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Startschuss könnte in Kürze fallen

Mit der Außerdienststellung der Heeresflugabwehrtruppe klafft in den landmobilen Verbänden der Bundeswehr eine riesige Fähigkeitslücke beim Schutz vor Bedrohungen aus der Luft. Um hier Abhilfe zu schaffen, laufen schon seit Jahren die Planungen für den Aufbau eines Nah- und Nächstbereichsschutzes (NNbS) unter Federführung der Luftwaffe. Nachdem sich das Projekt immer wieder verzögert hat, scheint jetzt Dynamik in den Prozess zu kommen.

So hieß es bereits im Juli in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP im Bundestag: „Vor allem priorisiert das BMVg den möglichst schnellen Einstieg in eine Anfangsbefähigung für ein Luftverteidigungssystem zum Nah- und Nächstbereichsschutz und hat im Entwurf für den Haushalt 2022 entsprechende Mittel vorgesehen.“

In gut informierten Kreisen wird gemutmaßt, dass in einem ersten Schritt über 100 Millionen Euro eingesetzt werden könnten. Dabei geht es zunächst darum, den technischen Rahmen für NNbS fertig zu entwickeln. Unklar scheint noch zu sein, ob eine europäische Ausschreibung oder eine Direktvergabe gemäß Artikel 346 AEUV erfolgen wird. Insider erwarten allerdings noch im laufenden Jahr die Aufforderung zum Angebot. Einige Beobachter sehen sogar die Möglichkeit der Angebotsaufforderung in den kommenden Wochen.

Sollten die bereits seit geraumer Zeit kursierenden Informationen zutreffen, dass das von Airbus im Auftrag des BMVg entwickelte Battle Management System IBMS als wesentlicher Bestandteil von NNbS vorgegeben wird und neben der Iris-T SL für die Mitteldistanz die deutlich kleinere Iris-T SLS – eine nur leicht veränderte Variante des Kampfflugzeug-Flugkörpers Iris-T für den Boden-Luft-Einsatz – für die kurze Distanz gesetzt sind, dürften gute Chancen bestehen, dass ein Anbieterkonsortium aus Diehl, Hensoldt und Rheinmetall direkt zur Angebotserstellung aufgefordert wird.

Würde der Vertrag im kommenden Jahr geschlossen werden, gehen Beobachter davon aus, dass die Fertigentwicklung des Vorhabens rund drei Jahre in Anspruch nimmt. Neben der Integration von Radar, BMS und den Flugkörpern in ein Gesamtsystem, müssen diese Komponenten noch auf mobile Plattformen gebracht werden. Aus Kostengründen scheint sich hier eine Verlastung auf Lkw-Plattformen statt auf Gefechtsfahrzeugen anzudeuten. Außerdem müssen noch Launch-Kanister für die Iris-T SLS entwickelt werden. Hier dürfte Diehl im Lead sein. Die an die schwedischen Streitkräfte gelieferten Iris-T SLS zur Flugabwehr werden noch von Schienensystemen gestartet.

Mit Spannung wird erwartet, ob im Rahmen des Teilprojektes 1 von NNbS auch eine Kanonenlösung gefordert wird. Während sich die im Zuständigkeitsbereich des Heeres befindliche „qualifizierte Fliegerabwehr“ weiter hinter dem Zeitplan befinden soll, ist es gegenwärtig erstaunlich still hinsichtlich einer möglichen Nutzung des 35mm-Flugabwehrpanzers Skyranger von Rheinmetall – obwohl der Bundeswehr eine leistungsfähige Rohrwaffe zur Flugabwehr fehlt. Dagegen scheinen andere Staaten bei dem Thema aufs Tempo zu drücken. So hat Ungarn dem Vernehmen nach mit Rheinmetall ein Memorandum of Understanding geschlossen, wonach das deutsche Unternehmen die zu Jahresbeginn vorgestellte und vom Skyranger abgeleitet Variante eines Turmes mit einer 30mm-Kanone im Auftrag der Ungarn weiterentwickeln soll.
lah/21.9.2021

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