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Schutzschirm soll in den Weltraum ausgedehnt werden

Die Bundeswehr kann im Augenblick feindliche Bedrohungen aus der Luft nur innerhalb der Atmosphäre abwehren. Dazu verfügt die Luftwaffe über das System Patriot und die Marine über die Fregatten der Klasse 124 mit dem SM-2-Flugkörper. Dem Vernehmen nach arbeitet die Luftwaffe aber bereits seit geraumer Zeit daran, anfliegende Raketen bereits im Weltraum zu bekämpfen. So berichtet die Bild am Sonntag in ihrer heutigen Ausgabe darüber, dass aus dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen der Bundeswehr womöglich israelische Abfangraketen des Typs Arrow 3 sowie drei Radarsysteme des Typs Super Greene Pine beschafft werden könnten, die ihre Daten an das Lagezentrum der Luftwaffe in Uedem melden. Von dort würde die Zielbekämpfung eingeleitet.

Über diesen „Raketenabwehrschild“ haben laut Bild in der vergangenen Woche bereits Bundeskanzler Olaf Scholz und der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, gesprochen, wobei noch keine Entscheidung gefallen sei.  Bei der Bundeswehr firmiert das Projekt unter der Bezeichnung territoriale Flugkörperabwehr. Gut informierten Kreisen zufolge denken die Planer daran, im Rahmen dieser territorialen Flugkörperabwehr alle aus dem Weltraum anfliegenden ballistischen Raketen – bis hin zu Interkontinentalraketen, wie sie Russland sowie China im Bestand haben und Nordkorea angeblich testet – abzufangen.  Dabei wird offenbar angestrebt, nicht nur das deutsche Staatsgebiet zu schützen, sondern auch Partnerländer.  Die Bildzeitung nennt in diesem Zusammenhang Polen, Rumänien und das Baltikum. Interessierte Länder müssten dann womöglich eigene Raketen-Batterien aufstellen, die mit dem deutschen Führungsnetzwerk verbunden wären.

Neben dem israelischen System kommt auch das Terminal High Altitude Area Defense (THAAD)  der U.S. Army für die Flugkörperabwehr in Betracht. THAAD fängt  ebenfalls anfliegende ballistische Raketen im Weltraum ab. Wie aus einer Mitteilung der Agentur Reuters hervorgeht, hat die Bundesregierung nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine bereits eine Anfrage zur möglichen Beschaffung von THAAD an die US-Regierung gestellt. Egal, welches System eingeführt wird, bleibt weiterer Handlungsbedarf.  Denn bisher existiert noch keine Technologie, die mit großer Erfolgswahrscheinlichkeit Hyperschallwaffen abwehren kann.

Die Luftwaffe nutzt aktuell bereits Sensoren, die bis in den Weltraum reichen. So werden mit dem vor wenigen Jahren in Betrieb genommenen Radarsystem German Experimental Space Surveillance and Tracking Radar (GESTRA) am Rande von Koblenz Objekte im Weltraum wie etwa Weltraumschrott getrackt. Entwickelt wurde das Radar im Auftrag des DLR durch das Fraunhofer-Institut für Hochfreqzenzphysik und Radartechnik (FHR). Außerdem hat die Bundeswehr Zugriff auf das Weltraumbeobachtungsradar TIRA des FHR in Wachtberg.

Auch die Marine wird in einigen Jahren auf ihren Fregatten der Klasse 124 von Hensoldt und Elta Systems, einer Tochter des israelischen IAI-Konzerns, entwickelte Weitbereichsradare im S-Band zur Ballistic Missile Defence erhalten. Hensoldt und Elta hatten zuvor auch den Auftrag zur Modernisierung der landgestützten Radare HADR NF erhalten. Dabei handele es sich um weitgehend baugleiche Sensoren, wie Hensoldt mitteilte. IAI ist übrigens zusammen mit Boeing der Hersteller des Arrow-3-Abfangflugkörpers der israelischen Streitkräfte. Neben Hensoldt ist auch der Schrobenhausener Spezialist für Luftverteidigung, MBDA Deutschland, mit IAI eine Partnerschaft für den deutschen Markt eingegangen. MBDA würde gerne sein bei TLVS entwickelte Führungssystem in eine zukünftige deutsche Luftverteidigungslösung einbringen.
lah/27.3.2022

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