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Frankreich bietet Beteiligung an Weiterentwicklung an

Das französische Verteidigungsministerium und der Flugzeugbauer Dassault sind bereit, die Schweiz in die Modernisierung des Kampfjets Rafale auf die Version F4 einzubeziehen. Voraussetzung ist natürlich, dass sich das schweizerische Verteidigungsministerium VBS für das französische Kampfflugzeug als Nachfolger für die F/A-18 der Eidgenossenschaft entscheidet.

Am Dienstag hatte das Team von Rafale International und des französischen Verteidigungsministeriums auf der Luftwaffenbasis Payerne  als dritter Anbieter nach Airbus und Boeing die Gelegenheit, die Vorzüge ihres Angebotes der Schweizer Presse zu präsentieren.

Die Franzosen betonten, dass die Schweiz die gleiche Konfiguration des Flugzeuges wie die Armee de l’Air im Jahr 2025 erhalten würde. Es sei eine Forderung des VBS, eine weitgehend mit den französischen Streitkräften übereinstimmende Version des Flugzeugs zu erhalten, sagte der Dassault-Berater und Ex-Luftwaffengeneral  Joel Rode am Rande der Veranstaltung. Frankreich hat im Augenblick 152 Maschinen des Typs Rafale im Dienst und will bis auf 225 aufstocken, wobei die Lieferungen bis weiter über 2030 erfolgen sollen.

Bei der Erabeitung der Spezifika der neuen Version, die als F4 bezeichnet wird, könnten Schweizer Experten eingebunden werden, betonte General Vincent Thomassier von der französischen Beschaffungsbehörde DGA. Seinen Worten zufolge ist ein Ausbau der militärischen Zusammenarbeit auch in anderen Bereichen – wie etwa der Cybersicherheit – denkbar. Laut Thomassier würde die Eidgenossenschaft das Flugzeug und die Bewaffnung ohne so genannte Black Boxes erhalten.

Diese auf dem Rollfeld vorgestellte Rafale brauchte am Dienstag nicht zu fliegen, da nur eine Maschine eine Mission im Ramen des Luftpolizeidienstes absolvierte. Foto: lah

Auch die französische Botschafterin in der Schweiz, Anne Paugam, stellte in ihrem Eingangsstatement heraus, dass Frankreich der Schweiz die Vertiefung der aktuellen Beziehungen und die Weiterentwicklung der Interoperabilität vorschlage – bei großem Respekt für die bewaffnete Neutralität der Schweiz. Frankreich biete ein „Werkzeug der Souveränität“, das ohne Auflagen, aus eigener Kraft und ohne Einflussnahme von außen betrieben und eingesetzt werden könne, sagte Paugam.

Herausforderung Topographie

Dassault-Berater Rode erläuterte in seinem Vortrag während der Veranstaltung einige technische Besonderheiten des Flugzeuges, die besonders mit Blick auf die topographisch herausfordernden Gegebenheiten der Schweiz hervorgehoben wurden.   So könne das Flugzeug etwa aufgrund seiner Sensorausstattung unter ihm fliegende zivile Flieger auch in Schlechtwettersituationen aus der Gefahrenzone in den Bergen dirigieren. Das ausgefeilte Collision Avoidance System sorge überdies dafür, die  Piloten auch bei Flugfehlern vor Unfällen zu schützen. Der Ex-General unterstrich, dass die Rafale über ein hochentwickeltes Geländefolgesystem verfügt. Dies ermögliche das Durchfliegen von engen Tälern, was Schutz vor Entdeckung durch Radaraufklärung biete. Das Kampfflugzeug wird auch für den Einsatz vom Flugzeugträger Charles de Gaulle genutzt und verfügt deshalb über die Fähigkeit zum langsamen Anflug und zum Start von kurzen Flugfeldern.

Nach Einschätzung von Rode biete das Flugzeug einen weiteren Vorteil durch die Nutzung der Infrarotlenkwaffe Mica für den Luftkampf. Diese Rakete habe eine vergleichbare Reichweite wie die amerikanische AMRAAM, könne aber auch im Nahbereich eingesetzt werden. Überdies sei mit ihr der „Schuss über die Schulter“ nach hinten möglich. Auf Wunsch könne die Schweiz allerdings auch in eigener Regie eine Lenkwaffe wie die AMRAAM einrüsten. Dassault werde dafür alle erforderlichen Daten bereitstellen.

Laut Dassault wurde die Rafale von Beginn an als Multi-Role-Kampfflieger für unterschiedliche Operationen sowohl Luft-Luft, Luft-Boden als auch Aufklärung ausgelegt. Dabei verfüge der Jet über die Fähigkeit zur Datenfusion. Es können demnach Informationen sowohl mit Bodentruppen, dem Luftlagezentrum als auch anderen Luftfahrzeugen und Drohnen ausgetauscht werden. Bereits seit 2013 nutzt  das Flugzeug laut Hersteller ein modernes AESA-Radar von Thales, was die parallele Abarbeitung verschiedener Aufgaben ermögliche.  Eine Besonderheit des Fliegers ist die Fähigkeit zur Betankung anderer Rafale-Jets in der Luft. Damit könnten die Maschinen länger im Einsatz gehalten werden, wenn der Einsatz großer Tankflugzeuge aufgrund deren erhöhter Gefährdung nicht möglich wäre.

