Mit dem Luftbeweglichen Waffenträger (LuWa) beabsichtigt die Bundeswehr, die Waffenträger Wiesel Maschinenkanone und Wiesel MELLS der Luftlandetruppe zu ersetzen. Deren Nutzungsdauerende wird zu Beginn der 2030er Jahre erreicht. Auch die ebenfalls zur Kräftekategorie „Leichte Kräfte“ gehörende Gebirgsjägertruppe sollte dem Vernehmen nach mit dem LuWa ausgestattet werden.
Wie hartpunkt nun aus verschiedenen gut unterrichteten Kreisen erfahren hat, wird dieses Vorhaben jedoch abgebrochen, da das Angebot des potenziellen LuWa-Anbieters Rheinmetall Electronics GmbH dem Vernehmen nach deutlich über dem zur Verfügung stehenden Budget des Bundeswehr-Beschaffungsamtes BAAINBw liegt. Auch intensive Verhandlungen zwischen BAAINBw und Rheinmetall über mögliche Lösungen zur Kostensenkung haben offenbar keine Einigung gebracht. Eine Sprecherin des BAAINBw wollte zum jetzigen Zeitpunkt aus vergaberechtlichen Gründen eine Anfrage von hartpunkt zu dem Sachverhalt nicht beantworten. Auch Rheinmetall wollte sich kurzfristig zu dem Thema nicht äußern.
Das BAAINBw hatte das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb für die „Entwicklung und Produktion eines Luftbeweglichen Waffenträgers (LuWa)“ bereits Ende September 2023 eröffnet. Ausgeschrieben war die „Entwicklung von Vorserienfahrzeugen und -geräten in drei Ausführungen“, zudem die „Lieferung von 89 Fahrzeugen, sowie Ersatzteile und Sonderwerkzeug, Lieferung von Ausbildungsmitteln und Durchführung der entsprechenden Schulungsmaßnahmen (Instandsetzung, Fahrschule, Waffe, Duellsimulator)“. Insidern zufolge soll nur Rheinmetall Electronics ein Angebot abgegeben haben. Absicht der in Bremen ansässigen Tochter des Düsseldorfer Rheinmetall-Konzerns war es demnach, den LuWa zusammen mit der FFG Flensburger Fahrzeugbau GmbH zu entwickeln und zu produzieren, wobei Rheinmetall als Generalauftragnehmer fungiert hätte.
Der Entwicklungsanteil des ausgeschriebenen Auftrages sah vor, dass drei Vorserienfahrzeuge – jeweils eins in der Variante Maschinenkanone, Panzerabwehr und Fahrschule – samt fünf Waffenanlagen Maschinenkanone entwickelt, geliefert und im Rahmen der sogenannten Integrierten Nachweisführung qualifiziert werden.
Den damaligen Angaben des BAAINBw zufolge beinhaltete der Entwicklungsanteil „den entwicklungsbegleitenden Prozess der über ,Design Reviews‘ (Meilensteine) definiert ist.“ Entsprechende Konzepte wurden vom Auftragnehmer gefordert und bis zum Critical Design Review (CDR) finalisiert. Im Anschluss daran sollte der Bau der Vorserienfahrzeuge für die Integrierte Nachweisführung beginnen. „Eine erfolgreiche Qualifikation ist die Voraussetzung für die Serienfreigabe. Nach abgeschlossener Nachweisführung und Serien-Konstruktionsstandfestlegung sind die Vorserienfahrzeuge instandzusetzen und auf den K-Stand der Serie zu bringen“, hieß es in der auf TED veröffentlichten Mitteilung des BAAINBw vom September 2023.
Insgesamt war beabsichtigt, 56 LuWa MK und 24 LuWa Panzerabwehr (MELLS) und 9 Fahrschulfahrzeuge zu beschaffen. Wobei der TED-Meldung zufolge „eine Maschinenkanone 25 mm sowie die Funkgeräteausstattung D-LBO“ von der Bundeswehr gestellt werden sollten. Weitere Bestandteile des Auftrages waren die Erstellung der Ausbildungsmittel für Instandsetzung, Fahrschule, Waffe und Ausbildungsgerät Duellsimulator (AGDUS) sowie eine entsprechende Erstausbildung durch die Industrie.
