Die Bundeswehr hat ein neues Problem, diesmal mit ihren überalterten Helmen. So wurde laut Angaben des Verteidigungsministeriums bei Untersuchungen festgestellt, dass die deutschen Standard-Gefechtshelme vielfach mit Schrauben versehen sind, die nicht die geforderte Splitterfestigkeit aufweisen.
Aus diesem Grund würden die Helme nur noch für den Grundbetrieb zugelassen, während Helme von im Einsatz stehenden Soldaten gegen funktionsfähige ausgetauscht werden sollen. Im Anschluss will die Bundeswehr auch die Schrauben des Typs „rund mit Innensechskant“ – mit ihnen wird der Innenhelm befestigt – der restlichen Helme ersetzen.
Der Helm, der von der deutschen Firma Schuberth entwickelt wurde, war ab 1992 in die Bundeswehr eingeführt worden. Während Schuberth nur wenige tausend Exemplare lieferte, wurden offenbar über 300.000 Helme bei der spanischen Firma Industrias y Confecciones (INDUYCO) beschafft. Das Unternehmen gehört sein einigen Jahren zum größten spanischen Kaufhauskonzern El Corte Ingles.
Ob der Hersteller noch in Regress genommen werden kann, ist dagegen äußerst fraglich. Denn wie es in den Technischen Lieferbedingungen des damaligen Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung vom Februar 2004 heißt, muss für originalverpackte Gefechtshelme und Ersatzteile die Mindestlagerfähigkeit im Depot zehn Jahre betragen. „Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch muss die Gebrauchsdauer für die Gefechtshelmkalotte 4 Jahre, für die Inneneinrichtung 2 Jahre betragen. Nach 4-jähriger Nutzung muss die ballistische Festigkeit mindestens 90% des Neuwertes betragen.“
Da die meisten Helme vor 2004 in die Truppe gelangt sein dürften, liegt die Verantwortung für die Funktionsfähigkeit und womöglich auch die Haftung nun beim Verwender. Besonders heikel könnte dies sowohl juristisch als auch politisch werden, wenn sich herausstellen sollte, dass die an die Kurden abgegebenen Helme ebenfalls Funktionsfehler aufweisen und es zu Verletzungen gekommen ist.
Insider bezweifeln, dass die Bundeswehr gegenwärtig angeben kann, welchen Schutzstandard die anscheinend überlagerten oder im Dauergebrauch befindlichen Helme noch aufweisen. Denn wie sich die Schutzeigenschaften der Aramid-Kalotten aus verschiedenen Lieferlosen nach teilweise über 20 Jahren und unter Umwelteinflüssen wie Feuchtigkeit, Temperaturwechsel und Sonneneinstrahlung verändert haben, ließe sich nur durch aufwändige Beschusstests klären.
Gefordert war bei den Technischen Lieferbedingungen seinerzeit auf jeden Fall die „Splitterfestigkeit der Halteschraube“, wobei der Nachweis durch den Beschuss „mittig auf den Schraubenkopf“ zu erfolgen hatte – ausgeführt vom Beschussamt in Mellrichstadt.
lah/12/19.5.2015