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Skyranger – Haushaltsausschuss macht Weg frei für neue Bundeswehr-Flakpanzer

Lars Hoffmann

Der Haushaltsausschuss des deutschen Bundestages hat heute grünes Licht für die Beschaffung von neuen Flak-Panzern des Typs Skyranger für das Heer gegeben. Wie aus gut informierten Kreisen zu vernehmen ist, sollen in einem ersten Schritt insgesamt 19 Flugabwehrkanonenpanzer im Rahmen des Teilprojektes 3 mit dem Schwerpunkt auf der Drohnenabwehr (Counter-Unmanned Aircraft System, C-UAS) des Luftverteidigungssystems Nah- und Nächstbereichsschutz (LVS NNbS) im Volumen von fast 650 Millionen Euro geordert werden. Neben den Herstellungskosten sind auch Entwicklungsanteile in dem Preis enthalten. Etwa 37 Millionen Euro der Summe entfallen auf Beistellungen. Hauptauftragnehmer ist der Rüstungs- und Automotive-Konzern Rheinmetall, der das System auf Basis des Skyranger 30 im Kaliber 30 x 173 mm entwickeln wird.

Wie es heißt, umfasst das Paket neben einem Nachweismuster und 18 Serien-Flakpanzern auch 8 Nachladefahrzeuge sowie 8 Werkstattausstattungen sowie 18 On-Board-Simulatoren. Es soll auch eine Bestelloption für die spätere Beschaffung von 30 weiteren Flakpanzern geben. Finanziert wird das Vorhaben fast vollständig aus dem Sondervermögen Bundeswehr.

Die Beschaffung der Flakpanzer wird offenbar vorgezogen, um die große Lücke in der Luftverteidigung des Heeres zum Teil zu schließen. Das System soll aber kompatibel sein mit dem späteren Flugabwehrsystem NNbS, für das erst kürzlich der Entwicklungsauftrag vergeben wurde und bei dem die ersten Prototypen in der zweiten Hälfte dieser Dekade zulaufen sollen. Die Anforderungen beim NNbS gelten als anspruchsvoll. So wird unter anderem die Bekämpfung aus der Fahrt gefordert. Insider gehen davon aus, dass das Nachweismuster für den Flakpanzer bereits im laufenden Jahr geliefert wird und die ersten Seriensysteme dann 2026 an die Truppe gehen.

Der Flakpanzer wird als Fahrmodul den Radpanzer Boxer nutzen und neben der 30-mm-Kanone als Zweitbewaffnung den Lenkflugkörper Stinger erhalten. Der Lenkflugkörper sowie gepanzerte Transportfahrzeuge der 15-Tonnen-Klasse gelten im Projekt als sogenannte Beistellungen. Beobachter gehen davon aus, dass es sich beim dem Lenkflugkörper um die modernere Stinger-Version mit Annäherungszünder handeln könnte, für die in den kommenden Monaten ein Beschaffungsvertrag erwartet wird. Diese Waffe eignet sich besser zur Bekämpfung von Drohnen als die bislang bei der Bundeswehr genutzte Stinger-Variante.

Die Radaranlage für den Flakpanzer wird dem Vernehmen nach vom Sensor-Haus Hensoldt geliefert. Den finanziell größten Anteil an dem Projekt dürfte jedoch der Turm aufweisen, der von der auf Luftverteidigung spezialisierten Rheinmetall-Tochter in Zürich hergestellt wird.

Wie es heißt, können auch andere Nationen in den Vertrag einsteigen. Das Interesse an einer Flakpanzerlösung dürfte in vielen Streitkräften groß sein, da Defizite bei der Bekämpfung von Drohnen fast überall bestehen.

