Die Beschaffung der fünf PULS-Mehrfachraketenwerfer (Purpose Universal Launching System), welche der Bundeswehr als Ersatz für die fünf an die Ukraine abgegebenen Raketenartilleriesysteme vom Typ MARS II dienen sollen, verzögert sich offenbar um ein weiteres halbes Jahr. Zudem ist weiterhin unklar, ob die PULS-Raketenwerfer GMLRS-Raketen verschießen dürfen.
Nach derzeitigen Planungen des Verteidigungsministeriums (BMVg) ist die Vorlage der sogenannten 25-Mio-Vorlage zur Beschaffung der fünf PULS-Raketenwerfer nunmehr für Ende 2024 geplant, wie aus einer auf den 5. Juni 2024 datierten Antwort des BMVg auf eine Frage des CDU-Bundestagsabgeordneten Ingo Gädechens – Mitglied im Haushaltsausschuss – hervorgeht, die hartpunkt vorliegt. In vorherigen BMVg-Antworten an das Parlament war die Vorlage noch für das 1. Quartal 2024 (Stand Oktober 2023) bzw. vor der Sommerpause 2024 (Stand Januar 2024) in Aussicht gestellt worden.
Offenbar ist zudem immer noch nicht final geklärt, ob die neuen Artilleriesysteme US-Raketen vom Typ GMLRS – wie sie beispielsweise auch beim Raketenartilleriesystem MARS II genutzt werden – verschießen werden oder nicht. Bereits in seiner Antwort vom Januar 2024 verwies das BMVg darauf, dass für die Integration der Raketen „die Genehmigung der US-Regierung zur Nutzung der militärischen GPS-Frequenzen und -empfänger und die Nutzungsfreigabe der Schnittstellendokumente des GMLRS-Herstellers“ benötigt wird, was offenbar im Bereich des Möglichen liegt. „Im Rahmen eines Gespräches der Rüstungsdirektoren Deutschlands und der USA wurde hierzu die grundsätzliche Bereitschaft signalisiert“, hieß es dazu in dem damaligen Schreiben des Ministeriums.
Rund ein halbes Jahr später scheint man in diesem Sachverhalt keine sonderlichen Fortschritte erzielt zu haben. „Die US-Regierung hat bezüglich einer Genehmigung zur Nutzung der militärischen GPS-Frequenzen und GPS-Empfänger sowie der Nutzungsfreigabe der Schnittstellendokumente des Herstellers der Raketen vom Typ GMLRS noch keine abschließende Aussage getroffen“, heißt es nun in der Antwort vom 5. Juni 2024.
Raketenartilleriesystem PULS
Der Mehrfachraketenwerfer Purpose Universal Launching System (PULS) des israelischen Rüstungskonzerns Elbit Systems kann eine breite Palette von Artillerieraketen mit einer Reichweite von 12 bis 300 km verschießen. Elbit gibt an, dass das „einzigartige“ Design des PULS viel Wachstumspotenzial biete. So könne das System beispielsweise zum Verschuss von Loitering Munition, einschließlich der Kanisterkonfiguration der SkyStriker Loitering Munition von Elbit Systems, befähigt werden. Zudem sei der PULS-Werfer vollständig an bestehende Rad- und Kettenplattformen anpassbar, was den Angaben des Herstellers zufolge zu einer erheblichen Reduzierung der Wartungs- und Ausbildungskosten führt.
Das Elbit-Raketenportfolio für den PULS beginnt mit der 122-mm-Rakete vom Typ Accular. Diese hat eine Reichweite von bis zu 35 km und einen 20-kg-Gefechtskopf. Für eine präzise Abstandwirkung jenseits der 100 km hat Elbit die marktverfügbare Extra im Angebot. Die Extra kann Elbit zufolge bis zu 150 km entfernte Ziele bis auf 10 m genau treffen. Das Gewicht des Gefechtskopfes beträgt 120 kg. Neben einer Unitary-Spreng-Splitter-Variante wird auch eine Penetrator-Variante angeboten. Die Predator-Hawk-Rakete kann noch weiter in die Tiefe wirken. Die Rakete hat laut Hersteller eine Reichweite von 300 km und eine Genauigkeit von 10 m. Das Gefechtskopfgewicht beträgt 140 kg.
PULS für die Bundeswehr
Die Bundesregierung hatte bereits im Oktober 2023 offiziell bestätigt, dass die fünf an die Ukraine abgegebenen MARS II durch fünf Raketenartilleriesysteme PULS des israelischen Rüstungskonzerns Elbit Systems ersetzt werden, welche über die Niederlande beschafft werden sollen. Die Niederlande hatte bereits April 2023 eine entsprechende Beschaffungsvereinbarung mit der israelischen Regierung getroffen, die offenbar auch eine Option über den Kauf zusätzlicher Systeme für Bündnispartner beinhaltete.
Die Wahl auf den Mehrfachraketenwerfer PULS fiel dem BMVg zufolge im Anschluss auf eine Abwägung von Möglichkeiten, wo „zwischen der Nachbeschaffung einer obsoleszenzbereinigten Version des MARS II und den marktverfügbaren Systemen PULS und HIMARS eine Bewertung durchgeführt“ wurde. Die Einschränkung auf marktverfügbare Systeme erfolgte mit Blick auf eine beschleunigte Beschaffung. „Die Bewertung möglicher Kandidaten erfolgte unter den Kriterien Erfüllung der Forderungen, Zulaufszeitachsen, Kooperation bei der Beschaffung und Interoperabilität mit Bündnispartnern“, heißt es dazu in einer damaligen Antwort der Bundesregierung.
Auf der Industrieseite hat man bereits in den beiden vergangenen Jahren Vorarbeiten für eine mögliche PULS-Beschaffung für die Bundeswehr geleistet. Im Rahmen der ILA 2024 wird zudem der Abschluss einer weiteren Kooperationsvereinbarung erwartet.
Als Ergebnis einer intensivierten Zusammenarbeit haben Krauss-Maffei Wegmann und Elbit Systems im Dezember 2022 mit dem Euro-PULS ein Nachfolgesystem für die Mehrfachraketenwerfer der Artillerie MARS/MLRS auf Basis des Multi-Purpose Universal Launching System (PULS) von Elbit Systems vorgestellt. Eine mögliche Euro-PULS-Lösung wäre im Vergleich zu dem PULS mit einem aus dem MARS II bekannten Feuerleitlösung ausgerüstet und hätte eine deutlich breitere Wirkmittelpalette integriert. Vorstellbar wären neben den israelischen Raketen auch deutsche Raketen wie die AT-2 beziehungsweise deren Nachfolgerakete oder eine mögliche SMArt-Rakete, wenn die Bundeswehr sich für die Beschaffung eines solchen Wirkmittels entscheiden sollte.
Zudem könnte das System auch dazu befähigt werden, neben Raketen auch Lenkflugkörper zu verschießen. Denkbar wären hier die in Entwicklung befindliche Joint Fire Support-Missile von MBDA Deutschland, aber auch andere Waffen wie die Naval Strike Missile von Kongsberg oder die RBS15 von Saab werden von mehreren Insidern als mögliche Kandidaten für den Verschuss aus einem zukünftigen Euro-PULS-Raketenartilleriesystem genannt, da sich sowohl Schweden als auch Norwegen für die Beschaffung des PULS interessieren. Dänemark, die Niederlande und Spanien haben sich bereits dafür entschieden. Interesse für das System gibt es zudem Italien.
Waldemar Geiger