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Trumps Pläne zur Raketenabwehr: Den Aufwand und das Geld nicht wert

Fabian Hoffmann

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Diese Woche kündigte Donald Trump Pläne für einen umfassenden Ausbau der US-Raketenabwehr an. Dies ist nicht überraschend, da er während des Wahlkampfs wiederholt betont hat, dass die Vereinigten Staaten ihr eigenes „Iron Dome“-System entwickeln sollten – in Anlehnung an das bekannte israelische Abwehrsystem, das vor kleineren Geschossen wie Artilleriegranaten, Mörsern und Raketen schützt.

Solange US-Grenzstädte nicht von Kanada oder Mexiko bedroht würden, wäre ein Iron-Dome-ähnliches System wenig sinnvoll. Trumps Pläne gehen jedoch weit darüber hinaus und konzentrieren sich auf „Luftbedrohungen der nächsten Generation“, darunter ballistische Raketen, Marschflugkörper und Hyperschallraketen. Zudem sieht er „weltraumgestützte Abfangsysteme“ und fortschrittliche „Endphasen-Abfangkapazitäten“ vor.

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Trumps umfassendere Raketenabwehrstrategie enthält weitere Initiativen, die nicht im Detail aufgeführt werden müssen. Entscheidend ist, dass sein Konzept über die derzeitige Fähigkeit zur Abwehr kleinerer oder versehentlicher nuklearer Angriffe hinausgeht. Stattdessen soll es groß angelegte nukleare Angriffe, einschließlich gezielter „Countervalue“-Schläge auf Städte, abwehren können.

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Sollte eine Trump-Regierung – oder eine künftige US-Regierung – ein solches Raketenabwehrsystem tatsächlich realisieren, würde dies die internationalen Beziehungen und die nukleare Kriegsführung grundlegend verändern. Wie nachfolgend erläutert, ist eine solche Entwicklung jedoch höchst unrealistisch, und ihr Streben wäre sowohl ineffizient als auch strategisch unsinnig.

Komplex, teuer und leicht zu überwinden

Die Vereinigten Staaten verfügen bereits über strategische Raketenabwehrsysteme, die ankommende nukleare Sprengköpfe abfangen sollen, bevor sie das amerikanische Festland erreichen. Dieses System besteht aus 44 bodengestützten Abfangraketen (Ground-Based Interceptor, GBI), die an zwei Standorten stationiert sind: Fort Greely, Alaska, und Vandenberg Space Force Base, Kalifornien.

Geht man von einer optimistischen individuellen Abfangwahrscheinlichkeit von 80 bis 90 Prozent aus, müssten für jeden ankommenden Sprengkopf mindestens zwei, idealerweise aber drei Abfangflugkörper bereitgestellt werden, um eine hohe Abfangwahrscheinlichkeit zu gewährleisten. Bei den derzeitigen Kapazitäten bedeutet dies, dass das System realistischerweise nur 14 bis 22 Sprengköpfe abfangen könnte. Das mag ausreichen, um einen kleineren Angriff oder einen versehentlichen Abschuss abzuwehren, reicht aber bei weitem nicht aus, um die rund 1.600 strategischen Nuklearsprengköpfe Russlands oder die geschätzten 600 strategischen Nuklearsprengköpfe Chinas zu neutralisieren.

Um groß angelegte Angriffe abzuwehren, müsste das GBI-Arsenal der USA drastisch erweitert werden. Im Prinzip ist dies machbar – die Technologie ist gut bekannt, und die Produktion könnte skaliert werden. Das Problem sind die Kosten.

Die nächste Generation von GBI, die derzeit von Lockheed Martin entwickelt wird, wird voraussichtlich mindestens 70 Millionen Dollar pro Flugkörper kosten, wobei Schätzungen eher von 90 bis 100 Millionen Dollar ausgehen. Selbst wenn man von der unteren Schätzung von 70 Millionen Dollar ausgeht und eine Doktrin annimmt, die drei Abfangraketen pro feindlichem Sprengkopf vorsieht, um Redundanz und eine hohe Abfangwahrscheinlichkeit sicherzustellen, wäre die finanzielle Belastung enorm:

  • 126 Milliarden US-Dollar, um Chinas Atomwaffenarsenal zu neutralisieren
  • 336 Milliarden US-Dollar, um Russlands Atomwaffenarsenal zu bekämpfen
  • 462 Milliarden US-Dollar, um beide Arsenale gleichzeitig abzufangen

Und dies ist eine äußerst konservative Schätzung. Sie geht davon aus, dass die Zahl der Sprengköpfe konstant bleibt – eine Annahme, die bereits überholt ist, da China sein Arsenal aktiv ausbaut und Russland möglicherweise nachzieht. Zudem sind die Kosten für die Bereitstellung unterstützender Systeme wie Satelliten, Radaranlagen, zusätzliche Stützpunkte sowie das Personal für Betrieb und Wartung nicht einmal eingerechnet. Insgesamt wäre dies ein Vorhaben im Umfang von mehreren Billionen Dollar. Wo soll das Geld herkommen, insbesondere angesichts der vielen anderen sicherheitspolitischen Prioritäten?

Die andere Option, die in Trumps Ankündigung erwähnt wurde, wäre die Investition in weltraumgestützte Abfangsysteme, insbesondere für das Abfangen von Interkontinentalraketen in der Startphase. Der Vorteil dieses Ansatzes liegt darin, dass er das Trägersystem angreift, bevor sich die nuklearen Sprengköpfe abtrennen, sodass ein einzelnes Abfangen mehrere Sprengköpfe auf einmal neutralisieren könnte. Dies würde die benötigte Anzahl an Abfangraketen erheblich reduzieren. In der Theorie könnte dies durch satellitengestützte Abfangraketen oder weltraumgestützte Laserwaffen erreicht werden.