Die Freigabe des Haushaltsausschusses erfolgt jedoch gut informierten Kreisen zufolge nicht unbeschränkt. So fordern die Vertreter der Ampel-Koalition offenbar in einem sogenannten Maßgabebeschluss, dass das Verteidigungsministerium bis Mitte kommenden Monats die Beschaffungs- und Entwicklungskosten detailliert aufschlüsselt. Auch verlangen Sie bis Jahresmitte Auskunft, ob sich durch die Beteiligung weiterer Nationen an Entwicklung und Beschaffung eine Kostenreduktion erzielen lässt. Bis September sollen überdies die Berichterstatter des Einzelplans 14 einen Sachstand über die notwendigen Entwicklungen und damit verbundenen Kosten erhalten sowie Angaben über die ab 2028 zu erwartenden Kosten für eine umfassende Beschaffung.

Wie Rheinmetall kürzlich mitteilte, hat Ungarn den Düsseldorfer Konzern bereits im Dezember mit der konzeptionellen Entwicklung des Skyranger-30-Turms für die zukünftige Flugabwehrvariante des Kettenfahrzeugs Lynx KF41 beauftragt. Dänemark denkt offenbar an eine Skyranger-30-Lösung auf Piranha-Fahrgestell und Österreich will den Turm auf einen Radpanzer Pandur integrieren.

Im Dezember sei mit dem Skyranger 30 in der Konfiguration A1 im Erprobungszentrum Ochsenboden in der Schweiz eine erfolgreiche Test- und Schießkampagne durchgeführt worden, bei der sich das System im Stand und in der Fahrt bewähren musste, hatte Rheinmetall im Januar in der Mitteilung geschrieben.

Der Skyranger 30 A1 ist den Angaben zufolge ein Entwicklungsträger, der den Weg zur Gesamtsystemqualifikation des Skyranger 30 A3 Mitte 2024 ebnen soll. Der A1 sei flexibel ausgelegt, so dass verschiedene Kundenvarianten mit unterschiedlichen Radaren und Effektoren erprobt und optimiert werden könnten. Dies sei im Hinblick auf die bevorstehende breite Einführung des Skyranger 30 in verschiedenen europäischen Nutzernationen von Vorteil, so Rheinmetall.

Der Skyranger 30 A3 soll Bedrohungen aus der Luft – etwa durch Drohnen – abwehren und es den Bodentruppen erlauben, sich auf ihre eigentliche Aufgabe zu fokussieren. Die Auslegung verschiedener Wirkmittel, eine hohe Dynamik und ein großer Elevationsbereich sowie moderne Sensoren ermöglichen Rheinmetall zufolge sowohl einen autonomen wie auch einen vernetzten Einsatz.

Das zentrale Element des Skyranger 30 bildet laut Hersteller die KCE-Revolverkanone im Kaliber 30 x 173 mm. Die Waffe habe ihre immense Feuerkraft und Präzision in der Erprobung unter widrigsten Wetterbedingungen bewiesen und sei in der Lage, sogenannte Air Burst Munition (ABM) zu verschießen. Die 30-mm-ABM-Technologie von Rheinmetall programmiert dem Unternehmen zufolge das Projektil beim Rohraustritt so, dass es nach einer voraus berechneten Strecke detoniert und dabei eine große Zahl von Subprojektilen aus Wolfram freisetzt, die quasi eine schnell fliegende Wolke bilden, die auch kleine Drohnen außer Gefecht setzen kann.

Eine Salve von 18 Schuss, von denen jeder 200 Gramm Subprojektile enthält, erzeugt so ein Salvengewicht von 3,6 Kilogramm. Da die einzelnen Patronen trotz modernster Fertigung mitunter leicht unterschiedliche Treibladungsmengen aufweisen, unterscheiden sich auch ihre Mündungsgeschwindigkeiten entsprechend. Würden alle Projektile so programmiert, also ob sie die gleiche theoretische Mündungsgeschwindigkeit aufweisen, könnte sich dann erhebliche Abweichungen beim gewünschten Detonationspunkt ergeben. Um dies zu vermeiden, hat Rheinmetall nach eigenen Angaben eine Technik entwickelt, mit der an der Rohrmündung zunächst die tatsächliche Geschwindigkeit gemessen wird und erst danach die Programmierung erfolgt. Das erhöht die Präzision.

Lars Hoffmann

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