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Rheinmetall verzeichnet zweistelliges Wachstum

Lars Hoffmann

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Die Düsseldorfer Rheinmetall AG hat im Geschäftsjahr 2023 aufgrund der starken Nachfrage nach Rüstungsgütern Rekordwerte bei Ergebnis und Auftragsbestand verzeichnet. Wie der Konzern in einer Mitteilung schreibt, legte der Umsatz um 12 Prozent auf 7,176 Milliarden Euro zu. Beim EBIT vor Kaufpreisallokation wurde ein Wert von rund 968 Millionen Euro, nach 747 Millionen Euro im Vorjahr erzielt. Das Operative Ergebnis machte einen Sprung um 19 Prozent und erreichte mit 918 Millionen Euro einen neuen Rekordwert. Beim Auftragsbestand weist Rheinmetall einen Wert von 38,3 Milliarden Euro auf – ein Plus von 44 Prozent zum Vorjahr.

Für das Geschäftsjahr 2024 prognostiziert der Rüstungs- und Automotive-Konzern angesichts des sicherheitspolitischen Umfelds ein anhaltend starkes Umsatz- und Ergebniswachstum. Erstmals in der Konzerngeschichte soll das Umsatzvolumen die Größenordnung von zehn Milliarden Euro erreichen.

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Artillerie

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Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender der Rheinmetall AG, sagte während der heutigen virtuellen Bilanzpressekonferenz, dass er einen der größten Treiber für das zukünftige Geschäft im Bereich der Artilleriemunition sieht. Dessen Umsatzpotenzial für das Unternehmen schätzt er mittelfristig auf 3,5 Milliarden Euro. So soll die Fertigung von 70.000 Schuss vor dem Ukraine-Krieg auf rund 700.000 Schuss im laufenden Jahr erhöht werden. Dazu werden Papperger zufolge die zahlreichen ausländischen Produktionsstätten beitragen, deren Kapazität ausgebaut werde. In der Planung sei im Augenblick überdies, der Aufbau von Produktionskapazitäten in der Ukraine und Litauen. Nach Inbetriebnahme dieser Werke plant Rheinmetall 2027 auf eine Fertigungskapazität von 1,1 Millionen Schuss pro Jahr zu kommen.

Laut Pappberger steht Rheinmetall vor dem Abschluss eines Rahmenvertrages mit der Bundesregierung für 2,2 Millionen Schuss Artilleriemunition. Demnach sollen in Zukunft aus dem gegenwärtig in Bau befindlichen Werk Niedersachsen in Unterlüß pro Jahr mindestens 200.000 Schuss über einen Zeitraum von zehn Jahren geliefert werden. Allein dieser Vertrag mit Geschossen, Zündern und Treibladungen – also „Full Shot“ – sei zwischen 12 und 14 Milliarden Euro groß. Dem Rheinmetall-CEO zufolge haben auch andere Länder Interesse, Munitions-Rahmenverträge mit seinem Unternehmen zu schließen. So war die dänische Ministerpräsidentin Mette Fredriksen vor wenigen Wochen zum symbolischen Spatenstich für das Werk Niedersachsen nach Deutschland gereist.

Aufgrund der zahlreichen anstehenden Projekte für die Bundeswehr, von Munition, über den Schweren Waffenträger Infanterie, Luftverteidigungssysteme, Waffenanlagen für Haubitzen und Panzer, bis hin zu elektronischer Ausstattung sieht Pappberger die Chance, in diesem Jahr Verträge mit der Bundesregierung im Volumen von 20 bis 30 Milliarden Euro zu buchen.

Im Bereich der Artillerie wird neben der Geschossfertigung auch die Treibladungsproduktion massiv ausgebaut mit dem Ziel, eine Gesamtkapazität von 11.000 Tonnen zu erreichen. So soll beispielsweise bei der spanischen Tochter die Pulverherstellung von 1.000 auf 3.000 Tonnen steigen, genauso wie in Südafrika. Die größte Investition entfällt auf das Werk Niedersachsen, in dessen Bau 300 Millionen Euro fließen.

Überdies sieht Rheinmetall laut Pappberger Umsatzchancen im Bereich der Raketenartillerie, etwa durch den Bau von Raketenmotoren, im Volumen von 1 bis 1,5 Milliarden Euro. Dabei stütze man sich auf die Partner Lockheed Martin und Elbit.

