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Integrationsvorbereitung von Führungsfunkgeräten läuft auf Hochtouren

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Während mittlerweile zahlreiche Medien darüber berichten, dass die im Rahmen der Digitalisierung landbasierter Operationen (D-LBO) im Zulauf befindlichen digitalen Führungsfunkgeräte angeblich auf Jahre nicht in die vorgesehenen Fahrzeuge eingebaut werden können und in den Depots verstauben, ist die Realität offenbar eine andere. Gut informierten Kreisen zufolge arbeitet eine Arbeitsgemeinschaft von Fahrzeuglieferanten der Bundeswehr unter Führung von Rheinmetall und KMW daran, wie geplant im Oktober ein Angebot für die Muster- und Serienintegration der Funktechnik in die mehreren Tausend Fahrzeuge der Division 2025 abzugeben. Die Arbeitsgemeinschaft wurde bereits vor einigen Monaten vom Bundeswehr-Beschaffungsamt BAAINBw zur Angebotserstellung aufgefordert.

Aufgrund der komplexen Materie und der zahlreichen Fahrzeugmodelle – vom Kampfpanzer bis zum Logistik-Lkw – benötigt die Ausarbeitung jedoch ihre Zeit, wie es in Fachkreisen heißt. Anders als bei Funktechnik in zivilen Fahrzeugen müssen die neuen digitalen Funkgeräte der Bundeswehr auch unter Kriegsbedingungen funktionieren. Dafür ist Voraussetzung, dass sie etwa dem Beschuss und Ansprengungen ihrer Trägerfahrzeuge standhalten und eine elektromagnetische Verträglichkeit mit anderen Elektronik-Komponenten gewährleistet ist. Bei der Vielzahl der in die Truppe eingeführten Fahrzeugmodelle und ihrer Varianten eine herausfordernde Aufgabe.

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Wie es heißt, ist geplant, nach Abgabe des Angebots durch die Arbeitsgemeinschaft sofort mit den Vertragsverhandlungen zu beginnen, um dem Bundestag im Frühjahr 2024 eine entsprechende 25-Mio-Euro-Vorlage zuleiten zu können. Nach Vertragsschluss sollen unmittelbar die Integrationsarbeiten beginnen. Ziel ist es weiterhin, die Division 2025 so weit wie möglich mit digitalen Funkgeräten auszustatten. Schließlich ist die gegenwärtig genutzte Funktechnik vollkommen antiquiert und stellt ein Sicherheitsrisiko dar, weil sie eine Verschlüsselung nicht zulässt.

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Auf das Thema angesprochen, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius am Montag bei einer Pressekonferenz in Lettland, dass nichts „verrotte“.  Er bezog sich dabei offenbar auf die Berichterstattung über nicht nutzbare Funkgeräte, die mutmaßlich in den Lagerhäusern vor sich hingammeln. Es seien bislang lediglich etwas mehr als 400 Geräte in den Depots empfangen worden, so der Minister. Dies entspreche den Plänen. Er räumte jedoch ein, dass es bei der Integration eine Verspätung gebe. Diese stelle die Beschaffung jedoch nicht in Frage und werde aufgearbeitet. Pistorius wies überdies darauf hin, dass die Garantie für die Funkgeräte erst mit dem Abruf aus dem Depot beginnt. Lieferant der digitalen Führungsfunkgeräte ist das Unternehmen Rohde & Schwarz, das für die Herstellung eigens eine nationale Produktionslinie aufgebaut hat und im Dezember den Auftrag erhielt.

Vorgestern sagte Pistorius dann in Estland nach dem Erhalt weiterer Informationen, dass er davon ausgegangen wäre, dass man vor der Bestellung, aber spätestens mit der Bestellung die Frage geklärt worden sei, wie die Integration erfolgen soll. Dies sei offenbar nicht erfolgt. Dennoch sei nach seinen Informationen die Einsatzbereitschaft der Division 2025 nicht gefährdet.

Ob sich die Verantwortlichen tatsächlich keine Gedanken gemacht haben, ist schwer zu beurteilen. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass erst am letzten Sitzungstag des Bundestags vor der diesjährigen Sommerpause die seit Jahresbeginn vom Parlament verhängte Haushaltssperre für den gesamten D-LBO-Titel aufgehoben wurde. Dieses Einfrieren der Mittel für die Digitalisierung über mehrere Monate dürfte nicht zur Beschleunigung der Funkgeräte-Integration beigetragen haben.

Dass die Integration neuer digitaler Funkgeräte in den mit den unterschiedlichsten Fahrzeugtypen ausgestatten Bundeswehr-Fuhrpark eine Herkulesaufgabe werden würde – möglicherweise teurer als die Beschaffung der Funkgeräte selbst –, ist in Fachkreisen bereits seit Jahren bekannt. Das BAAINBw hat deshalb bereits erhebliche Vorarbeiten geleistet. So veröffentlichte das Amt Anfang vergangenen Jahres verbindliche technische Normen für Standard-Racks zum Einbau von Funkgeräten und hat Voraussetzungen für die einfache Integration der Geräte mittels Adapterplatten geschaffen.

Allerdings dürfte es der damaligen Chefin des BAAINBw – die mittlerweile von Pistorius entlassen wurde – bekannt gewesen sein, dass es nicht besonders effizient ist, die Beschaffung der Funkgeräte und deren Fahrzeugintegration auf unterschiedliche Abteilungen des BAAINBw zu verteilen, auch wenn dies bisher gängige Praxis ist. Gerade bei IT-Projekten mit einem Multi-Milliarden-Umfang wie D-LBO – ein Programm, das bereits seit einigen Jahren läuft – dürfte eine übergreifende Steuerung des Prozesses zielführender sein. Vielleicht bietet die öffentliche Diskussion um die Funkgeräte zumindest ein paar Ansatzpunkte für zukünftige Reformen des Beschaffungswesens. Das mediale Bashing scheint dagegen vollkommen überzogen zu sein.
Lars Hoffmann
28.9.2023