Die Bundesregierung will in Sachen Cybersicherheit offenbar den Sprung vom Zweitligisten an die Weltspitze versuchen. Dazu soll möglichst noch in diesem Jahr die Agentur für Disruptive Innovationen in der Cybersicherheit und Schlüsseltechnologien (ADIC) gegründet werden, wie der Leiter des ADIC-Aufbaustabes, Oberst Frank Werner Trettin, am Donnerstag auf der 32. AFCEA-Fachausstellung in Bonn ankündigte.
Die Aufgabe der ADIC werde es sein, Bundesministerien, Wirtschaft und Wissenschaft bei Forschungsvorhaben zur Cyber-Sicherheit einzubinden, erläuterte Trettin. „Wir müssen die Forschungslandschaft koordinieren und steuern.“ Dabei geht es offenbar vor allem um Grundlagenforschung, bei der ein marktverwertbares Ergebnis nicht zwingend am Ende stehen muss.
Als Vorbild diene die DARPA in den USA. Das Kürzel steht für Defense Advanced Research Projects Agency. Deren Mission ist es, „to make pivotal investments in breakthrough technologies for national security“, wie es auf der DARPA-Homepage heißt. Dadurch wollen die USA sicherstellen, dass das Land Initiator und nicht Opfer von strategischen Überraschungen im Feld der Technologie wird. Die Gründung der Agentur erfolgte vor 60 Jahren unmittelbar nach dem Sputnik-Schock.
Während die DARPA jedoch ein breites Forschungsspektrum abbildet, beschränkt sich die ADIC auf das Gebiet der Informationstechnologie. Das wird sich auch in der finanziellen Ausstattung widerspiegeln: Im Gegensatz zur DARPA, die über 2,5 Mrd USD pro Jahr verfüge, könne die ADIC womöglich mit einer halben Milliarde EUR ausgestattet werden, sagte Trettin. Er schränkte jedoch ein, dass es vermutlich mehr als ein Jahrzehnt dauern wird, bis ein dreistelliges Millionenbudget erreicht wird.
Finanziell getragen wird die neue Agentur zu gleichen Teilen vom Verteidigungs- und vom Innenministerium (BMI). Ein Passus dazu findet sich im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD. Dort heißt es: „Zur Sicherstellung technologischer Innovationsführerschaft werden wir unter Federführung des Bundesministeriums der Verteidigung und des Bundesministeriums des Innern eine „Agentur für Disruptive Innovationen in der Cybersicherheit und Schlüsseltechnologien“ (ADIC) sowie einen IT-Sicherheitsfonds zum Schutz sicherheitsrelevanter Schlüsseltechnologien einrichten.“
Bis zum Wochenende läuft noch die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für die ADIC, wie Trettin ausführte. Erst danach soll die Rechtsform und der zukünftige Standort festgelegt werden. Nach Aussage des Bundeswehr-Offiziers wird eine parlamentarische Entscheidung zur ADIC noch vor der Sommerpause angestrebt, so dass bis Ende des Jahres die Gründung erfolgen kann. Spätestens ein Jahr nach Gründung soll die Agentur aufgebaut sein.
Während die DARPA über 140 Mitarbeiter verfüge, solle die ADIC mit der Hälfte auskommen. Wobei es sich nicht unbedingt um Vollzeit-Stellen handeln wird. Man wolle „schlank und agil“ agieren sowie über flache Hierarchien verfügen, sagte Trettin. Dabei werde durchaus daran gedacht, mit anderen europäischen Partnern – etwa Frankreich – zusammenzuarbeiten.
Die Einrichtung der ADIC hat dem Vernehmen nach einen wesentlichen Impuls durch den Wunsch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron erhalten, eine ähnliche Agentur auf europäischer Ebene einzurichten.
Die Forschungsförderung der ADIC wird nach Aussage von Trettin in erster Linie externe Forschungseinrichtungen einbinden. Dabei sollen Aufträge bei Bedarf auch an ausländische Labors vergeben werden. Für Aussagen zu möglichen Forschungsfeldern sei es noch zu früh, sagte Trettin. Er kann sich jedoch als Pilotprojekt die Erforschung von Quantencomputern vorstellen.
Auf der zweitägigen AFCEA-Fachausstellung zum Thema Informations- und Kommunikationstechnik im Bonner Maritim Hotel waren in diesem Jahr 149 Aussteller vertreten – ein Plus gegenüber 2017 von 13 Ausstellern.
lah/12.4.2018