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Vergabekammer stellt Rechtswidrigkeit fest

Die 1. Vergabekammer des Bundes hat am 5. März über ein Vergabeverfahren der Bundeswehr zur Lieferung schwerer Transporthubschrauber entschieden und festgestellt, dass der Abbruch des Vorhabens rechtswirksam ist. Damit muss das BMVg nach Ansicht des Bundeskartellamtes das Verfahren nicht fortführen, wie es in einer Mitteilung der Behörde heißt.

Das im Februar 2019 eingeleitete Vergabeverfahren, an dem sich als Bieter nur die beiden US-amerikanischen Unternehmen Lockheed-Martin und Boeing beteiligt hatten, war im September letzten Jahres aufgehoben worden, da die Angebotspreise der Bieter deutlich über den im Bundeshaushalt für die Beschaffung veranschlagten Kosten lagen.

Lockheed Martin wandte sich daraufhin mit einem Nachprüfungsantrag an die Vergabekammer des Bundes und beantragte, die Bundeswehr zur Fortsetzung des Vergabeverfahrens zu verpflichten oder zumindest hilfsweise auszusprechen, dass die Aufhebung des Vergabeverfahrens rechtswidrig war.

Die Vergabekammer des Bundes hat in ihrem Beschluss vom Freitag die Wirksamkeit der Aufhebungsentscheidung bestätigt und damit der Fortsetzung des Vergabeverfahrens eine Absage erteilt. „Gleichzeitig wurde in dem Beschluss der Vergabekammer aber die Rechtswidrigkeit der Aufhebungsentscheidung festgestellt“, schreibt das Bundeskartellamt.

Grund für diese Feststellung war demnach, dass die durch die Bundeswehr vorgenommene Schätzung der Beschaffungskosten für die Hubschrauber, die Grundlage für die Beantragung der Haushaltsmittel bildeten, nicht nachvollziehbar dokumentiert waren.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, wird in der Mitteilung mit den Worten zitiert: „Die Entscheidung der Vergabekammer zeigt einerseits, dass öffentliche Auftraggeber nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zur Fortsetzung eines aufgehobenen Vergabeverfahrens verpflichtet werden können. Ein solcher Fall lag hier nicht vor. Andererseits sollten Kostenschätzungen für öffentliche Beschaffungen stets nachvollziehbar dokumentiert werden.“

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer kann innerhalb von zwei Wochen sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt werden. Ob Lockheed Martin diese Frist nutzt und in die nächste Instanz geht, scheint im Augenblick noch nicht klar zu sein.

Nach Einschätzung des auf das Vergaberecht spezialisierten Fachanwaltes Daniel Soudry kann Lockheed Martin aufgrund der Entscheidung der Vergabekammer potenziell Schadensersatzansprüche geltend machen. Schließlich sei die Rechtswidrigkeit des Abbruchs festgestellt worden. Bei einer über mehrere Jahre laufenden Ausschreibung können so womöglich Millionenaufwendungen bei den Anbietern zur Geltung gebracht werden. Nach Aussage von Soudry hat erst kürzlich ein Gericht entschieden, dass Kläger auch eine Entschädigung für die bei einem Angebot entstandenen Personalkosten verlangen können. Für den öffentlichen Auftraggeber dürfte als Problem hinzukommen, dass nicht absehbar ist, wann eine Schadensersatzklage eingereicht wird.

FMS-Case als Option

Die Bundesregierung prüft nach eigenen Angaben derzeit, wie das Ziel der zeitgerechten Beschaffung von schweren Transporthubschraubern nach der Aufhebung des Vergabeverfahrens erreicht werden kann. Zu diesem Zweck habe sich das Bundeswehr-Beschaffungsamt BAAINBw am 20. November 2020 mit einer unverbindlichen Anfrage zum Zeitbedarf und Kostenaufwand sowie zu den Verfügbarkeiten an die US-Regierung gewandt.

Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, ist in der vergangenen Woche ein so genannter Letter of Request for Price and Availability (LOR) von den US-Stellen für die beiden Hubschraubermuster CH-53K sowie CH-47 mit Verspätung eingetroffen. Daraus dürfte für das Verteidigungsministerium ersichtlich werden, welche Konfigurationen tatsächlich verfügbar sind und was diese in etwa kosten. Gemäß den Guidelines der amerikanischen Defense Security Cooperation Agency beginnt mit der Übermittlung eines LOR an die US-Behörden formal ein als Foreign Military Sales (FMS) bezeichneter Prozess. Dieser muss jedoch von der anfragenden Regierung nicht abgeschlossen werden, genauso wenig wie sich die US Administration mit der Beantwortung bereits zu Leistungen verpflichtet. Bei den Angaben zu Preis und Verfügbarkeit handelt es sich überdies um Schätzungen.

Mittlerweile hat sich Israel, das ebenfalls beide Hubschraubermuster als Nachfolger der eigenen betagten CH-53 betrachtet hatte, für den CH-53K entschieden. Beobachtern zufolge hat die israelische Armee einen Bedarf von 24 Maschinen. Diese würden womöglich in drei Losen zu 12, 6 und nochmals 6 Maschinen beschafft. Wie es heißt, könnten sich durch eine solche Aufteilung Kostenersparnisse ergeben. Oftmals sinken die Stückpreise bei höheren Produktionszahlen in den jeweils neuesten Losen.  Da es ab Vertragsschluss etwas drei Jahre dauert, bis das erste Luftfahrzeug ausgeliefert werden kann, gehen Insider davon aus, dass die israelische Luftwaffe im Jahr 2025 oder 2026 die ersten Maschinen erhält.

Offenbar gibt es auch zwischen Israel und Deutschland bereits seit Jahren eine Abstimmung hinsichtlich der von beiden Armeen genutzten CH-53-Muster. So steht im Einzelplan 14 des Bundeshaushaltes für 2021 erneut der Passus, wonach an Israel bis zu zehn Hauptrotorköpfe für den Hubschrauber CH-53 unentgeltlich abgegeben werden können.

Die Kooperation beschränkt sich nicht nur auf Logistik und Ersatzteile wie Getriebe oder Triebwerke.  Auch bei der Ausbildung der Hubschrauberbesatzungen arbeiten beide Länder zusammen. So werden seit 2012 immer wieder CH-53-Besatzungen der deutschen Luftwaffe in Israel trainiert. Unter anderem weil hierzulande aufgrund des Afghanistan-Einsatzes Kapazitäten fehlten.

Deutsche Piloten können sich dabei auch ein Bild von der Luftbetankung machen, da die israelische Luftwaffe ihre Yasur-Helikopter durch C-130-Maschinen mit Treibstoff versorgt. Die Bundeswehr verfügt mit dem Aufbau der französisch-deutschen C-130-Hercules-Staffel in Evreux über ähnliche Luftbetankungsfähigkeiten. Dem Vernehmen nach nutzen im Gegenzug israelische Piloten die Möglichkeit, in den deutschen Alpen den Flug in bergigem Terrain zu trainieren.
lah/12/9.3.2021

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