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Entscheidung zu Führungsfunkgeräten wichtiger Schritt

In seiner letzten Sitzung des vergangenen Jahres hat der Haushaltsausschuss des Bundestages mit der Freigabe der Mittel für ein neues Führungsfunkgerät im Rahmen der Digitalisierung landbasierter Operationen (D-LBO) das Vorhaben einen bedeutenden Schritt vorangebracht.

Schließlich ist die Beschaffung dieser digitalen Führungsfunkgeräte ein wesentlicher Baustein, um die völlig veralteten Kommunikationsstrukturen der deutschen Landstreitkräfte zu modernisieren. Mit den neuen Funkgeräten können Soldatinnen und Soldaten über ein modernes digitales Übertragungsverfahren kommunizieren.

Mit diesem Vertrag und der damit verbundenen Festbeauftragung soll zunächst die Ausstattung der für die NATO zugesagten Verbände erfolgen – inklusive der bis 2025 zu stellenden Division des Heeres. Die Bundeswehr nutzt die gleiche Funkgerätefamilie bereits bei der schnellen NATO-Eingreiftruppe VJTF.

Als Auftragnehmer für die Führungsfunkgeräte wurde das Technologieunternehmen Rohde & Schwarz aus München ausgewählt. Das Unternehmen soll bis zu 34.000 Führungsfunkgeräte in den Bauformen Fahrzeugfunkgerät, Handfunkgerät, Tornisterfunkgerät und Feststationsfunkgerät inklusive Zubehör liefern. Geplant ist, rund 20.000 Geräte fest zu bestellen. Diese sind zur Ausstattung der „Division 2025“  vorgesehen, der ersten digitalen Division des Heeres. Der Rest der Geräte könnte optional geordert werden.

Das Funkgerät soll mit der streitkräftegemeinsamen verbundfähigen Funkgeräteausstattung (SVFuA) interoperabel sein. Da diese von Rohde & Schwarz entwickelt wurde, dürfte es für das Unternehmen ein leichtes gewesen sein, diese Forderung  mit seinen Geräte der Soveron-Serie zu erfüllen.

Dem Vernehmen nach wurde der Rahmenvertrag mit einer Laufzeit von 15 Jahren zwischen dem BMVg und Rohde & Schwarz bereits unterzeichnet und ist damit bereits im laufenden Jahr wirksam. Zuvor soll das Ministerium angeblich den nicht abgeschlossenen Teilnehmerwettbewerb für eine neues Führungsfunkgerät beendet haben. Dieses Ausschreibungsverfahren war im September 2021 gestartet worden, schien dann aber quasi eingefroren zu sein. Offenbar bis zum Schluss hatte es keine Auswahl innerhalb des Interessentenfeldes auf bis zu drei Wettbewerber für die nächste Runde gegeben, was eigentlich vorgesehen war.

Dem Vernehmen nach soll ein Marktteilnehmer mittlerweile rechtliche Schritte gegen die Vergabe an Rohde & Schwarz eingeleitet haben. Ob eine Rüge erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten. Zumal sich die Rahmenbedingungen seit dem Start des Verfahrens massiv geändert haben. Einerseits gilt mittlerweile das neue „Gesetz zur Beschleunigung von Beschaffungsmaßnahmen für die Bundeswehr“ auch rückwirkend. Mit dieser Norm soll explizit die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr gestärkt werden. Anderseits hat der Krieg in der Ukraine und die Bedrohung des NATO-Bündnisgebietes eine neue Ausgangslage für die Rüster hervorgebracht. Die Dringlichkeit der schnellen Beschaffung von Führungsmitteln dürfte damit außer Frage stehen.  Sollten die Gerichte trotzdem einen Neustart der Ausschreibung verlangen, würde dies vermutlich eine Verzögerung der Beschaffung von mehreren Jahren nach sich ziehen. Militärisch wäre dies eine Katastrophe, wie Beobachter feststellen, und politisch sicher nicht vermittelbar.

Finanziert wird die Beschaffung der Führungsfunkgeräte aus dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr. Die dafür erforderlichen 1,35 Milliarden Euro sollen in den Jahren 2023 bis 2028 dem Auftragnehmer zufließen, wobei auf die Jahre 2025 mit 293 Millionen Euro und 2026 mit rund 316 Millionen Euro die größten Ausgabenposten entfallen. Überdies werden für eine Nutzungszeit von 20 Jahren noch einmal Nutzungskosten von 2,2 Milliarden Euro kalkuliert, die aus dem Einzelplan 14 finanziert werden sollen.

Bei der Vergabe der Führungsfunkgeräte handelt es sich um das zweite große in der Umsetzung befindliche Projekt der D-LBO. Bereits zuvor hatte das BMVg eine Entscheidung zur Einführung von digitalen Soldatenfunkgeräten getroffen. In der sogenannten Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses Anfang November vergangenen Jahres hatten die Parlamentarier dann einem Rahmenvertrag zur Beschaffung von Soldaten- und Fahrzeugfunkgeräten zugestimmt. Demnach will das BMVg bis zu 15.227 Soldatenfunkgeräte bei Elbit Systems im Wert von 162 Millionen einkaufen, was aus dem Einzelplan 14 finanziert werden soll.

