Wolken über dem FCAS-Vorhaben

Das französisch-deutsch-spanische Vorhaben eines Future Combat Air Systems – kurz FCAS – scheint im Augenblick nicht richtig vom Fleck zu kommen. So müsste Deutschland eigentlich in den kommenden Monaten die Finanzmittel freigeben, damit die beteiligten Unternehmen mit dem Bau von Technologiedemonstratoren für bestimmte Elemente des New Generation Weapon Systems (NGWS) beginnen können. Als NGWS wird die Kombination des zukünftigen Kampfflugzeugs mit unbemannten Begleitdrohnen bezeichnet. Im Rahmen dieses nächsten Projektschrittes  sollen etwa Demonstratoren für ein neues Triebwerk oder die als Remote Carrier bezeichneten Begleitdrohnen entwickelt werden.

Doch  im Augenblick sieht es so aus, als ob die entsprechende 25-Mio-Vorlage voraussichtlich nicht mehr in diesem Jahr dem Bundestag zugeleitet wird. Zumal die Abgeordneten des Haushaltsausschusses mit einem so genannten Maßgabebeschluss eine Reihe von Forderungen aufgestellt haben, die vor Freigabe von weiteren Finanzmitteln zu erfüllen sind.

In dem Beschluss wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, bei den weiteren Verhandlungen mit Frankreich sicherzustellen, dass die Arbeitsteilung von 50:50 zwischen beiden Ländern eingehalten wird. Darüber hinaus wird ein transparentes Verfahren verlangt, das die Vergabe von Aufträgen innerhalb des deutschen FCAS-Anteils regelt. Daneben wollen die Parlamentarier sichergestellt wissen, dass  Deutschland die gleichen und für den Betrieb,  die Instandhaltung und Weiterentwicklung erforderlichen Rechte am geistigen Eigentum am NGWS und FCAS erhält wie der französische Partner.

Neben den Maßgabeauflagen gibt es noch ein weiteres Problem, das von Beobachtern als das womöglich größere eingestuft wird: Die Bundesregierung hatte das FCAS-Projekt mit dem Vorhaben eines Main Ground Combat Systems (MGCS) – dem Nachfolgesystem für die Kampfpanzer Leopard 2 und Leclerc  – verbunden, bei dem Deutschland in die Projektführung gehen soll, während Frankreich den Lead bei FCAS übernimmt. Beide Vorhaben sollen laut den Vorstellungen der Regierung in Berlin zeitgleich vorangetrieben werden. Augenscheinlich stockt es jedoch bei MGCS – nicht zuletzt, weil die industrielle Beteiligungsstruktur ungeklärt ist. So hat der deutsche Panzerbauer KMW mit dem französischen Landsystemhaus Nexter das Joint Venture KNDS gegründet, in dem beide Unternehmen aufgegangen sind. Damit bleibt jedoch die Rolle von Rheinmetall als zweitem großen deutschen Landsystemhersteller bei MGCS offen. Der Versuch von Rheinmetall, einen Anteil an KNDS zu übernehmen, scheint bislang nicht von Erfolg gekrönt zu sein. Zumindest konnte Rheinmetall-CEO Armin Papperger bei einem kürzlich in der FAZ erschienenen Interview nicht von Fortschritten berichten.

Während Beobachter bereits davon ausgegangen waren, dass die Bundesregierung das Junktim von FCAS und MGCS stillschweigend begraben hat, nachdem der Bundestag im Juni mehr als 30 Mio EUR für eine bilaterale Projektstudie zum NGWS freigegeben hatte, schlug Außenminister Heiko Maas in der vergangenen Woche andere Töne an.  Bei der deutsch-französischen Parlamentsversammlung am 23. September in Berlin betonte er mehrfach, dass MGCS und NGWS miteinander verknüpft seien. „Für die Bundesregierung ist wichtig, dass die beiden Projekte im Zusammenhang gesehen werden“, sagte Maas vor Abgeordneten des französischen Parlaments. Würden beide Themen parallel bearbeitet und die bei beiden Projekten noch offenen Fragen beantwortet, stehe der Umsetzung der Vorhaben nichts im Weg,  so der Außenamtschef. Daraus könnte man  im Umkehrschluss ableiten, dass NGWS/FCAS so lange eingefroren bleibt, bis es einen Fortschritt beim Landsystem gibt.

Nach Aussage des Außenministers befinden sich dagegen die bilateralen Konsultationen über gemeinsame Exportregeln – vor allem auch für die beiden Rüstungsvorhaben – in der Endabstimmung. Bis zum kommenden deutsch-französischen Ministertreffen  Mitte dieses Monats sollen seinen Worten zufolge Ergebnisse vorliegen.

Während das neue FCAS und NGWS nach jetzigen Planungen erst um 2040 die volle operationelle Reife erlangen sollen, dürften in diesem und im kommenden Jahr die wesentlichen administrativen und industriellen Weichenstellungen für das Mega-Projekt erfolgen.

Vor diesem Hintergrund scheint zumindest auf deutscher Seite die Nervosität zu steigen. Nicht zuletzt, weil offenbar von einigen Playern hierzulande die reale Gefahr einer Übervorteilung durch die französische Seite gesehen wird. Gerüchten zufolge, fürchten einige an FCAS interessierte deutsche Unternehmen als reine Zulieferer ihrer französischen Partner degradiert zu werden und sollen diesbezüglich erste Erfahrungen gemacht haben.

Auch auf der Amtsseite scheinen noch einige Punkte ungelöst zu sein.  So etwa die Frage,  wie Spanien in das Projekt eingebunden werden kann. Mit der Vertragsunterzeichnung während der diesjährigen Luftfahrtmesse in Le Bourget hat Madrid deutlich gemacht, dass es sich als gleichberechtigter Partner in dem Vorhaben sieht. Damit würde Spanien ein Drittel der auf etwa acht Mrd EUR geschätzten Entwicklungskosten für FCAS bis 2030 tragen.

Presseberichte vom Juni, wonach Frankreich Kritik an den damals projektierten Kosten für die MALE-Eurodrohne geübt hat, deuten überdies auf Meinungsverschiedenheiten in anderen gemeinsamen Rüstungsvorhaben. Zuletzt kursierten sogar Gerüchte, wonach Frankreich darüber nachdenkt, ganz aus dem von Deutschland geführten Eurodrohnen-Projekt auszusteigen.

Es bleibt nun abzuwarten, wie die französische Regierung darauf reagieren wird, sollte Deutschland in diesem Jahr tatsächlich kein Geld für die NGWS-Demonstratoren bereitstellen.  Zumindest dürfte es dann einen erhöhten Gesprächsbedarf auf höchster politischer Ebene geben.
lah/1.10.2019

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