Die beiden Flugzeugbauer Dassault und Airbus haben sich hinsichtlich der Entwicklung des zukünftigen Kampfflugzeugs im Rahmen des Future Combat Air Systems (FCAS) nach zähem Ringen auf Arbeitspakete und Abstimmungsregeln geeinigt und ein gemeinsames Angebot abgegeben. Über dieses Ergebnis hat Airbus offenbar in dieser Woche einige Abgeordnete des Bundestages informiert.
Dem Vernehmen nach sollen gemäß Vereinbarung alle Entscheidungen in Bezug auf den Kampfflieger in Zukunft im Konsens getroffen werden. Sollte dies nicht klappen, darf Dassault vorläufig über das Vorgehen entscheiden. Gleichzeitig kann die Problematik bis auf Ebene der nationalen Auftraggeber eskaliert werden.
Gemäß der Ein-Drittel-Kostenteilung zwischen Frankreich, Spanien und Deutschland sollen die eingesetzten Mittel an die nationalen Industrien zurückfließen. Bei FCAS entwickelte Intellectual Property Rights (IPR) werden allen drei Ländern zur Verfügung stehen. Wie bereits der Dassault-CEO Eric Trappier während einer Anhörung vor dem französischen Senat angedeutet hat, sollen insgesamt 25 Hauptarbeitspakete ohne Führung eines Partners durchgeführt werden. Dassault übernimmt bei vier Paketen die Führung, Airbus bei zwei anderen. Um welche es sich handelt, ist nicht bekannt. Außerdem haben sich die beiden Industriekonzerne darauf verständigt, für die jetzt zu finanzierende Entwicklungsphase 1B bis 2024 lediglich einen Demonstrator zu bauen.
„Airbus hat in dem Schreiben sein Verhandlungsergebnis sehr gut dargestellt. Wir werden es anhand von offiziellen Unterlagen nochmal eingehend prüfen“, kommentierte der Verteidigungsexperte der CSU im Bundestag, Reinhard Brandl, die Airbus-Informationen. Seinen Worten zufolge gibt es noch mehrere offene Fragen – etwa in Hinblick auf die Flugsteuerung des neuen Fighters.
Trappier hatte bei seiner Anhörung im Senat diesen Bereich für sein Unternehmen reklamiert, während Dirk Hoke, CEO von Airbus Defence and Space, an gleicher Stelle eine Woche später die Fähigkeiten von Airbus in dem Technologiefeld Bereich unterstrich.
Auch den Fakt, dass nur ein Demonstrator gebaut werden soll, will CSU-Politiker Brandl im Gespräch mit dem Verteidigungsministerium erörtern. „Wir wollen auch einen weiteren Demonstrator“, fordert der Abgeordnete. Damit ist er auf einer Linie mit den Arbeitnehmervertretern von Airbus, die ebenfalls einen Demonstrator in Manching bauen wollen. Sie fürchten, dass andernfalls Ingenieurs-Expertise in Deutschland für immer abgebaut werden könnte.
Verhandlungen bei IPRs
Ungeklärt sind offenbar auch Details zu den IPRs. So scheint nicht eindeutig festgelegt zu sein, inwieweit Background IPRs – also solche, die bereits vor dem Projekt entstanden und für das Gelingen wichtig sind – von den drei Partnern genutzt werden können. Gerüchten zufolge haben sich die Regierungen Deutschlands und Frankreichs auf gemeinsame IPR-Regeln verständigt, die Dassault allerdings nicht akzeptieren will. Dazu sollen offenbar in der kommenden Woche noch Verhandlungen laufen. Dies wird von den Airbus-Informationen an die Abgeordneten gestützt. Ob auch gemeinsam entwickelte geistige Eigentumsrechte genutzt werden können, um den Eurofighter weiterzuentwickeln – an dem Großbritannien und Italien beteiligt sind – scheint ebenfalls noch ungeklärt zu sein.
Beobachter fragen sich überdies, warum das Thema Tarnung federführend von Airbus Spanien bearbeitet werden soll, während die Bundesregierung mit Steuergeld den vor zwei Jahren vorgestellten Stealth-Demonstrator LOUT von Airbus in Manching entwickeln ließ. Gleichzeitig soll es im Bereich der Tarnfähigkeit des neuen Kampffliegers eine Ausnahme vom Prinzip der Beteiligung der drei Partner an allen Komponenten und Subkomponenten geben. Damit wären hier so genannte Black Boxes möglich, die es eigentlich gar nicht geben soll.
Triebwerksfrage ungeklärt
Neben den ungelösten IPR-Fragen scheint auch das industrielle Setting für das Triebwerk noch Probleme zu bereiten. Wie aus gut informierten Kreisen zu vernehmen ist, wurde bis zum heutigen Tag keine Einigung zwischen den drei Industriepartnern Safran, MTU Aero Engines und der spanischen ITP Aero erzielt.
Wie es heißt, haben Safran und MTU mittlerweile ein Joint Venture gegründet und ein gemeinsames Angebot für den Pillar 2 abgegeben, ohne den spanischen Partner einzubinden. Offenbar gibt es Probleme hinsichtlich des Leads bei Arbeitspaketen. Berichten zufolge will ITP Bereiche führen, in denen die anderen beiden Unternehmen eine höhere Expertise aufweisen. Dies würde gegen das Prinzip des „Best Athlete“ verstoßen. Geklärt werden muss diese Frage jetzt auf politischer Ebene.
Sollte bis Ende des Monats ein endverhandelter Vertrag für die Phase 1B von FCAS vorliegen, könnte offenbar noch eine parlamentarische Befassung bis zu Sommerpause erfolgen. Bislang haben die Bundestagsabgeordneten jedoch noch keine Vorlage zur Beratung aus dem BMVg erhalten. Für Irritation sorgt überdies der umfassende Personalwechsel an der Spitze des Airbus-Konzerns, der offenbar durch den Weggang von Dirk Hoke ausgelöst wurde.
Beobachter verwundert, dass der bisherige Vice President Engineering Jean-Brice Dumont die Rolle des Spaniers Alberto Gutiérrez als Chef des Bereichs Military Aircraft – mit seinem Hauptprodukt Eurofighter – übernehmen soll. Damit vertritt ein Franzose beim zukünftigen Kampfflugzeug die deutschen und spanischen Industrieinteressen gegenüber dem französischen Dassault-Konzern, während der FCAS-Programmleiter bei Airbus ohnehin ein Franzose ist. Eine ausgewogene Personalauswahl dürfte anders aussehen.
lah/16.4.2019