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Zukünftige Hensoldt GmbH setzt auf starkes Wachstum

Airbus Electronics and Border Security (EBS), die zukünftige Hensoldt GmbH, will nach dem offiziellen Closing des Verkaufs an die US-Investmentfirma KKR kräftig wachsen.  Daran habe sowohl der Investor als auch die Bundesregierung Interesse, sagte Thomas Müller, CEO von Airbus Electronics, im Interview.

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EBS-Chef Thomas Müller setzt auf enge Kooperation mit der Bundesregierung. Foto: Airbus

Das Verteidigungsministerium hatte den Geschäftsbereich des neuen Unternehmens, der Radare, Elektronik und Optronik umfasst, bereits im vergangenen Jahr als Schlüsseltechnologie eingestuft, die in Deutschland gehalten werden soll. Deshalb lege die Bundesregierung großen Wert darauf, „dass das Geschäft gestärkt wird“, betonte Müller. Bislang gehört EBS noch zu Airbus Defence and Space – der Konzern hat jedoch 74,9 Prozent seiner Anteile an KKR veräußert. Nach dem Abschluss der Transaktion, der spätestens im ersten Quartal kommenden Jahres erfolgen soll, wird EBS zu Hensoldt. Damit entsteht  eines der größten deutschen Rüstungsunternehmen mit rund einer Mrd EUR Umsatz und etwa 4.000 Mitarbeitern.

Die Intention des Finanzinvestors sei es, das Unternehmen in ein paar Jahren mit Profit an die Börse zu bringen. Dazu muss  der Umsatz  nach Aussage von Müller jedoch deutlich und profitabel steigen. Er sieht dafür  aufgrund der veränderten Sicherheitslage im Augenblick gute Rahmenbedingungen. „Der politische Wille  ist wieder da, in Verteidigung zu investieren.“ Deutschland steht für etwa 30 Prozent der Umsätze, des neuen Sensorhauses, wie sich das Unternehmen  selbst bezeichnet. „Ich möchte, wenn möglich, überproportional in Deutschland wachsen“, so der CEO.

Auf dem heimischen Markt erwartet er Geschäftsmöglichkeiten für die eigenen Produkte und Komponenten unter anderem bei der Modernisierung der Fregatte 124, dem Mehrzweckkampfschiff 180, der Einführung von TLVS/MEADS, der Kampfwertsteigerung des Eurofighters und der optronischen Modernisierung der Leopard-Panzer.

Hilfe durch KKR auf US-Markt

Müller betrachtet neben Deutschland auch Europa als wichtigen Wachstumsmarkt. Ebenso blickt das Unternehmen nach Asien und rechnet mit Neugeschäft in den USA. „Ich glaube, dass uns KKR mit seiner amerikanischen Basis als großer Finanzinvestor und seinen Netzwerken in den USA erheblich helfen kann.“  Bereits eingesetzt werden die TRS-4D-Radare von EBS auf den Schiffen der LCS-Klasse, die Lockheed Martin produziert. Augenblicklich wird den Worten des CEO zufolge das Hubschrauber-Assistenzsystem Sferion für  Extremsituationen wie den so genannten Brown-Out, bei dem sich Airbus Electronics als technischer Vorreiter sieht, den US-Teilstreitkräften vorgestellt. Man hoffe in die verschiedenen Upgrade-Programme zu kommen. Darüber hinaus ist das Unternehmen zuversichtlich, dass seine  Optronik-Masten wieder für die Ausstattung von US-Atom-Unterseebooten den Zuschlag erhalten. In der Vergangenheit waren Boote der Virginia-Klasse mit Periskopen „made in Germany“  von Airbus Defence and Space ausgerüstet worden. „Die Seerohre sind deutlich leistungsfähiger als die der Konkurrenz“, ist Müller überzeugt.

Asien im Blick

„Südostasien ist insgesamt ein wichtiger Markt für uns“, sagte der Manager. Als besonders interessante Länder in Asien bezeichnete er Indien, Korea, Japan aber auch Malaysia, Thailand und Singapur. In der Region sei man offen für Partnerschaften mit Unternehmen sowie der Forschung. „Wir wollen in Zukunft auch international mit Universitäten und Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten“, so Müller. Bereits heute kooperiert das Unternehmen nach eigenen Angaben mit  europäischen Universitäten und Forschungsinstituten in Deutschland, Österreich, Polen, Frankreich, Großbritannien, Italien und Griechenland. Durch derartige Kooperationen sollen Produkte weiterentwickelt oder speziell für lokale Märkte konzipiert werden.