Digitalisierung

„Die Digitalisierung ist ein neues Wachstumsfeld der Rheinmetall“, sagte Papperger. Diese umfasse mehrere Programme, wie etwa D-LBO (Digitalisierung landbasierter Operationen), die Digitalisierung der ungarischen Streitkräfte oder das Tactical Wide Aerea Network (TAWAN). Rheinmetall rechnet sich bei allen Vorhaben Geschäftschancen aus. „Wir werden mehr und mehr ein Digitalisierungshaus. Wir kümmern uns mehr und mehr um Software.“

Begonnen habe man dabei mit dem Soldatensystem, sagte Papperger. Rheinmetall habe ein leistungsfähiges Soldatensystem für die Bundeswehr entwickelt. Er geht davon aus, dass ein solches System kurzfristig auch der ungarischen Regierung geliefert werden können. Das sei die Basis dafür, in die Middleware und andere Software-Plattformen zu kommen, so dass man ein Umsatzpotenzial von zwei Milliarden Euro pro Jahr bei der Digitalisierung sehe.

Luftfahrt

Eine neues Geschäftsfeld ist für Rheinmetall der Bau von Mittelrumpfteilen für den Kampfjet F-35. Dafür wird gegenwärtig in Nordrhein-Westfalen ein Werk gebaut. Papperger zufolge soll im Frühjahr kommenden Jahres die Ausrüstung der Fabrik zertifiziert werden und danach die Produktion anlaufen. Die Auslieferung der ersten Teile sei dann für 2025 vorgesehen. Der Rheinmetall sieht für des Segment Aviation ein Umsatzziel von einer Milliarde Euro pro Jahr.

Lager- und Auftragsbestand

Wie er weiter ausführte, hat sein Unternehmen mittlerweile Lagerbestände von 3,2 Milliarden Euro aufgebaut. Trotz der Übernahme von Expal im vergangenen Jahr, verfüge Rheinmetall über eine sehr starke finanzielle Basis mit einem geringen Verschuldungsstand in der Bilanz. Papperger führt dies unter anderem darauf zurück, dass Kunden das Unternehmen durch Vorauszahlungen für Aufträge stärken.

Das Geschäftsjahr 2023 war laut Rheinmetall erneut von deutlichen Umsatzsteigerungen bei Vehicle Systems sowie bei Weapon and Ammunition geprägt. Die Bereiche profitierten in besonderem Maße von der steigenden Nachfrage in Folge der durch den Ukraine-Krieg eingeleiteten Zeitenwende. Am 1. August 2023 erfolgte der Übergang der betrieblichen Aktivitäten von Expal Systems unter die Führung von Rheinmetall.

Am 31. Dezember 2023 lag der Rheinmetall-Auftragsbestand bei 38,3 Milliarden Euro und erreichte damit nach 26,6 Milliarden Euro im Vorjahr einen neuen Höchstwert. In diesen Wert sind sowohl der verbindliche Auftragsbestand (Order Backlog) und der Bestand an Rahmenverträgen (Frame Backlog) als auch der Nominated Backlog des zivilen Konzerngeschäfts einbezogen.

Vehicle Systems

Vehicle Systems erzielte mit seinen Aktivitäten im Bereich der militärischen Rad- und Kettenfahrzeuge im Geschäftsjahr 2023 einen Umsatz in Höhe von 2,609 Milliarden Euro. Gegenüber dem Vorjahreswert von 2,270 Milliarden Euro erhöhte sich der Umsatz deutlich um rund 15 Prozent.

Wesentliche Umsatzbeiträge wurden dabei unter anderem durch die Übergabe von Schützenpanzern des Typs Lynx an die Streitkräfte Ungarns sowie durch Ringtauschprogramme im Rahmen des Ukraine-Kriegs realisiert. Außerdem erfolgte die Lieferung von Wechsellader-Lkw und anderen Logistikfahrzeugen der Baureihen HX, TGS und TGM an die Kundenländer Großbritannien, Australien, Norwegen und Schweden. Wie im Vorjahr wurden wesentliche Umsatzanteile im Rahmen von Auslieferungen im Zuge eines australischen Großauftrags über taktische Fahrzeuge erzielt, der die Produktion von 211 Radpanzern des Typs Boxer umfasst.

