviation, Eric Trappier, den Senatoren in Paris Rede und Antwort stehen. Aus seinen Ausführungen wurde deutlich, dass sein Unternehmen die Symmetrie bei FCAS durch den Beitritt Spaniens zum Gesamtvorhaben und damit auch zum  Unterprojekt eines New Generation Figthers (NGF) als gestört ansieht.

Denn Dassault Aviation müsse nun mit Airbus Deutschland und Airbus Spanien verhandeln, die zum gleichen Unternehmen gehören. Trappier erwähnte allerdings nicht, dass Airbus eine europäische Gesellschaft ist, an dem Frankreich und Deutschland gleich viele Anteile halten, während der spanische Staat deutlich weniger Aktien besitzt. Der Chef von Dirk Hoke ist bekanntlich ein Franzose und sitzt in Toulouse. Nicht ganz deutlich wurde für Beobachter während der Anhörung überdies, dass Airbus Spanien  bei einem der sieben Technologys Pillars, dem NGF, die spanische Seite vertritt, während für das FCAS-Gesamtprojekt Indra die industrielle Kooperation für Madrid übernimmt.

Dassault mit Zugeständnissen

Frankreich ist beim FCAS die Leitnation und Dassault als industrieller Koordinator benannt.  Dagegen hat Deutschland die Führungsrolle bei den Vorhaben Eurodrohne und Main Ground Combat System inne. Beide Projekte sind jedoch vom erwarteten Geschäftsvolumen und den Entwicklungsaufwendungen deutlich kleiner als FCAS.

Dassault musste laut Trappier im Rahmen der FCAS-Verhandlungen einige Zugeständnisse machen.  So habe das Unternehmen akzeptiert, nur ein Drittel der Arbeitslast zu tragen, während die anderen zwei Drittel an Airbus gehen. Da die Gespräche über die Phase 1B, an deren Ende ein Demonstrator stehen soll, vor der nächsten Bundestagswahl abgeschlossen sein müssen, habe Dassault Aviation auch akzeptiert, dass etwa 50 Prozent der spezifischen Aufgaben ohne einen designierten Verantwortlichen erledigt würden.

Laut Trappier will sein Unternehmen bei der Flugsteuerung des NGF, dem Missionssystem, dem Cockpit und beim Thema Stealth die Führung übernehmen. Ein Verzicht auf diese Bereiche sei gleichbedeutend mit dem Verzicht auf die Kontrolle über das Projekt. Was die Fragen zum geistigen Eigentum betrifft, so kommt es für den französischen Hersteller nicht in Frage, dieses über Jahrzehnte aufgebaute Know-how zur Nutzung weiterzugeben. So habe Dassault die Erfahrung, einen Flieger für den Einsatz auf Flugzeugträgern und für die nukleare Rolle zu bauen.

Der Dassault-CEO ging in seinen Ausführungen auch auf seinen kürzlich öffentlich gemachten Plan B ein, wonach Frankreich FCAS notfalls alleine entwickeln könnte. Er verweis in diesem Zusammenhang auf die Erfolge bei der nEUROn-Drohne, die von Dassault unter Beteiligung europäischer Partner im vorgegebenen Budgetrahmen entwickelt worden sei.

Fragen bleiben ungeklärt

Gut informierten Kreisen zufolge waren bis zum Freitag die Fragen zu den Intellectual Property Rights (IPR), die in erster Linie zwischen der deutschen und französischen Regierung verhandelt werden, nicht gelöst. Berlin will offenbar vermeiden, beim Flugzeug mit so genannten Black Boxes konfrontiert zu werden. Auch beim Zuschnitt der Arbeitspakete beim Pillar NGF, bei dem zuletzt von einer Aufteilung von 40 Prozent für Dassault und jeweils 30 Prozent für die spanischen und deutschen Airbus-Sparten die Rede war, gibt es offenbar keine Übereinstimmung. Dassault soll weiterhin eine Mehrheit anstreben.

Es bleibt also abzuwarten, ob in den kommenden Tagen eine umfassende Einigung zwischen Frankreich und Deutschland noch zu erreichen ist. Zumal vor dem Hintergrund der noch abzuarbeitenden 25-Mio-Vorlagen im Bundestag.

Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, ist das Nicht-Zuleiten von Vorlagen an den Verteidigungs- und den Haushaltsauschuss in den vergangenen Wochen offenbar auf das Finanzministerium zurückzuführen. Denn das SPD-geführte Haus muss vor der Weitergabe an den Bundestag noch einmal die formelle Korrektheit der Papiere überprüfen. Da es dem Vernehmen nach keine verbindlichen zeitlichen Vorgaben für diesen Prüfschritt gibt, scheint das Finanzministerium – gerade in Wahlkampfzeiten – nicht unter  Druck zu stehen. Damit schwillt die Bugwelle, der noch bis zu den Sommerferien zu bearbeitenden Vorhaben an. Ob tatsächlich alle Vorhaben wie geplant die Ausschüsse passieren, ist deshalb offen.

Kommt es zu keiner  Einigung bei FCAS zwischen Paris und Berlin, existiert dem Vernehmen nach auf deutscher Seite kein Plan B. Vielmehr müsste dann die Wahl im Herbst und die anschließende Regierungsbildung abgewartet werden, bevor weitere Projektschritte unternommen werden können.

Ob das bei einem auf Jahrzehnte angelegten Programm von großer Bedeutung ist, lässt sich nur schwer beurteilen. Bekanntlich pausieren auch andere bilaterale Rüstungsprojekte und Zeitüberschreitungen kommen bei Großvorhaben recht häufig vor. Gegenwärtig läuft überdies noch die Studienphase 1A von FCAS.

Sollte FCAS jedoch in der gegenwärtigen Form kippen, hätte dies sicherlich auch Auswirkungen auf andere französisch-deutsche Rüstungsprojekte wie die Eurodrohne, das Main Ground Combat System, das Maritime Airborne Warfare System oder die Tiger-Modernisierung. Wobei ein Verzicht auf letztere von deutscher Behördenseite vermutlich begrüßt würde.
lah/14.3.2021

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