Anzeige

Unterstützer sollen einbezogen werden

Das Thema Modernisierung und Digitalisierung des Heeres wird von den Planern im Verteidigungsministerium und der Bundeswehr offenbar immer umfassender gesehen, je weiter die konzeptionelle Auseinandersetzung damit voranschreitet. Anfangs wrude das Vorhaben als mobile taktische Kommunikation (Motako) gestartet  und hat mittlerweile die Bezeichnung Digitalisierung landbasierter Operationen (D-LBO) erhalten, was die Erweiterung der Dimension deutlich macht.

Der Chef des Amtes für Heeresentwicklung, Generalmajor Reinhard Wolski, begründete die neue  ganzheitliche Betrachtung mit dem Hinweis auf andernfalls auftretende Interoperabilitätsprobleme, wenn unterstützende Truppengattungen in die D-LBO eingeschlossen werden.

Wie er auf einer gemeinsamen Veranstaltung seines Amtes mit dem IT-Anwenderforum AFCEA Anfang Juni in Köln weiter ausführte, wurden die so genannten FFF für Motako als auch Motiv – beides weiterhin Bestandteil der D-LBO – mittlerweile abgeschlossen. Jetzt gehe es darum, die so genannten Enabler, wie das Kommando Cyber- und Informationsraum (CIR), den Sanitätsdienst oder die Streitkräftebasis mit einzubinden.

Dem Vernehmen nach wird angestrebt, für das Digitalisierungs-Vorhaben eine eigene Projektorganisation im Bundeswehr-Beschaffungsamt BAAINBw aufzusetzen –  ähnlich wie für die Euro-Drohne und das Taktische Luftverteidigungssystem. Wie es aus gut informierten Kreisen hieß, könnten womöglich beim BAAINBw dafür personelle Ressourcen frei werden, wenn Ende dieses oder Anfang des kommenden Jahres das Ausschreibungsvorhaben MKS 180 der Marine aus der Projektorganisation in die nächste Phase übergeht.

Nach Aussage von Wolski geht es bei der Digitalisierung landbasierter Operationen zukünftig darum, eine Führungs- und Wirkungsüberlegenheit zu realisieren, was übersetzt heißt: „schneller agieren, schneller schießen“. Offenbar gibt es in der Bundeswehr-Führung seit den Berichten aus der Ostukraine über das schnelle,  präzise und tödliche Zusammenwirken russischer Drohnenaufklärung mit Artilleriekräften auf russischem Territorium Zweifel an der eigenen Leistungsfähigkeit.

„Der zukünftige Erfolg landbasierter Operationen liegt in der Führungsfähigkeit und in der Überlegenheit, dass wir Sprache und Daten gleichzeitig kryptiert zur Anwendung bringen“, erläutere der Chef des Heeresamtes. Es gehe auch darum, deterministisch statt stochastisch zu wirken und ein so genanntes Sensor-to-Shooter-System zu entwickeln. Dazu könnten beispielsweise auch die vorhandenen Sensoren von Waffenträgern wie dem  Schützenpanzer Puma eingebunden werden.

Die Heeres-Planer legen  bei ihrer Betrachtung der zukünftigen Entwicklung offenbar einen Fokus auf die indirekte Feuerunterstützung. So soll nach  Aussage von Wolski die Reichweite der Mars-Raketenwerfer langfristig erweitert werden. 150 km sei dabei eine realisierbare Größenordnung, die nach Einschätzung des Generals allerdings nicht vor 2027 zur erreichen sein wird. Mittlerweile diskutieren die Verantwortlichen im Amt für Heeresentwicklung über artilleristische Wirkung bis 500 km – dem Vernehmen nach sollen diese Reichweitenforderungen vor allem aus den USA kommen. Allerdings sieht der Chef des Heeresamtes ein Problem bei solchen Reichweiten in der Aufklärung der zu bekämpfenden Ziele.

Konkret plant die  Bundeswehr für ihre Heerestruppen mit einer Wirkung der Artillerie bis 300 km. Dabei richten sich die Augen auf das deutsch-französische Vorhaben zu Entwicklung eines Systems zur indirekten Feuerunterstützung. Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, sollen hier jedoch in letzter Zeit unterschiedliche Auffassungen aufeinander getroffen sein. Während Deutschland eine breite Palette von Systemen anstrebt, die im Spektrum bis 300 km wirken können, sollen sich die französischen Partner offenbar stärker auf eine verbesserte Rohrartillerie fokussieren.

Aufgrund der von den Heeres-Planern erwarteten Verkürzung der Zeit zwischen Aufklärung und Wirkung bei gleichzeitig größerer Waffenreichweite des Gegners, werden Kommandozentralen in Zukunft noch verwundbarer. Es gebe Untersuchungen die zum dem Schluss kommen, dass das deutsche Heer –  wenn es die üblichen Bataillons-, Brigade und Divisionsgefechtsstände bis hinauf zum Korps aufrecht erhalte –  jede Auseinandersetzung auf Grund der eigenen Langsamkeit verlieren werde, warnte Wolski. „Wir müssen die Überlebensfähigkeit und die Verlegbarkeit unserer Bataillons- und Brigadegefechtsstände so machen, dass diese dauernd verlegen können.“  Wird diese Forderung umgesetzt, dürften sich ständig bewegende Kommandozentralen auf Fahrzeugen die Folge sein.
lah/21.6.2018

.i.td-icon-menu-up { display: none; }