Besonders deutlich schlug sich die Zeitenwende laut Mitteilung in der Auftragssituation nieder. Der Anteil der Vehicle Systems an der Rheinmetall Nomination erreichte mit 7,144 Milliarden Euro mehr als das Vierfache des Vorjahres 2022, als 1,564 Milliarden EUR eingebucht wurden. Größte Einzelposten waren hierbei ein gemeinsamer Rahmenvertrag für Luftlandefahrzeuge der Bundeswehr und der niederländischen Streitkräfte im Wert von über einer Milliarde Euro sowie ein Auftrag aus den USA im Schützenpanzer-Programm XM30 im Wert von rund 700 Millionen Euro. Weitere wesentliche Auftragseingänge konnten durch die von der deutschen Bundesregierung beauftragten Schützenpanzer Puma (zweites Los) sowie ein Leopard-2-Upgrade für Norwegen erzielt werden.

Weapon and Ammunition

Weapon and Ammunition erzielte mit Aktivitäten bei Waffensystemen und Munition im Berichtsjahr einen Umsatz von 1,756 Milliarden Euro. Gemessen am Vorjahreswert entspricht dies einem Umsatzwachstum von 397 Millionen Euro oder 29 Prozent. Deutliche Wachstumsimpulse kamen hierbei neben Deutschland aus weiteren NATO-Staaten im osteuropäischen Raum sowie aus der Ukraine.

Der Anteil von Weapon and Ammunition an der Rheinmetall Nomination erreichte mit 8,238 Milliarden Euro ein neues Rekordniveau und konnte mit einem Zuwachs von 4,979 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt werden. Hervorzuheben sind laut Rheinmetall zwei mehrjährige Rahmenverträge für Panzermunition (3,2 Milliarden Euro) und Artilleriemunition (1,4 Milliarden Euro) mit dem deutschen Kunden sowie auch Direktaufträge aus der Ukraine, die ein Volumen von rund 1,7 Milliarden Euro aben. Außerhalb Europas konnte mit einem Schnellnebel-Schutzsystem für die australische Marine ein weiterer wichtiger Vertriebserfolg verbucht werden.

Electronic Solutions

Electronic Solutions erzielte mit Lösungen im Bereich der Verteidigungselektronik im Geschäftsjahr 2023 einen Umsatz von 1,318 Milliarden Euro und übertraf damit den Vorjahreswert um 13 Prozent (Vorjahr: 1,164 Milliarden Euro). Ein wesentlicher Beitrag zu dieser Umsatzsteigerung wurde durch Umsätze aus einem im Geschäftsjahr 2022 erteilten Großauftrag für die Lieferung von Skynex-Flugabwehrsystemen für einen europäischen Kunden erzielt. Weitere relevante Umsätze resultierten aus dem Anteil an den Großprojekten Schützenpanzer Lynx für Ungarn, Schützenpanzer Puma für die Bundeswehr, Boxer-Radpanzer für Australien sowie aus der Lieferung von Gefechtshelmen für einen im Vorjahr erteilten Großauftrag des deutschen Heeres.

Der Rheinmetall Nomination von Electronic Solutions stieg im Geschäftsjahr 2023 auf einen Rekordwert von 2,183 Milliarden Euro (Vorjahr: 1,724 Milliarden Euro).  Der Mitteilung zufolge beziehen sich die größten Einzelaufträge sich auf Skynex-Flugabwehrsysteme für zwei Kundenländer im Wert von insgesamt rund 700 Millionen Euro sowie auf Zulieferungen elektronischer Komponenten für den Schützenpanzer Puma der Bundeswehr. Auch die Folgebeauftragung eines Drohnensystems für die Bundeswehr zur Aufklärung in mittlerer Reichweite schlug sich im Auftragsbuch nieder.

Ausblick

In der ganz langen Sicht rechnet Rheinmetall-CEO Papperger mit einem Umsatzpotenzial von 20 Milliarden Euro für seinen Konzern. Dabei komme das Wachstum aus dem militärischen Bereich, betonte er. Der zivile Umsatzanteil könne womöglich bereits in den kommenden Jahren auf unter 20 Prozent fallen. Gegenwärtig scanne man rund 100 Firmen, die zu Rheinmetall passen, sagte. Zukäufe könnten womöglich im Bereich Fahrzeugtechnik oder in den USA in Frage kommen.

Lars Hoffmann