Die Schweiz will dem Nachfolgemuster der F/A-18 auch Aufgaben wie den begrenzten Luft-Boden-Einsatz sowie Aufklärungsmissionen übertragen, die in der Vergangenheit von mehreren Flugzeugmustern wahrgenommen wurden.

Hohe Verfügbarkeit und günstige Wartung

Der französische Verteidigungsattache, Oberst Alexis Merdaci, stellte im Gespräch die Wartungsfreundlichkeit des Flugzeugs heraus. So habe Dassault beim Design großen Wert darauf gelegt, den direkten Zugang zu  wartungsintensiven Komponenten  zu ermöglichen. Deshalb müssten für den Austausch keine anderen Teile ausgebaut werden.  Laut Hersteller kann die Rafale – wenn sie etwa im Auslandseinsatz steht – bis zu 1.000 Flugstunden pro Jahr ohne größere Wartungen absolvieren und verfügt über die Fähigkeit zum Selbstcheck der Systeme. Aufgrund dieser Auslegung sei das Flugzeug besonders für die Schweizer Milizarmee geeignet. Einem Vertreter der französischen Luftwaffe in Payerne zufolge liegt die Verfügbarkeit der Maschine bei weit über 90 Prozent.

Nach Aussage von Merdaci  würden sich auch bei der Ausbildung von Piloten Synergien zwischen der schweizerischen und französischen Luftwaffe ergeben. Denn Frankreich werde seine in die Jahre gekommenen Alpha-Jets ausmustern und ebenso wie die Schweiz die Propellermaschine Pilatus PC-21 für das Training nutzen. Darüber hinaus stehen Doppelsitzer-Rafale für die Ausbildung zur Verfügung. Bereits heute trainieren Schweizer Piloten im grenznahen französischen Luftraum. Das Verteidigungsministerium in Paris bietet an, die Nutzung von französischen Übungsplätzen auszuweiten und beim Aufbau der Expertise von Luft-Boden-Operationen zu unterstützen.

In einem kürzlich vorgelegten Bericht für das VBS des externen Experten Claude Nicollier werden vier Kriterien für die Auswahl der neuen Kampfflugzeuge aufgeführt. Soll sollten die Jets über eine hohe Konnektivität verfügen,  ein  angemessenes Maß an Autonomie beim Management und bei möglichen Änderungen der Software von Computersystemen gewährleistet sein,  Biokraftstoff verwenden können und gewisse Stealth-Eigenschaften aufweisen. Dabei handelt es sich allerdings nur um Vorschläge, die nicht zwingend vom VBS übernommen werden müssen.

Bio-Kraftstoff wäre nutzbar

Die ersten beiden Punkte wurden während der Präsentation direkt angesprochen. Auf Nachfrage sagte der Leiter des Berner Büros von Rafale International, Jean-Michel Meyer, dass laut Hersteller Safran das Triebwerk M88 bei Bedarf auch auf Bio-Kraftstoff umgestellt werden könne. Dies sei jedoch noch nicht zertifiziert, das es bislang keinen Bedarf dafür gebe.

Angetreten waren in Payerne Dassault mit seinen beiden Partnern Thales  und Safran als Rafale International. Dieser Zusammenschluss, an dem Dassault 60 Prozent und die beiden anderen Unternehmen je 20 Prozent halten, managt den Export des Kampfflugzeuges. Die drei Firmen würden sich auch gemeinsam um die Erfüllung der Offset-Forderungen der Schweizer kümmern, die vor wenigen Wochen von 100 Prozent auf 60 Prozent abgesenkt wurden. Die Franzosen versprechen einen Technologietransfer und die Einbindung der schweizerischen Wirtschaft in die Weiterentwicklung der Rafale. Dassault-Berater Rode kann sich unter anderem vorstellen, das Schweizer Know-How in punkto künstliche Intelligenz für die Verbesserung der Flugmanagement-Systeme zu nutzen.

Im Vergleich zur Präsentation von Boeing vor wenigen Wochen machte das Team um Dassault den Eindruck, wesentlich besser auf die Besonderheiten der Schweiz vorbereitet zu sein und die für die Eidgenossenschaft wichtigen Punkte anzusprechen. Auch standen den Journalisten  erfahrene und sprechfähige Ansprechpartner zur Verfügung. Eine Herausforderung dürfte sich jedoch für alle Teilnehmer am Wettbewerb ergeben: Das VBS hat vor kurzem die für die Beschaffung der neuen Kampfflugzeuge verfügbaren Mittel auf sechs Mrd CHF begrenzt. Damit dürfte nur eine begrenzte Zahl von Maschinen zu kaufen sein, was die Stückkosten womöglich hochtreibt.
lah/22.5.2019

 

 

 

 

 

 

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