Wenn Rüstungsprojekte nicht wie geplant umgesetzt werden, ergibt sich für die Planer im Verteidigungsministerium am Jahresende ein Problem: Sie müssen die ihnen vom Finanzministerium bereitgestellten Mittel zurückgeben und später neu beantragen. Schließlich gilt beim Bundeshaushalt das Prinzip der Jährlichkeit.
Um einen Puffer bei unvorhergesehenen Entwicklungen zu haben, kann das BMVg jedoch seit Kurzem nicht abgeflossenes Geld in Höhe von maximal 500 Mio EUR pro Jahr in die so genannte Rüstungsrücklage schieben. Damit bleiben diese Mittel für Projekte erhalten. Das Instrument geht auf den Koalitionsvertrag von 2018 zurück, demzufolge Voraussetzungen für die überjährige Planungs- und Finanzierungssicherheit bei Rüstungsinvestitionen geschaffen werden sollen.
Offenbar kommt diese Rücklage genau zum richtigen Zeitpunkt, denn im vergangenen Jahr konnten über 800 Mio EUR aus dem Rüstungsinvestitionsbereich nicht zur Kasse gebracht werden, wie Ministerialdirektor Karl Henning Bald, Abteilungsleiter Haushalt und Controlling im BMVg, am Dienstag auf dem Symposium Perspektiven Wehrtechnik 2020 der DWT in Bonn erläuterte. Die Summe dürfte fast zehn Prozent der 2019 projektierten Rüstungsinvestitionen entsprechen.
Insgesamt ist der Verteidigungshaushalt des vergangenen Jahres den Worten des Abteilungsleiters zufolge 626 Mio EUR unter dem Soll-Ansatz geblieben. Davon seien 500 Mio EUR in die Rüstungsrücklage überführt und mehr als 120 Mio EUR in Aufgabenbereiche geschoben worden, in denen sie im Folgejahr genutzt werden könnten, sagte Bald. So genehmigte der Haushaltsausschuss Ende vergangenen Jahres noch die Kapitalaufstockung der bundeseigenen BwFuhrparkService GmbH, die neue Fahrzeuge für die Bundeswehr beschafft.
Hintergrund der Finanzoperationen dürften Verzögerungen bei Großprojekten in 2019 gewesen sein. So wurden entgegen der Prognose im vergangenen Jahr weder U-Boote noch das Mehrzweckkampfschiff beauftragt; Helikopter wurden zeitweise nicht abgenommen, Flugzeuge nicht geliefert. Bald wünscht sich aufgrund der Probleme beim Mittelabfluss eine bessere Zusammenarbeit mit den Lieferanten. Während pro Jahr maximal eine halbe Milliarde EUR in den Fonds geparkt werden kann, gibt es für die Entnahme dagegen keine Obergrenze.
Nach Aussage des Haushaltsexperten wird Deutschland im laufenden Jahr mit einem Einzelplan 14 in Höhe von 45,1 Mrd EUR eine NATO-Quote der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 1,42 Prozent erreichen. Aufgrund der Annahme eines wachsenden BIP bei einer gegenwärtig festgelegten leicht rückläufigen Finanzlinie für Verteidigung rechnet er für 2021 nur noch mit einer Quote von 1,36 Prozent – Tendenz weiter fallend.
Allerdings werden in Kürze die Vorbereitungen für die Aufstellung des Haushalts 2021 beginnen, dessen Entwurf Mitte Juni vom Kabinett gebilligt werden soll. Da sowohl die Verteidigungsministerin als auch die Kanzlerin sich öffentlich zu einer NATO-Quote von 1,5 im Jahr 2024 bekannt haben, will das BMVg offenbar mit deutlich höheren Forderungen in die anstehenden Budgetverhandlungen 2021 gehen.
Erforderlich wäre es, dass auch die Eckwerte für die Verteidigungsplanung der kommenden Jahre angehoben werden, damit neue Großprojekte starten können. So gilt im Augenblick in Fachkreisen die Finanzierung das Taktischen Luftverteidigungssystems (TLVS) als nicht gesichert, während die Beschaffung eines schweren Transporthubschraubers in der Langfrist-Planung enthalten ist – obwohl die ursprünglich beim Haushaltsentwurf 2020 vorgesehenen Verpflichtungsermächtigungen für das Vorhaben nach der Bereinigungssitzung gestrichen wurden. Dem Vernehmen lag das an dem Fakt, dass doch nicht – wie eigentlich vorgesehen – im laufenden Jahr ein Vertragsschluss angestrebt wird.
lah/22.1.2019