Das Problem ist, dass diese Technologie im Gegensatz zu bodengestützten Abfangsystemen weder ausgereift noch einsatzfähig ist. Zwar werden Laserwaffen für die Abwehr kleiner, kurzreichweitiger Ziele immer effektiver, doch sind wir weit davon entfernt, leistungsfähige Laserwaffen zu entwickeln, die Interkontinentalraketen in einer Entfernung von Dutzenden oder gar Hunderten von Kilometern zuverlässig zerstören können – eine Reichweite, die für ein funktionierendes weltraumgestütztes System wahrscheinlich notwendig wäre. Kinetische Abfangsysteme könnten in einem kürzeren Zeitrahmen realisiert werden, doch deren Integration in ein weltraumgestütztes Verteidigungssystem wäre nach wie vor eine enorme technische und logistische Herausforderung.

Ein weiteres großes Problem ist die notwendige Skalierung. Satelliten sind nicht stationär, sodass für eine konstante Überwachung Russlands und Chinas eine riesige Satellitenkonstellation erforderlich wäre. Um beispielsweise jederzeit mindestens einen bis acht Abfangsatelliten über China verfügbar zu haben, bräuchte es ein Netzwerk von über 1.000 Satelliten. Die Kosten für die Entwicklung, den Start und die Wartung eines solchen Systems sowie für die notwendige Forschung und Infrastruktur würden sich wahrscheinlich auf Hunderte von Milliarden, wenn nicht Billionen Dollar belaufen. Und selbst dann könnten U-Boot-gestützte Nuklearwaffen einfach im Ozean außerhalb der Erfassungsreichweite dieser Systeme operieren und so die Effektivität des gesamten Abwehrsystems untergraben.

Abgesehen von den technischen und finanziellen Herausforderungen ist das größte Problem, dass strategische Raketenabwehr relativ leicht umgangen werden kann. Sollte die US-Regierung beispielsweise tatsächlich 4.800 bodengestützte Abfangraketen gegen Russlands 1.600 stationierte Nuklearsprengköpfe einsetzen, könnte Russland einfach die Zahl seiner einsatzbereiten Sprengköpfe erhöhen, indem es Sprengköpfe aus seinen Reserven entnimmt und die Ladekapazität seiner ICBM-Trägersysteme maximiert – womit Russland sein Arsenal schnell auf über 3.000 Sprengköpfe ausbauen könnte.

Gleiches gilt für ein weltraumgestütztes Abwehrsystem: China und Russland könnten einfach massiv in Anti-Satelliten-Waffen (ASAT) investieren, sowohl in kinetische als auch in nicht-kinetische Technologien, um das Abwehrsystem außer Kraft zu setzen oder komplett zu zerstören.

Keinesfalls würden China, Russland oder eine andere Atommacht passiv dabei zusehen, wie ihre Zweitschlagsfähigkeit durch die Raketenabwehr eines Gegners neutralisiert wird. Sie würden mit aller Kraft dagegenhalten. Die Annahme, dass dies nicht der Fall wäre, ist reine Hybris – und weit entfernt von der Realität.

Sinnvolle Investitionen in die Raketenabwehr

Das bedeutet natürlich nicht, dass Raketenabwehr unnötig oder grundsätzlich eine schlechte Investition ist. Die Vereinigten Staaten benötigen dringend stärkere Raketenabwehrkapazitäten, sowohl für den Einsatz auf dem Gefechtsfeld als auch für die Verteidigung des eigenen Territoriums. Der Krieg in der Ukraine hat zudem gezeigt, dass eine effektive Raketenabwehr möglich ist. Die Aufstockung der Ressourcen für die strategische Raketenabwehr zur Abwehr groß angelegter nuklearer Angriffe bleibt jedoch ein aussichtsloses Unterfangen, das Mittel von wichtigeren Prioritäten abzieht.

Im asiatisch-pazifischen Raum benötigen die USA ein leistungsfähiges Raketenabwehrsystem, um chinesische Marschflugkörper und ballistische Raketen abzuwehren, die auf vorgelagerte Stützpunkte und Verbündete gerichtet sind. Eine wirksame Verteidigung erfordert größere Investitionen in speziell optimierte Abwehrsysteme wie NASAMS, Patriot, Aegis und THAAD.

Auch wenn China derzeit noch keine konventionellen Raketen besitzt, die glaubhaft Ziele in den USA bedrohen können, wird vermutet, dass es eine landangriffsfähige Marschflugkörperkapazität für Plattformen wie das Lenkwaffen-U-Boot vom Typ 093B und den Zerstörer vom Typ 055 entwickelt. Um dieser wachsenden Bedrohung zu begegnen, sind zusätzliche Raketenabwehrsysteme erforderlich. Solche Investitionen sollten eindeutig Vorrang vor dem letztlich vergeblichen Streben nach einer groß angelegten strategischen Raketenabwehr haben.

Autor: Fabian Hoffmann ist Doktorand am Oslo Nuclear Project an der Universität Oslo. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Verteidigungspolitik, Flugkörpertechnologie und Nuklearstrategie. Der Beitrag erschien erstmalig am 2.02.2025 in englischer Sprache im „Missile Matters“ Newsletter auf Substack.