Auch L3Harris soll Funkgeräte liefern

Mit der Entscheidung für das Soldaten- und das Führungsfunkgerät ist die Beschaffung von Funk-Hardware für D-LBO jedoch noch keineswegs abgeschlossen. So soll auch das US-Unternehmen L3Harris Geräte des Typs PRG 117G in vierstelliger Anzahl an die Bundeswehr liefern. Die Beschaffung dieser Funkgeräte war zur Überraschung vieler Beobachter sogar bereits in einem frühen Entwurf der Projekte des Sondervermögens aufgeführt worden.

Dieses Gerät wurde offenbar vor allem auch deshalb ausgewählt, um die Interoperabilität mit anderen NATO-Staaten sicherzustellen, da neben den US-Streitkräften auch zahlreiche andere Partnerländer dieses Baumuster nutzen. Wie es heißt, sollen auch hiervon unterschiedliche Bauformen eingekauft werden. Darüber hinaus ist angeblich auch vorgesehen, HF-Funkgeräte des Typs PRC-160 der US-Firma zu beschaffen. Bislang wurden HF-Funkgeräte von der Firma Elbit Systems und dem Vorgängerunternehmen Telefunken für die Bundeswehr geliefert. Am Elbit-Standort Ulm ist deshalb eine entsprechende HF-Ingenieursexpertise vorhanden. Für das Unternehmen dürfte eine Entscheidung für L3Harris deshalb ein harter Schlag sein.

Der Kauf in den USA erfolgt im Rahmen des  so genannten Foreign Military Sales (FMS). Gut informierte Kreise gehen davon aus, dass sich die FMS-Verfahren zur Beschaffung der Harris-Geräte bereits in einem fortgeschrittenen Stadium  befinden. Womöglich könnte bereits in den kommenden Wochen der US-Kongress über das anvisierte Gesamtpaket informiert werden. Bei dieser Congressional Notification werden auch Mengen und Preise veröffentlicht. Da L3Harris über große Produktionskapazitäten verfügt, könnten die ersten Geräte nach Vertragsschluss womöglich bereits in den kommenden Monaten zulaufen. Neben den beiden genannten Modellen ist nicht auszuschließen, dass die Bundeswehr noch weitere Modelle, wie etwa das Handheld PRC 163 oder ein Mehrkanalfunkgerät beschaffen könnte. Beobachter vermuten außerdem, dass der deutsche Vertriebspartner von L3Harris, JK Defence &  Security, seine Kapazitäten ausweiten dürfte, um die Funkgeräte in Zukunft in Deutschland warten und reparieren zu können.

Darüber hinaus soll offenbar auch Thales Funkgeräte des Typs PR4G in kleinerer Stückzahl als Harris oder Rohde & Schwarz an die Bundeswehr liefern. Dies könnten etwa bei der Enhanced Forward Presence Battlegroup der NATO zum Einsatz kommen. Dort arbeitet die Bundeswehr eng mit den niederländischen und norwegischen Streitkräften zusammen, die ebenfalls dieses Gerät nutzen. Zum Einsatz kommen könnte das Gerät auch bei der deutsch-französischen und der deutsch-niederländischen Brigade.

Die 1,35 Millidarden Euro, die für die Führungsfunkgeräte vorgesehen sind, stellen nur einen kleinen Teil der Gesamtmittel dar, die im Wirtschaftsplan des Sondervermögens in der Dimension Führungsfähigkeit und Digitalisierung vorgesehen sind. Neben den 747 Millionen Euro, die im laufenden Haushaltsjahr eingesetzt werden sollen, sind noch einmal rund 19,5 Milliarden Euro als Verpflichtungsermächtigungen für die kommenden Jahre eingeplant.

Allein für die Digitalisierung landbasierter Operationen  werden für die künftigen Haushaltsjahre 8,552 Milliarden Euro ausgewiesen, für das laufende Jahr 450 Millionen Euro. Dazu kommen noch rund 3,46 Milliarden Euro für die Beschaffung Dimension Führungsfähigkeit/Digitalisierung. Darunter fallen  die Positionen „D-LBO – Basic, DLBO (Battle Management System, Gefechtsstände, Funkgeräte) sowie Taktisches Wide Area Network (TAWAN), erster Anteil“.

Der nächstgrößere Posten entfällt auf die Satellitenkommunikation mit der Bezeichnung SATCOMBw mit  2,77 Milliarden Euro, gefolgt von German Mission Network (GMN) mit  2,71 Milliarden Euro. Darauf folgt eine weitere Satellitenkommunikation – ohne nähere Erläuterungen – mit 2,0 Milliarden Euro. Volumenmäßig am Ende der Titelgruppe 03 befindet sich die Position „Diverse Anteile D-LBO/Krypo“ mit 302 Millionen Euro.
lah/8.2.2023

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