Zukäufe geplant

Wachsen will EBS nicht nur organisch, sondern auch durch Zukäufe. Müller geht davon aus, dass nach zehn bis fünfzehn Jahren weitgehender Stagnation im Verteidigungssektor wieder neue Firmen entstehen – die womöglich zunächst im zivilen Umfeld aktiv waren. Als Beispiel nennt er die Hersteller von zivilen Drohnen und den IT-Bereich. Diese Firmen kommen als Übernahmeziele in Frage, könnten aber auch als Wettbewerber auftreten. „Ich glaube, dass wir uns als klassische Verteidigungsindustrie schon ein bisschen umschauen müssen, dass wir nicht von Firmen herausgefordert werden, die wir noch nicht auf dem Radarschirm haben.“

Technologisch setzt EBS unter anderem auf den so genannten  3-D-Druck. So könnten in Deutschland beispielsweise Optronik-Bauteile sowie Kühlungs-systeme  entwickelt werden und in Südafrika „ausgedruckt“ werden oder umgekehrt. In Pretoria besitzt EBS nach eigenen Angaben die zweitgrößte Niederlassung nach Ulm.

Vertrieb im Konvoi

„Eines unserer Vertriebskonzepte ist, mit Konvoi-Partnern zusammenzuarbeiten“, erläutert Müller. Etwa mit dem US-Konzern Lockheed Martin als Hersteller der Freedom-Schiffsklasse.  Er hofft, in Zukunft auch mit anderen US-Konzernen als weiteren „Konvoi-Partnern“ zu kooperieren. Grundsätzlich können EBS-Produkte jedoch von allen Rüstungskonzernen verwendet werden.

Airbus hält Anteil von 25,1 Prozent

„Der Airbus-Konzern ist natürlich unser größter Kunde. Aber er steht für weniger als 20 Prozent unseres Geschäfts“, sagte Müller. Die Airbus Group werde weiterhin einen Anteil von 25,1 Prozent am Unternehmen halten; wann dieser Anteil reduziert werde, stehe noch nicht fest. Durch diese Beteiligung werde sichergestellt, dass die EBS nach der offiziellen Ausgliederung und der Umfirmierung in Hensoldt GmbH weiter als ein mit Airbus verbundenes Unternehmen gelte. Damit sei sichergestellt, dass die mit der Airbus-Mutter  gemeinsam genutzte  IT  und Infrastruktur  am „Tag 1“ nicht gekappt werde. „Das ermöglicht einen sanften Übergang“. Auch für die physische Trennung der Produktionsstätten in Ulm und Friedrichshafen liegen Pläne vor. Für den Standort München werde über einen Neubau nachgedacht.

Sicherheitsabkommen

Da EBS-Produkte  von der Bundesregierung als Schlüsseltechnologie eingestuft werden, muss das Unternehmen besondere Sicherheitsanforderungen gewährleisten. „Es gibt gewisse Filter, die sicherstellen, dass kein unkontrollierter Einblick in Technologien durch nicht-autorisierte Personen erfolgt.“  Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, hat sich das Verteidigungsministerium mit KKR über eine entsprechende Sicherheitsvereinbarung bereits geeinigt. Details der Vereinbarung gelten als geheim.

Eine entsprechende Sicherheitsvereinbarung wird nach Aussage von Müller auch mit der französischen Regierung verhandelt, weil  Airbus über eine Niederlassung zur Herstellung von Kryptotechnik im Nachbarland verfügt. Den französischen Kunden müsse die Sorge genommen werden, dass Technologie in die USA abfließt. Man sei auf „einem gutem Weg“, so Müller. „Sowohl die französischen Mitarbeiter, als auch die Shareholder erwarteten ein baldiges Ergebnis.“

Müller sieht sein Unternehmen für den Wettbewerb gut aufgestellt und möchte es  „als Herausforderer anderer Unternehmen“ positionieren – auch gegen Wettbewerber aus den USA.  Einen Vorteil sieht er darin, dass sich EBS auf Elektronik-Ausrüstung konzentriert, die in der Regel nicht so sehr im politischen Fokus stehe wie Gesamtsysteme.

Neue Anwendung für maritimes Radar

Müller erwartet eine fruchtbare Zusammenarbeit mit der  Bundesregierung, da viele Produkte seines Hauses als Schlüsseltechnologien eingestuft seien. „Wir bekommen viel Unterstützung, auch bei der Entwicklung“. Dabei will EBS sein Portfolio auf Basis bestehender Produkte ausbauen. So kündigte Müller an, eine rotierende Variante für den Landbetrieb des auf den Fregatten der Klasse F125 eingesetzten Marineradars anzubieten. Außerdem könne durch Software-Applikationen die Reichweite weiter ausgebaut werden. „Dort haben wir enormes Entwicklungspotenzial.“

Nach der  Abspaltung von Airbus spürt Müller Aufbruchsstimmung im Unternehmen.  Er führt dies zum einen darauf zurück, dass die „administrativen Hemmnisse eines Großkonzerns“ wegfallen. „Es schafft eine Menge neuer Energie, dass man in mittelständischen Strukturen agieren kann.“ Und zum anderen auf die positiven Zukunftsperspektiven eines wachsendes Unternehmens für Belegschaft und Management. Man werde keine Arbeitsplätze ins Ausland verlegen, eher sei das Gegenteil der Fall.  „Es ist viel Momentum da“, so der EBS-Chef.
lah/12.9.2016

Eine englische Version des Artikels ist auf www.defensenews.com erschienen.

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