Deutschland und die Niederlande bauen ihre militärische Kooperation weiter aus. Nachdem zwei Brigaden des niederländischen Heeres in die Bundeswehr integriert wurden und das Seebataillon der deutschen Marine das niederländische Mehrzweckschiff Karel Doorman nutzen darf, soll in Zukunft die gesamte bodengebundene Luftabwehr der Bundeswehr im Rahmen des so genannten Projektes Apollo den niederländischen Streitkräften unterstellt werden. Als „großes Ziel“ sei ein gemeinsamer Patriot-Verband vorgesehen, sagte ein Sprecher der Luftwaffe. Dieser Verband solle direkt dem niederländischen Oberkommandierenden – im Augenblick Tom Middendorp – unterstehen.
Weiterhin planen die Verteidigungsministerien beider Länder die Etablierung einer bi-nationalen „Air & Missile Defence Academy“. Ob diese Akademie lediglich virtuelle Kurse anbiete oder über eigene Gebäude-Infrastruktur verfüge, sei noch offen, sagte der Sprecher. Während seinen Worten zufolge die Akademie voraussichtlich nicht vor 2018 realisierbar ist, soll die Unterstellung der deutschen Luftabwehr noch vor Einrichtung der Akademie umgesetzt werden.
Schon vor einigen Wochen hatte der Inspekteur der Luftwaffe, Karl Müllner, die Unterstellung der Flugabwehrraketengruppe 61 aus Todendorf unter das niederländische Defence Ground-based Air Defence Command angekündigt. Womöglich könne diese Unterstellung bereits im kommenden Jahr vollzogen werden. Diese deutsche Einheit ist auf die Nahbereichs-Luftabwehr spezialisiert.
Bereits seit geraumer Zeit arbeiten die Niederlande und Deutschland bei der Luftverteidigung eng zusammen. Sowohl das niederländische Heer als auch die deutsche Luftwaffe nutzen das Patriot-Raketensystem des US-Anbieters Raytheon in einer der modernsten Konfigurationen innerhalb der NATO.
Auf dem Weg zur integrierten Luftverteidigung soll zunächst die Ausbildung in beiden Streitkräften harmonisiert werden, wie der Luftwaffen-Sprecher betonte. Dazu haben bereits beide Länder Austauschoffiziere entsandt. Als eine Voraussetzung für die gemeinsame Ausbildung gilt laut Homepage der Luftwaffe die „gemeinsame Erarbeitung von Vorschriften, Konzepten und einer Doktrin“.
Nur Informationsaustausch bei Nahbereichssystemen
Den weiteren Angaben zufolge wird auch über die Kooperation bei der Nachfolgebeschaffung von Systemen zum Nah- und Nächstbereichsschutz nachgedacht. Wie ein Sprecher des BMVg auf Nachfrage erläuterte, geht es jedoch nicht um die gemeinsame Beschaffung. Vielmehr sei vereinbart worden, „Anforderungen an zukünftige Waffensysteme im Rahmen von turnusmäßigen Informationsgesprächen miteinander auszutauschen, um Gemeinsamkeiten und daraus resultierende Kooperationsmöglichkeiten frühzeitig zu identifizieren“.
Während die Bundeswehr über das Rohrwaffensystem Mantis für die Feldlagerverteidigung und Stinger-Raketen auf Wiesel – das System Ozelot – verfügt, setzen die Niederländer die Stinger vom Radfahrzeug Fennek ein und verwenden überdies das norwegisch-amerikanische Raketensystem NASAMS. Aufgrund der jeweils unterschiedlichen Beschaffungsverfahren und -behörden, sei ein Synchronisation äußert schwierig, hatte der Sprecher der Luftwaffe eingeräumt.
Eine besondere Herausforderung für den zukünftigen Verband dürfte Mitte des kommenden Jahrzehnts entstehen. Denn dann soll die Luftwaffe nach bisherigen Planungen das Luftverteidigungssystem TLVS/Meads einführen, während die Niederlande – so jedenfalls der bisherige Stand – an Patriot festhalten.
lah/24.11.2016