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Verkauf der Elektronik- und Sensorsparte geht in Endphase

Der europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern Airbus macht Fortschritte beim Verkauf seiner Elektronik- und Sensorsparte. Wie ein Sprecher des Unternehmens bestätigte, sind bereits mehrere Angebote für den Geschäftsbereich eingegangen. Der Geschäftszweig steht für ein Umsatzvolumen von etwa 1,1 Mrd EUR sowie 4.800 Mitarbeiter – die meisten davon in Deutschland.

Als mögliche Bieter werden in Fachkreisen der französische Konzern Thales sowie das deutsche Unternehmen Rheinmetall gehandelt. Presseberichten zufolge sollen auch Finanzinvestoren unter Beteiligung der US-Private-Equity-Gesellschaft Carlyle einen Blick auf Airbus geworfen haben. Während Rheinmetall jeden Kommentar ablehnt, sagte ein Thales-Sprecher, dass sein Unternehmen „weiterhin Interesse“ an den Airbus-Geschäftsfeldern habe.

Auslöser der Abspaltung ist die Entscheidung von Airbus-Chef Tom Enders aus dem vergangenen Jahr, sich nur noch auf Flugzeuge und Flugkörper zu konzentrieren. Fachkreise rechnen damit, dass sich der Verkaufsprozess noch bis Ende des Jahres hinziehen wird.

Elektronik gilt als Schlüsseltechnologie

Pikant wird die angestrebte Transaktion durch den Umstand, dass die zum Verkauf stehenden Bereiche gemäß Einstufung des Verteidigungsministeriums Schlüsseltechnologien produzieren, die unter deutscher Kontrolle bleiben sollen. Erst vor wenigen Monaten hatte das BMVg eine Liste dieser Schlüsseltechnologien vorgelegt. Neben Sensorik zählen dazu etwa Verschlüsselungstechnik, Panzer, Unterseeboote und Schutztechnik.

Im Verkaufspaket, in dem verschiedene Airbus-Geschäftsbereiche – darunter auch Optik und Grenzsicherung – offenbar unter dem Codenamen Orlando zusammengefasst sind, befindet sich auch die in Ulm beheimatete Radarsparte. In dieser ist fast das gesamte deutsche Radar-Know-how konzentriert. So wird in Ulm das Radar für die neue Fregatte F125 entwickelt, so wie in der Vergangenheit die Radare für die anderen Fregatten der Bundesmarine. Für die F124 wurden wichtige Radarkomponenten zugeliefert. Auch das neue AESA-Radar für den Eurofighter soll anteilig aus Ulm kommen, wie dies bereits für das eingeführte System geschehen ist.

Auch SIGINT der Luftwaffe betroffen

Im Rahmen von Orlando soll auch der Bereich elektronische Kriegführung sowie Signal Intelligence (SIGINT) mit veräußert werden. Hier arbeitet Airbus bereits seit Jahren an der SIGINT-Ausstattung für die Eurohawk-Drohne. Nachdem die Einführung des Eurohawk im Jahr 2013 aus Kostengründen abgebrochen wurde, denkt die Bundeswehr gegenwärtig darüber nach, die SIGINT-Technik mit dem Namen ISIS in das Nachfolgemodell Triton – ebenfalls vom US-Hersteller Northrop Grumman – einzubauen. Nachdem die betagten Aufklärungsflugzeuge des Typs Breguet Atlantic mit amerikanischer Technik vor einigen Jahren stillgelegt wurden, weist die Luftwaffe im Bereich SIGINT gegenwärtig eine Fähigkeitslücke auf.

Der drohende Verlust dieser Technologien an ausländische Bieter hat deutsche Politiker auf den Plan gerufen. So hält der verteidigungspolitische Sprecher der SPD im Bundestags-Verteidigungsausschuss, Rainer Arnold, eine Veräußerung ins Ausland für falsch. Die Elektronik-Sparte von Airbus dürfe nicht an Thales verkauft werden, forderte Arnold Anfang des Monats auf einer Konferenz. Offenbar reagierte er damit auf Marktgerüchte, wonach Thales wahrscheinlich den Zuschlag bekommen werde.

Der SPD-Politiker hat sich in der Vergangenheit bereits als Gegner der Fusion der beiden Panzerbauer Nexter und KMW positioniert, weil er einen Ausverkauf deutscher Technologie und den Verlust von Arbeitsplätzen hierzulande fürchtet.

Otte gegen Verkauf an „Heuschrecke“

Auch der Sprecher der CDU im Verteidigungsausschuss, Hennig Otte, ist strikt gegen einen Verkauf an nicht-deutsche Eigentümer. Er betont, dass die sensorischen und elektronischen Fähigkeiten von Airbus-Orlando gemäß Definition der Bundesregierung zu den deutschen Schlüsseltechnologien zählen. „Wenn wir diese Definition mit Leben füllen wollen, dann verbietet sich ein Verkauf an eine Heuschrecke oder ins Ausland. Der Verlust von Kompetenzen ergibt auch ein eklatantes Sicherheitsrisiko und einen Souveränitätsverlust“, fürchtet Otte. Er verlangt, dass im Fall von Konsolidierungen zunächst nationale Lösungen angestrebt werden müssen, „damit die Bundeswehr bei Schlüsselausrüstung nicht Kunde zweiter Klasse wird“.

Das Verteidigungsministerium scheint unterdessen zuversichtlich zu sein, doch noch eine deutsche Lösung unter Einbindung von Rheinmetall zu finden. Zumindest betonte die für Rüstung zuständige Staatssekretärin Katrin Suder Anfang des Monats auf einer Konferenz, dass sie Sensorik weiter als Schlüsseltechnologie sieht.
lah/23.10.2015

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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