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Mehr als 40 Fahrzeuge sollen langfristig ersetzt werden

Die Pioniere des Heeres setzen bereits seit Ende der 80er Jahre auf den Pionierpanzer Dachs. Mittlerweile ist der auf dem Fahrgestell des Leopard 1 basierende Dachs mit seinem Teleskop-Baggerarm allerdings technisch und leistungsmäßig so weit überholt, dass mittelfristig ein neuer Pionierpanzer für die Truppe benötigt wird.

Geplant wird offenbar seit einiger Zeit mit dem Ersatz aller 44 in den Pionierverbänden genutzten Dachse durch moderne Panzer.  Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, hat das Heer sogar einen Bedarf von 48 Pionierpanzern. Das Problem stellt im Augenblick allerdings die Finanzierung dar. Für das kommende Haushaltsjahr sind dem Vernehmen nach  keine Mittel für die Neubeschaffung der Fahrzeuge eingeplant. Beobachter sehen allerdings eine gewisse Chance, dass  bei der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses Mitte November das Projekt –  das vermutlich mehrere Hundert Millionen Euro umfassen wird – als Ersatz für ein verschobenes Vorhaben doch noch eine Finanzzusage erhält.

Da allgemein davon ausgegangen wird, dass der neue Pionierpanzer auf dem Chassis des Leopard 2 basieren wird, kommen als Anbieter des auch als gepanzerte Pioniermaschine beschriebenen Kettenfahrzeugs in Deutschland nur zwei Unternehmen in Betracht: Rheinmetall mit dem Pionierpanzer 3 Kodiak, sowie die FFG Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft GmbH mit dem Wisent 2. Für den Bau der Fahrzeuge wird der Auftragnehmer  Insidern zufolge voraussichtlich gebrauchte Leopard-2-Wannen von der Bundeswehr erhalten, was Kosten spart. Diese Chassis werden  dann zu Pionierpanzern aufgebaut.

Rheinmetall geht mit dem Kodiak ins Rennen

Der von Rheinmetall Landsysteme gefertigte Pionierpanzer 3 Kodiak ist der etwas länger auf dem Markt befindlichen der beiden Panzer. Die Entwicklung geht auf die Anforderungen der Schweizer Armee zurück. Die Schweiz war auch der erste Staat, der diesen  Pionierpanzer beschafft hat. Nach Angaben eines Rheinmetall-Sprechers, war es bei der Konzeption ein Wunsch der Schweiz, den Knickarmbagger mittig statt seitlich zu positionieren. Dies ermögliche es dem Fahrzeug, etwa in engen Bergeinschnitten mit einem Radius von 160 Grand nach beiden Seiten mit seinem  Ausleger zu agieren. Erstmals ausgeliefert wurde das Fahrzeug 2009 an die Schweiz. Dabei hatte das schweizerische Rüstungsunternehmen RUAG einen Anteil an der Wertschöpfung. Das Unternehmen könnte bei einer Bestellung durch die Bundeswehr  womöglich auch wieder eingebunden werden.

Durch die Positionierung des Knickarmbaggers in der Mitte der Fahrzeugfront, wäre das Fahrzeug bei Arbeiten unter einer Bedrohung von vorne weniger exponiert, erläuterte der Sprecher. Ein Panzer mit Seitenarm werde bei Baggerarbeiten mitunter quer gestellt, was die Silhouette vergrößere.

Der Kodiak verfügt laut Hersteller über die Fähigkeit bis zu zwei Werkzeuge für seinen Ausleger auf einer Plattform auf dem Heck mitzuführen. Der Wechsel der Werkzeuge könne dabei unter Schutz erfolgen, sagte der Sprecher. Die Crew des Panzers besteht aus bis zu drei Personen: Fahrer, Kommandant sowie ein Pionier.  Das Sichtkonzept besteht aus Winkelspiegeln und bis zu sechs Kamerasystemen. Bis auf das Anschlagen der Windenseile können dadurch laut Rheinmetall alle Arbeiten unter Schutz ausgeführt werden.

Neben einer Erdschaufel sind an den Baggerarm auch andere Werkzeuge wie ein Erdbohrer, Universalgreifer, Reißer, Betonschere oder Hydraulik-Hammer adaptierbar. Mitgeführt werden kann unter anderem eine Faschinenbrücke für die Überwindung von Panzergräben oder die Sicherung von Uferböschungen.

Pionierpanzer kann ferngesteuert werden

Die Räumschaufel am Bug des Fahrzeugs kann bei Bedarf durch einen Minenpflug der britischen Firma Pearson getauscht werden. In der Rolle als Minenräumer sind überdies Minen-Sprengsysteme wie Plofadder einrüstbar. Laut Hersteller zeichnet sich der Kodiak darüber hinaus durch ein Anti-Minen-Schutzkonzept aus.  Außerdem kann das Fahrzeug bei Bedarf ferngesteuert gefahren werden, um das Personal nicht zu gefährden. Komplettiert wird die Ausstattung durch zwei Winden mit jeweils 9 Tonnen Zugkraft.

