Für den Flugzeugbauer Airbus wird es immer schwieriger, wie geplant mindestens 20 Militärtransporter des Typs A400M in diesem Jahr an seine Endkunden auszuliefern. Der Grund dafür sind die offenbar gravierenden Mängel an den Triebwerks-Getrieben. Wie es in einem Hintergrundpapier des Unternehmens für die Abgeordneten des Verteidigungsausschusses heißt, liegt die Produktionskapazität gegenwärtig zwar bei 23 Flugzeugen pro Jahr, diese könne aufgrund fehlender Triebwerke jedoch nicht erreicht werden.
Ursache seien vor allem die technischen Schwierigkeiten des Herstellers EPI mit dem Propellergetriebe, das wiederum vom italienischen Unterauftragnehmer Avio produziert wird. Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass sich aus dem Getriebe Metallpartikel lösen können. Aus diesem Grund hatte die Luftsicherheitsagentur EASA nach jeweils 20 Nutzungsstunden eine Inspektion angeordnet.
Airbus will Getriebe anpassen
Der Getriebeproblematik will Airbus laut Papier in dreifacher Weise begegnen: Erstens durch den Austausch von Triebwerken, zweitens durch die Änderung des betroffenen Bauteils und die Anhebung der EASA-Inspektionsanordnung und als letztes durch eine „Anpassentwicklung des Getriebes“ zur Eliminierung von schädlichen Schwingungen und zum Erreichen der vorgesehenen Betriebszeiten.
Hinsichtlich des letzten Punktes war in einer ersten Version des Papieres von einem langfristigen Re-Design die Rede, für das inklusive Zulassung ein Zeitraum von zwei bis drei Jahren veranschlagt wurde. Von Airbus wurde dies jedoch umgehend dementiert, löste allerdings bei Parlamentariern und Ministerium Verwirrung aus.
Bis sieben Monate für Bauteilveränderung
Wie aus der Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervorgeht, rechnet man bei der zweiten Option – der Änderung des betroffenen Bauteils – mit einem Zeitaufwand von fünf bis sieben Monaten allein für die Erarbeitung. Der Austausch könne dann im Fliegerhorst Wunstorf erfolgen und drei bis sechs Wochen pro Flugzeug in Anspruch nehmen. Laut BMVg laufen gegenwärtig mit der EASA Gespräche, die Prüfintervalle zu verlängern. Um das „Betriebsverhalten der Getriebe besser zu verstehen“, würden Teststandläufe bei Avio absolviert, die noch im ersten Halbjahr Ergebnisse liefern sollen.
Airbus unternehme „alles in seiner Macht stehende“, um die Situation zu verbessern, heißt es in dem Papier weiter. So habe das Unternehmen Mitarbeiter zu Avio vor Ort entsandt. Zusätzlich seien Getriebespezialisten von Airbus Helicopters, Siemens und weiteren Firmen hinzugezogen worden.
Aufgrund der Schwierigkeiten werde gegenwärtig ein neuer Lieferplan erstellt. Airbus versichert, dass die derzeitigen Probleme im Triebwerkbereich „insgesamt lösbar“ seien – die dadurch entstandene Verzögerung könne jedoch nicht vollständig aufgeholt werden. Konkrete Zeitangaben macht das Unternehmen nicht.
Verteidigungsausschuss verlangt Bericht
Nicht zuletzt wegen der neu aufgetretenen Probleme will derer Verteidigungs-Ausschuss des Bundestages die Einführung des A400M in Zukunft enger begleiten und hat bis Mitte Juni einen detaillierten Bericht des Verteidigungsministeriums angefordert. Wie der Ausschussvorsitzende Wolfgang Hellmich erläuterte, geht es in dem Bericht um den technischen Zustand und die Fähigkeiten des Flugzeugs. So müsse die Frage geklärt werden, wo der Flieger landen könne und welche Selbstschutz-Möglichkeiten bestünden. Im Augenblick geht Hellmich davon aus, dass der A400M nur mit eingeschränkten Fähigkeiten gegenüber den ursprünglichen Anforderungen „das Licht der Welt erblickt“. Es sei noch nicht die abschließende Aussage getroffen worden, welche militärischen Anforderungen der A400M erfülle.
Sollte sich die Auslieferung weiter verzögern, könnte es zu Engpässen bei der Luftwaffe kommen. Bereits im Ende April veröffentlichten Rüstungsbericht heißt es, dass die Einsatzreife und die Versorgungsreife des A400M noch nicht ausreichend gegeben seien. „Aufgrund der hohen Anzahl der durch den Hersteller zu vertretenden gravierenden Risiken ist der Fähigkeitsaufwuchs A400M auf der Zeitlinie nicht mehr zuverlässig ausplanbar“. Vor dem Hintergrund, dass die C-160 Transall nur noch bis 2021 im Dienst steht, könne dies negative Auswirkungen insbesondere auf den taktischen Lufttransport haben.
Luftwaffe denkt an zusätzliche Flugzeugmuster
In der Luftwaffe werden deshalb offenbar Überlegungen angestellt, inwieweit zusätzliche Flugzeugmuster eingesetzt werden könnten, um bestimmte taktische Anforderungen zu erfüllen. Ob nur für bestimmte Einheiten wie das KSK und in welcher Stückzahl der Bedarf besteht, muss offenbar noch zwischen BMVg und Luftwaffe ausgehandelt werden.
Andere Nationen haben dies bereits vorgemacht. So beschafft Frankreich – nicht zuletzt wegen der Abnutzung der eigenen Transall-Flotte – neben dem A400M amerikanische Hercules C-130 für seine Spezialkräfte und das Betanken von Hubschraubern. Für Deutschland scheinen außer der C-130 auch Flugzeugmuster wie die C-295 von Airbus oder die C-27J von Alenia in Frage zu kommen.
Nach Aussage des CSU-Verteidigungsexperten Florian Hahn liegen Vorschläge für eine Ergänzung des Flugzeugbestandes bereits beim Generalinspekteur. Aufgrund der zunehmenden Einsätze sieht der Politiker einen Bedarf an weiteren Transportern.
Insgesamt wurden bislang 26 Airbus-Transporter A400M ausgeliefert. Die Luftwaffe verfügt derzeit über drei Exemplare, die vierte Maschine befindet sich laute Airbus derzeit im Abnahmeprozess. Die Übergabe sei für Anfang Juni geplant.
lah/12/12.5.2016