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Vergabeprozess scheint weiter zu stocken

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Die Auftragsvergabe für die Beschaffung von sieben Helikoptern als Leichte Unterstützungshubschrauber Search and Rescue (LUH SAR) für die Bundeswehr kommt offenbar nicht voran. Gegenwärtig sieht es nicht danach aus, dass bei einer Sondersitzung des Haushaltsausschusses Anfang September das Thema behandelt wird. Damit würde sich eine Entscheidung womöglich ins kommende Jahr verschieben.

Dabei soll der gegenwärtig für SAR-Aufgaben genutzte Helikopter des Typs Bell  UH-1D eigentlich nur noch bis Mitte 2019 fliegen. Außerdem dürften die  Kosten für die Nutzung dieses seit Jahrzenten eingesetzten Modells enorm sein.  Schließlich war die UH-1D während des Vietnamkrieges in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts technisch auf der Höhe der Zeit.

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Von Seiten des Verteidigungsministeriums hieß zum Projekt LUH SAR  Mitte des Monats: „Für die Sicherstellung des SAR-Dienstes über Land ab Mitte 2019 sollen sieben leichte Mehrzweckhubschrauber beschafft werden. Das Vergabeverfahren dazu ist eingeleitet und noch nicht abgeschlossen.“

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Bell bewirbt sich mit seinem Modell 429

Als Bewerber für den Auftrag sollen Medienberichten zufolge die Hersteller Airbus Helicopters mit dem H145M sowie der US-Produzent Bell Helicopter mit dem Modell Bell 429 ins Vergabeverfahren gekommen sein. Während Airbus jeglichen Kommentar ablehnt, bestätigte Thomas Hütsch, Geschäftsführer der ADAC Luftfahrttechnik GmbH (ALT), die Teilnahme von Bell an dem Vergabeverfahren. Zusammen mit Bell habe ALT – eine 100%-Tochter des ADAC –   ein Angebot abgegeben, erläuterte Hütsch. Da die neuen SAR-Helikopter im Rahmen eines Betreibermodells mit Industriebeteiligung beschafft werden sollen, würde sich ALT um die Wartung und Instandhaltung der Flotte kümmern.

Nach Aussage von Hütsch betreut ALT neben den ADAC-Rettungshubschraubern unter anderem Maschinen mehrerer deutscher Landespolizeien sowie der  niederländischen Luftrettung  – insgesamt mehr als 70 Maschinen. Die technische Verfügbarkeit der rund 50 ADAC-Helikopter liege bei 99 Prozent, sagte der ALT-Manager.  Das Unternehmen hat seinen Angaben zufolge eigene Standorte in der Nähe  der Flugplätze in Holzdorf, Nörvenich und Niederstetten, auf denen die SAR-Hubschrauber stationiert sind. Eine hohe Einsatzbereitschaft der SAR-Hubschrauber könne garantiert werden.

Sollte das Konsortium von Bell und ALT den Zuschlag erhalten, könnten Insidern zufolge  für die ADAC-Tochter womöglich jährliche Einnahmen von etwa fünf Mio EUR herausspringen – und das für die Vertragslaufzeit von neun Jahren.

Nachdem sich Gerüchte nicht bewahrheitet haben, wonach die 25-Mio-Vorlage für das Hubschrauber-Projekt spätestens  Ende Juni dem Haushaltsausschuss des Bundestages vorgelegt werden sollte, wundern sich Beobachter über die Verzögerung. Schließlich handelt es sich um marktverfügbare Produkte, während die Zeit bis zur Ablösung der betagten UH-1D knapp wird.

Zweimal „Best and Final Offer“ verlangt

Der Beschaffungsvorgang wurde gut informierten Kreisen zufolge bereits im vergangenen Jahr eingeleitet; die erste Angebotsfrist war demnach für Ende Januar 2017 gesetzt. Nach einem Verhandlungstermin des Bundeswehr-Beschaffungsamtes mit den Bietern sollte dem Vernehmen nach die „Best and Final Offer“ bis Ende März eingereicht werden. Allerdings erfolgte kurz nach Abgabe dieser Final Offer die Aufforderung zu einem erneuten finalen Angebot bis Anfang Mai. Ob dieses ungewöhnliche Vorgehen mit möglichen Rügen der Anbieter vor der Vergabekammer des Bundes zusammenhängt, wie gemunkelt wird, lässt sich aufgrund der Verschwiegenheit der Parteien nicht verifizieren. Auf jeden Fall scheint es seit Mai keine Bewegung bei dem Vorhaben zu geben.

Branchen-Gerüchten zufolge werden Bell insbesondere aufgrund eines attraktiven Preises durchaus Chancen auf den Gewinn des Auftrags zugeschrieben.  Dagegen sprechen könnte allerdings, dass der Bell 429 in Kanada gebaut wird. Ob nationale oder europäische Wertschöpfung bei der Beschaffung überhaupt ein Kriterium darstellt, ist nicht bekannt. Wenn doch,  könnte  offenbar ein großer Teil der Wertschöpfung des Projektes in Europa erfolgen. Gut informierten Kreisen zufolge würde bei der Bell 429 der Einbau der Ausrüstung in Tschechien erfolgen, während die Missionsausrüstung von der ESG kommen und sich auch MTU  an der Triebwerkswartung beteiligen könnte. Und schließlich wäre ALT für die Wartung zuständig.

Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass auch der H145M keineswegs ein rein deutsches oder europäisches Produkt ist. Denn das Modell geht auf die BK 117 zurück – eine Gemeinschaftsentwicklung von MBB und Kawasaki aus den 1970ern. Nach Aussage von Luftfahrtexperten kommen deshalb noch immer wesentliche Komponenten des Airbus-Helikopters wie die Zelle und das Getriebe aus Japan.

Obwohl das Thema LUH SAR nicht auf der Tagesordnung der beiden zuständigen Parlamentsausschüsse für die kommende Woche steht, wäre aufgrund des hohen Zeitdrucks eine baldige Lösung erforderlich. Zumindest sollen die Hersteller zur Verlängerung ihrer Angebotsbindungsfrist bis Ende September aufgefordert worden sein. Was dies zu bedeuten hat, bleibt abzuwarten.
lah/30.8.2017