Der Kodiak, der in der Gewichtskategorie MLC 70 liegt und über Fahrwerkskomponenten der MLC-80-Klasse verfügt, wird  bislang von vier Nationen genutzt: Der Schweiz, den Niederlanden, Schweden sowie einem  asiatischen Land.  Presseberichten zufolge soll es sich bei letzterem um Singapur handeln.

Da auch die Koninklijke Landmacht den Kodiak nutzt, könnten sich im Fall der Beschaffung durch die Bundeswehr Synergien etwa bei Logistik und Instandsetzung mit den Niederlanden, die 10 Panzer beschafft haben, ergeben.  Schließlich ist es die Absicht des deutschen und niederländischen Verteidigungsministeriums, die Heere beider Länder enger zu verzahnen.

FFG will  Wisent 2 platzieren

Der mittelständische Flensburger Spezialist für militärische Nischenfahrzeuge FFG, hat im Gegensatz zu Rheinmetall seinen Wisent 2 ohne militärischen Partner in eigener Regie entwickelt. Dabei hat das Unternehmen großen Wert darauf gelegt, dass der Wisent 2 von der Konfiguration als Pionierpanzer binnen weniger Stunden in einen vollwertigen Bergepanzer umgerüstet werden kann. Das Unternehmen hat bei seinem Konzept an einem auf der rechten Fahrzeugseite angeordneten Auslegerarm festgehalten.

Verkauft hat das Unternehmen den Wisent 2 in beiden Versionen mehr als 40mal in den vergangenen Jahren. Größter Kunde mit 18 Fahrzeugen sind die kanadischen Landstreitkräfte. Norwegen hat 12 Wisente – je hälftig in der Version als Pionier- und Bergepanzer – bestellt. Das erste Fahrzeug als Pionierpanzer befindet sich gegenwärtig im Auslieferungsprozess, sechs Bergepanzer wurden bereits ausgeliefert.  Zwei weitere Nutzer kommen aus dem Mittleren Osten. Der neueste Kunde für das Fahrzeug ist Ungarn. Nach Aussage von Christoph Jehn, Projektleiter Wisent 2, zeigen gegenwärtig noch weitere NATO-Staaten Interesse an dem Fahrzeug.

Wie er weiter ausführte, verfügt der Wisent 2 über ein Laufwerk, das für Lastenklassen bis MLC 80 geeignet ist. Das Fahrzeug folgt dabei den gleichen Prinzipien wie der Leopard 2 A7, wo Veränderungen am Seitenvorgelege und am Getriebe die Endgeschwindigkeit gering reduzieren, allerdings mehr Kraft auf die Kette bringen. Gepanzert ist der Wisent gemäß Stanag-Level 5 und könnte bei Bedarf auf Level 6 aufgerüstet werden, wie der Hersteller mitteilt.

Digitaler CAN-Bus bietet Vorteile

Gegenwärtig verfüge der Panzer aufgrund der verfolgten Philosophie über kein Gestell zum Mitführen von Werkzeugen, dies könne bei Kundenwunsch jedoch kurzfristig entwickelt werden, so FFG-Manager Jehn. Der Wisent nutze einen modernen digitalen CAN-Bus, über den auch vielfältige Fahrzeugdaten abgegriffen werden können. Gerade Norwegen, das bei der Digitalisierung der Fahrzeugflotte weit fortgeschritten sei, nutze diese Fähigkeiten des Fahrzeugs für die Einbindung in sein Battle Management System.

Die Besatzung beseht  typischerweise aus drei Personen. Bei Bedarf ist der Fahrer allerdings in der Lage, den  Wisent alleine zu bedienen. Ebenso wie der Kodiak kann auch der FFG-Panzer mit einem Pearson-Minenpflug ausgestattet werden. Da man aufgrund einer eigenen Lösung auf den Pflug-Adapter von Pearson mit einem Gewicht von über einer Tonne verzichten könne, sei der Wechsel des Räumschildes zum Minenpflug in kürzester Zeit zur realisieren. Für das Räumen von Minenfeldern kann der Wisent mit Systemen wie Plofadder sowie dem M-58 MICLIC ausgerüstet werden.

Als Auxiliary Power Unit (APU) zur Schonung des Motors bietet FFG sowohl einen klassischen Diesel-Generator als auch einen Auxiliary Power Booster (APB) auf Basis von Lithium-Ionen-Batterien an.  Norwegen werde den APB als erster Kunde  nutzen, erläuterte Jehn. Eine Waffenstation könne nach Kundenwunsch eingebaut werden.  Der  Panzer verfügt laut Herstellerangaben über eine Hauptwinde mit 40 Tonnen Zuglast, die im Dreifachzug bis zu 120 Tonnen bewältigen soll.  Ausgeliefert wurde der erste Wisent 2014 an Kanada.
lah/15.10.2019

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