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SPD lässt die Beschaffung von Heron TP platzen

Die in Krisenländern wie Mali oder Afghanistan stationierten Bundeswehrsoldaten werden auf Unterstützung von bewaffneten deutschen Drohnen auf unbestimmte Zeit verzichten müssen. Der Grund: Die SPD hat am heutigen Mittwoch nach einer nervenaufreibenden Sitzung des Verteidigungsausschusses die Beschaffung von bewaffnungsfähigen Drohnen des Typs Heron TP aus israelischer Produktion von der Tagesordnung genommen. Damit ist das Vorhaben für die laufende Legislaturperiode gestorben.

Das Verteidigungsministerium wollte ursprünglich fünf Drohnen des israelischen Produzenten IAI für rund eine Mrd EUR leasen. Weitere Kosten von mehreren Hundert Millionen Euro waren bei  einer Verlegung in ein Einsatzland vorgesehen. Nach der heutigen Entscheidung wird sich voraussichtlich erst die nach den Wahlen im September gebildete Regierung mit der Beschaffung von bewaffnungsfähigen Drohnen erneut beschäftigen.  Das dürfte dann wahrscheinlich nicht vor Anfang kommenden Jahres erfolgen.

Die Vorlage zur Drohne wurde nicht verabschiedet, weil sie nicht entscheidungsreif sei,  sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Rainer Arnold, nach Ende der Sitzung. „Es hat sich an verschiedenen Stellen immer wieder gezeigt, dass wir im Kern Unterschiedliches wollen“, begründete Arnold das Scheitern der Vermittlungsbemühungen zwischen den beiden Koalitionsparteien. „Die Union hat durch immer neue Formulierungen versucht sichtbar zu machen,  sie will eigentlich eine Drohne, die man als Kampfdrohne einsetzt.“

Zwischenzeitlich hatte es so ausgesehen, als ob sich SPD und CDU auf einen Kompromiss einigen würden. Dabei stimmten sich die Verteidigungspolitiker beider Parteien offenbar mit ihren jeweiligen Fraktionsvorsitzenden ab. Erst gestern hatte der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann gegen die Beschaffung von Kampfdrohnen Stellung bezogen.

Laut Arnold will die SPD eine Drohne für Aufklärungszwecke anschaffen. Einer bewaffnungsfähigen Drohne habe man nur deshalb zugestimmt, weil es kein anderes UAV in der gewünschten Größe auf dem Markt gebe. Er kritisierte, dass seiner Partei die Details des Vertrages erst wenige Wochen vor Ende der Legislaturperiode übermittelt wurden. Durch dieses Vorgehen sei Vertrauen zerstört worden.

„Die Sozialdemokraten waren leider nicht bereit, einen Kompromiss zu schließen“, den man in mühseliger Arbeit im Verteidigungsausschuss gefunden habe, kommentierte der CSU-Verteidigungsexperte Florian Hahn die Entscheidung. Dieser  Kompromiss hätte es seiner Aussage zufolge ermöglicht, eine bewaffnungsfähige Drohne zu beschaffen – allerdings zunächst ohne Waffen.

Hahn sieht einen „großen Zusammenhang“ für den Dissens in der anstehenden Bundestagswahl. Es sei schade zu beobachten, dass sich die SPD rein wahlkampfbedingt „vom Acker macht“ und die Koalition sozusagen verlasse. Die SPD wolle sich mit ihrer heutigen Entscheidung den Grünen und der Partei Die Linke andienen, vermutet der CSU-Politiker. Der SPD sei offenbar der Wahlkampf wichtiger als der Schutz von Soldatinnen und Soldaten.

Christine Buchholz, verteidigungspolitische Sprecherin für Die Linke begrüßte, dass das Verteidigungsministerium zunächst mit der Beschaffung der Heron TP gescheitert ist.  Sie wies allerdings darauf hin, dass die Entscheidung lediglich verschoben wurde. Deshalb appelliert sie an die SPD gemeinsam mit ihrer Partei die Beschaffung der Heron TP als auch einer zukünftigen europäischen Kampfdrohne grundsätzlich zu verhindern und die vorgesehenen Titel aus der Haushaltsplanung zu streichen.

Der Verteidigungsexperte der Grünen, Tobias Lindner, teilte in einem Statement mit, dass seine Partei die vom Bundestag blockierte Beschaffung bewaffnungsfähiger Drohnen  begrüßt.

„Im Gegensatz zur Koalition wären wir jedoch dazu bereit gewesen, die Vorlage zu beraten und darüber abzustimmen. Dass sich die SPD im letzten Moment durch das Verteidigungsministerium über die Bewaffnungsfähigkeit der Drohne getäuscht fühlte, ist nur schwer nachvollziehbar“, heißt es weiter.  „Wer es wollte, konnte schon vor Monaten wissen, inwiefern das Beschaffungspaket, das das Verteidigungsministerium dem Bundestag für die Drohne Heron TP vorgelegt hat, eine Bewaffnung enthält. Diese Art des Vorgehens ist einer Regierungsfraktion nicht würdig. Bei einer ablehnenden Haltung hätte ein früheres Einlenken viel Aufwand sparen können.“
lah/28.6.2017

 

 

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