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Noch keine Entscheidung für ein System getroffen

Die Bundeswehr befindet sich gerade in der Marktsichtung für ein System zur Abwehr weitreichender ballistischer Raketen. Man schaue sich alle Optionen an, habe allerdings noch keine Entscheidung getroffen, sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums auf Nachfrage. Zuvor hatte die Zeitung Jerusalem Post in ihrer heutigen Ausgabe geschrieben, dass Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz bei seinem Besuch in Israel am Montag erläutert habe, dass Arrow 3 das relevanteste System für Deutschland zur Abwehr von exoatmosphärischen Bedrohungen sei. Man sei wirklich daran interessiert, so Gerhartz. Die beiden Entwicklerländer Israel und die USA hätten auch bereits die Genehmigung zu Kooperation bei Arrow 3 gegeben, so der Generalleutnant. Allerdings müsse man noch über Details sprechen.

Die Sprecherin des Verteidigungsministeriums hatte keine Informationen darüber, ob eine formelle Anfrage zum Kauf von Arrow 3 bereits gestellt wurde. Bei dem System handele es sich nur um eine Möglichkeit, betonte sie. Auch müsse die Finanzierung für die Raketenabwehr noch sichergestellt werden. Einen fixen Zeitplan dafür gebe es nicht. Es sei noch Bewegung bei der Liste der Projekte, die aus dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro bezahlt werden sollen.

Wie es in Fachkreisen heißt, ist das israelische System womöglich noch nicht fertig entwickelt. Die Luftwaffe strebt an, im Rahmen der territorialen Flugkörperabwehr anfliegende Langstreckenraketen bereits außerhalb der Atmosphäre abzuwehren. Hier besteht bislang eine Fähigkeitslücke, die geschlossen werden soll.

Neben dem israelischen System dürfte auch das Terminal High Altitude Area Defense (THAAD) der U.S. Army für die Flugkörperabwehr in Frage kommen. THAAD fängt ebenfalls anfliegende ballistische Raketen im Weltraum ab. Einer Mitteilung der Agentur Reuters zufolge, hat die Bundesregierung nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine bereits eine Anfrage zur möglichen Beschaffung von THAAD an die US-Regierung gestellt. Nach Angaben des THAAD-Herstellers Lockheed Martin verfügt das System auch über die Fähigkeit, bestimmte Typen von Interkontinentalraketen abzuwehren.

Überdies bauen die USA in Polen und Rumänien eine Raketenabwehr mit der Bezeichnung Aegis Ashore auf.  Dabei werden die für die Marine konzipierten Aegis-Radare und -Software und Flugkörper des Typs SM-3 eingesetzt, um anfliegende Raketen im Weltraum abzufangen.

Während die Bundeswehr im Augenblick bei der Raketenabwehr eine große Lücke aufweist, besteht auch bei der Luftverteidigung in den unteren Luftschichten dringender Handlungsbedarf. Da es beim Projekt Nah- und Nächstbereichsschutz (NNbS) bis zum Zulauf der ersten Systeme noch Jahre dauern dürfte, stellt sich die Frage, ob das für Ägypten vorgesehene Flugabwehrsystem aus deutscher Fertigung womöglich an die Bundeswehr ausgeliefert werden könnte. Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, wird auch darüber diskutiert.

Der Vorteil würde darin bestehen, dass wesentliche Komponenten, wie Radar, Feuerleitung und Flugkörper offenbar auch für NNbS vorgesehen sind. Dazu kommt, dass Hauptauftragnehmer Diehl vor kurzem angekündigt hat, dass ein Passiv-Radar von Hensoldt in das Export-System integriert werden soll. Gut informierten Kreisen zufolge, könnte dieses Passiv-Radar womöglich für die Voreinweisung der Iris-T-Abfangrakete eingesetzt werden. Träfe dies zu, würde dies die Überlebenswahrscheinlichkeit des Systems deutlich erhöhen, da der aktive Radarsensor nur für einen begrenzten Zeitraum eingeschaltet werden müsste.
lah/5.4.2022

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