Die Verteidigungsministerinnen Frankreichs, Spaniens und Deutschlands haben am Montag auf der Pariser Luftfahrtmesse in Le Bourget einen Vertrag zur gemeinsamen Entwicklung des Future Combat Air Systems (FCAS) unterschrieben. Damit wird Spanien nun offiziell an dem Mega-Projekt teilhaben. Unklarheit herrschte zunächst darüber, welchen prozentualen Anteil Spanien an dem Vorhaben übernehmen wird. Das spanische Verteidigungsministerium zitierte Ministerin Margarita Robles mit der Aussage, dass Spanien zu 33 Prozent an den Technologieprojekten teilhaben wird. Damit sei die spanische Beteiligung genauso groß wie die der beiden anderen Partner. Es scheint jedoch noch nicht festzustehen, welches spanische Unternehmen auf der Industrieseite das Land repräsentieren wird. Als potenzieller Kandidat wird Indra gehandelt.
Bislang wurde FCAS zu jeweils 50 Prozent von Frankreich und Deutschland getragen, wobei Dassault und Airbus Defence and Space die industrielle Führung innehaben. Dassault ist bei der Entwicklung des zukünftigen Kampfflugzeuges für FCAS im Lead, Frankreich insgesamt bei FCAS.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die französische Verteidigungsministerin Florence Parly am Montag bei der deutschen Luftfahrtindustrie in Le Bourget. Die Bundeskanzlerin war offenbar unabkömmlich und Ministerin Ursula von der Leyen bereits auf dem Weg nach Wilhelmshaven zur Marine. Foto: lah
Darüber hinaus unterzeichnete Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in Le Bourget eine Rahmenabsprache, ein so genanntes Framework Arrangement, mit Frankreich für das Next Generation Weapon System (NGWS) – bestehend aus Kampfflugzeug und so genannten Remote Carrierern – sowie den Vertrag über eine gemeinsame zweijährige Konzeptstudie. Frankreich war bei letzterer in Vorleistung getreten und hatte bereits zu Jahresanfang die Studie beauftragt und Mittel vorgestreckt. Erst vor wenigen Wochen billigte der Haushaltsausschuss des Bundestages die Finanzierung des deutschen Anteils.
Im Entwurf des Framework Arrangement kann die Dominanz Frankreichs bei FCAS und NGWS eindeutig abgelesen werden. So tagt der Lenkungsausschuss nur in Frankreich, das mit der täglichen Arbeit beauftragte Projektteam wird im Großraum Paris angesiedelt und die vertragsschließende Stelle sollte die französische Beschaffungsbehörde DGA werden. Allerdings wurde Englisch als Arbeitssprache bestimmt. Die Programmverträge wiederum sollen offenbar in französischer Sprache erfolgen, mit „Höflichkeitsübersetzungen“ in englischer Sprache für den Lenkungsausschuss. Vorgesehen ist allerdings das Vorhaben möglichst schnell an eine internationale Agentur wie die OCCAR zur Umsetzung zu übergeben.
Offenbar sehen auch deutsche Verteidigungspolitiker das Risiko, dass Frankreich und seine Industrie stärker von FCAS profitieren könnten als Deutschland. So fordern Abgeordnete von Union und SPD die Bundesregierung auf, den deutschen Wertschöpfungs- und Entwicklungsanteil an FCAS, der bis zur Teilnahme Spaniens bei 50 Prozent lag, sicherzustellen.
Die aktuelle Konzeptstudie enthält noch keine Entwicklung von Demonstratoren. Dies soll in einem nächsten Schritt erfolgen. Dazu haben Dassault Aviation und Airbus SE den Regierungen Frankreichs und Deutschlands ein gemeinsames industrielles Angebot für die erste Demonstrator-Phase des FCAS vorgelegt, wie Airbus in einer Mitteilung schreibt.
Mit der von 2019 bis Mitte 2021 laufenden Demonstrator-Phase falle der Startschuss für die Entwicklung von Demonstratoren und Technologien für den New Generation Fighter (NGF), die Remote Carrier (RC) und die Air Combat Cloud (ACC). Bis 2026 sollen laut Airbus die Demonstratoren einsatzfähig sein. In verschiedenen Kooperationsvereinbarungen, unter anderem mit MBDA Systems und Thales, seien genaue Planungsvorgaben und Arbeitsabläufe für diese Phase sowie geschäftliche Übereinkommen festgelegt. Ein weiterer Vertragsinhalt sei die transparente und faire Handhabung geistiger Eigentumsrechte. Parallel dazu wird den Angaben zufolge unter Federführung von Safran und MTU ein neues Triebwerk (New Engine) entwickelt.
Airbus wird als Hauptauftragnehmer für die Remote Carrier und die Air Combat Cloud verantwortlich sein. Mit dem vorgelegten Angebot gehen die Unternehmen in die Verhandlungsphase. Dassault Aviation und Airbus rechnen bis zum vierten Quartal 2019 mit der Auftragsvergabe für die erste Demonstrator-Phase.
Voraussetzung dafür ist unter anderem, der der Haushaltsausschuss die Mittel dafür bereitstellt.
Enthüllt wurde auf der Messe auch das erste Modell des NGF, das dem britischen Tempest-Modell sehr ähnelt, handwerklich allerdings etwas einfacher ausfällt.
lah/12/18.6.2019