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Eurodrohnen-Vertrag erst Anfang 2021 und neue Probleme

Die ursprünglich für das vierte Quartal dieses Jahres vorgesehene Unterzeichnung eines Vertrages für die Eurodrohne verschiebt sich offenbar in das kommende Jahr. Wie der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Thomas Silberhorn, vor wenigen Tagen dem Linken-Abgeordneten Andrej Hunko auf eine entsprechende Frage schriftlich mitteilte, wird gegenwärtig eine Zuleitung der so genannten 25-Millionen-Vorlage an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages für Anfang des Jahres 2021 angestrebt. Er begründete die Verschiebung damit, dass die viernationalen Verhandlungen zwischen den Partnern noch andauern. Am Vorhaben Eurodrohne sind die Länder Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien beteiligt, wobei Deutschland die Führung innehat. Industriell wäre Airbus für das Multi-Milliarden-Projekt im Lead.  Erst nachdem der Bundestag die Freigabe der Mittel erteilt hat, kann ein Vertrag geschlossen werden.

Hängen Drohne und FCAS zusammen?

Gut informierten Kreisen zufolge könnte allerdings auch ein anderer Umstand, der mit dem Future Combat Air System (FCAS) zusammenhängt, die Beauftragung verzögern. Bei dem von Frankreich, Deutschland und Spanien vorangetriebenen FCAS-Vorhaben scheint es –  wie bereits so oft in der Vergangenheit – erneut Unstimmigkeiten zu geben. Gegenwärtig läuft die Vorbereitung der Studienphase 1b von FCAS, in deren Rahmen die Technologie für die zukünftigen Demonstratoren entwickelt werden soll. Dabei geht es um sieben Technik-Bereiche oder Pillars, wie etwa den Next Generation Fighter (NGF), den Antrieb oder die Sensorik.  Die an den einzelnen Pillars beteiligten Unternehmen mussten ihre Angebote den ursprünglichen Plänen zufolge bis Ende Oktober abgeben.  Danach soll die finale Verhandlung der Verträge erfolgen, auf deren Basis dann die Studie beauftragt wird.  Allerdings muss auch der Bundestag vor Vertragsschluss noch zustimmen.

Der Chef von Airbus Defence and Space (ADS), Dirk Hoke, hatte im Sommer in einer virtuellen Konferenz angekündigt, dass bis Jahresende die Angebotslegung für die Studien-Phase 1b erfolgen soll, damit diese im Sommer kommenden Jahres beginnen kann. Einige an FCAS beteiligte Unternehmen haben ihre Angebote offenbar auch zeitgerecht abgegeben. Darunter befindet sich dem Vernehmen nach das deutsche Konsortium FCMS – bestehend aus Hensoldt, Diehl, ESG sowie Rohde & Schwarz – für den Pillar „FCAS-Sensoren“ – andere offenbar noch nicht.

Probleme soll es überdies bei der Finanzierung der Studienphase geben. So hat die mit der Projektumsetzung betraute französische Beschaffungsbehörde DGA angeblich eine Kappungsgrenze für das finanzielle Volumen der Studie verfügt, die deutlich unterhalb den von den Industriepartnern kalkulierten Kosten von rund 10 Mrd EUR liegen soll.

Dassault hält an Plänen fest

Damit stellt sich Frage, welche Pillars und Unternehmen ihre ursprünglichen Angebote abspecken müssen. Oder ob sogar ganze Pillars zu streichen sind.  Wie es heißt, beharrt außerdem der beim Next Generation Fighter als Prime gesetzte französische Flugzeugbauer Dassault darauf, keine signifikanten Abstriche an den eigenen Studienaufwendungen zu machen. Sollte Dassault damit durchkommen, müssten andere Bereiche der Studie vermutlich umso stärker zusammengestrichen werden.  Beobachter wollen nicht ausschließen, dass Dassault auch den Vertragsschluss für die Eurodrohne – quasi als Druckmittel – verzögern oder blockieren könnte. Das Unternehmen fungiert bei diesem Projekt aus Unterauftragnehmer.

Ob diese Einschätzungen zutreffen, ist jedoch nicht vollständig gesichert. Schließlich würden bei Verzögerungen bei FCAS oder der Eurodrohne auch andere französische Unternehmen betroffen sein und deshalb vermutlich auf Dassault einwirken. Und schließlich dürfte das französische Verteidigungsministerium als bedeutender Abnehmer von Dassault-Produkten einen erheblichen Einfluss auf das Unternehmen haben. Warum sollte es diesen Hebel nicht einsetzen, um eine Lösung zu forcieren?

Auf deutscher Seite würde eine Verzögerung im FCAS-Zeitplan dazu führen, dass Milestones, die der Billigung des Bundestages bedürfen, immer näher an die Bundestagswahl im kommenden Jahr heranrücken. Damit besteht die Gefahr, dass die parlamentarische Befassung nicht mehr rechtzeitig erfolgt.

Ungelöst ist offenbar auch weiterhin der seit geraumer Zeit schwelende Konflikt, um die Zuordnung der intellektuellen Eigentumsrechte bei FCAS. Hier verfolgen Deutschland und Frankreich andere Ansätze. So wünscht sich die Bundesregierung dem Vernehmen nach einen Zugriff auf die Intellectual Property Rights, während Paris diese bei den Unternehmen belassen will. Anders als in Deutschland verfügt der französische Staat allerdings auch über bedeutende Staatsbeteiligungen in der nationalen Luftfahrtindustrie. Wenig Gemeinsamkeiten sollen bislang auch beim Bewaffnungskonzept für FCAS bestehen, so dass beide Staaten Insidern zufolge divergierende Ansätze verfolgen.

Nicht nur bilateral knirscht es im FCAS-Vorhaben. Auch auf nationaler Ebene scheint nicht alles harmonisch zu laufen. So heißt es von Industrievertretern mitunter hinter vorgehaltener Hand, dass der Branchenriese ADS  stärker die eigenen als die deutschen Interessen vertrete. Dies führe dazu, dass bei den anderen an FCAS beteiligten Unternehmen aus Deutschland nur geringe Studienmittel ankommen.

Zieht man zusätzlich  in Betracht, dass zuletzt wenig Neues vom Main Ground Combat System (MGCS) zur hören war,  welches über einen Maßgabebeschluss des Bundestages an FCAS gekoppelt ist,  so dürfte das größte militärische Luftfahrtprojekt der nächsten Jahrzehnte in Europa in einer schwierigen Phase stecken.
lah/13.11.2020

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