„Die Aufnahme einer Waffenanlage Maschinenkanone 25mm (MK) und Panzerabwehr (PzAbw), eine hohe Mobilität im Gelände bei moderatem Schutzniveau und die Lufttransportfähigkeit als Innenlast im und Außenlast am Schweren Transporthubschrauber (STH) stellen die Kernforderungen des LuWa dar und sind designbestimmend“, schrieb das BAAINBw. Damit die Lufttransportfähigkeit im zukünftigen Schweren Transporthubschrauber Chinook sichergestellt gewesen wäre, war die maximale Fahrzeuglänge auf 4,2 Meter, die maximale Höhe auf 1,87 Meter und die maximale Breite des LuWa auf 1,9 Meter zu beschränken.
Weiterhin sollte der LuWa über eine modulare Bauweise verfügen, welche sich aus einem einheitlichen Fahrgestell und den Modulen Waffenanlage Maschinenkanone, Waffenanlage Panzerabwehr oder Fahrschulkabine zusammensetzt.
Die zulässige Gesamtmasse des LuWa sollte mindestens 5 Tonnen betragen, die Gefechtsmasse war auf maximal 4,5 Tonnen beschränkt. Die zu leistende Dauergeschwindigkeit auf ebener Straße war mit 90 km/h angegeben, zudem war eine hohe Mobilität im Gelände und ein spezifischer Bodendruck von weniger als 5 N/cm² gefordert.
Der genaue Fahrzeugschutz wurde nicht angegeben, in der Meldung stand lediglich, dass der LuWa „über einen definierten Schutz der Fahrzeugbesatzung vor Wuchtgeschossen und Minenwirkung gemäß STANAG 4569 verfügen“ muss. Ausgehend von der Gewichtsbeschränkung des Fahrzeuges kann davon ausgegangen werden, dass dies maximal Level 2 betragen hätte.
Wie weiter mit der Wiesel-Nachfolge?
Es ist derzeit unklar, wie die Wiesel-Nachfolge gelöst werden soll. Die Bundeswehr hat in der Vergangenheit mehrfach offiziell kommuniziert, dass die nutzungsdauerverlängerten Wiesel 1 (Maschinenkanone und MELLS) 2030 ihr Nutzungsdauerende erreichen werden. Es stehen somit nur noch fünf Jahre für die Realisierung einer Lösung zur Verfügung, damit die Fallschirmjägertruppe auch zukünftig über eine organische Fähigkeit zur direkten taktischen Feuerunterstützung verfügt. Der Bundeswehr zufolge ermöglicht die „direkte taktische Feuerunterstützung der Infanterie ein rasches und geschütztes Vorgehen durch gezielte Bekämpfung, beispielsweise von weitreichenden, gegnerischen Waffensystemen. Die waffenträgergebundene direkte taktische Feuerunterstützung erfolgt grundsätzlich in unmittelbarer Nähe der abgesessenen Kräfte, u. a. um unmittelbare Absprachen treffen zu können. Dies geschieht bei entsprechender Sicht auch durch Waffen mit großen Reichweiten“.
Denkbar wären theoretisch folgende Optionen:
- Verzicht auf eine organische Fähigkeit der direkten taktischen Feuerunterstützung in der Fallschirmjäger- sowie Gebirgsjägertruppe.
- Neustart einer mit einem größeren Budget ausgestatteten LuWa-Ausschreibung.
- Modernisierung und Obsoleszenzbeseitigung der aktuellen Wiesel-1-Flotte, wobei unklar sein dürfte, ob die Wiesel-1-Platform in der Lage wäre, die für den LuWa vorgesehene Bewaffnung im Kaliber 25 mm x 137 aufzunehmen. Der für den LuWa sowie das zukünftige Spähfahrzeug Korsak vorgesehene Turm samt Rheinmetall-Maschinenkanone vom Typ KBA soll dem Vernehmen nach etwa 700 kg wiegen. Auch die Rückstoßkräfte der KBA sollen signifikant über dem der 20mm-Maschinenkanone Rh 202 des Wiesel 1 liegen.
- Realisierung der organischen Fähigkeit der direkten taktischen Feuerunterstützung auf einer anderen Plattform – beispielsweise einem unbemannten Bodenfahrzeug oder auf der radgestützten Luftlandeplattform Caracal.
Waldemar Geiger