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Nebel über Ausgestaltung des künftigen NNbS lichtet sich

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Das laufende Jahr wird  für die bodengebundene Luftverteidigung der Bundeswehr in mehrfacher Hinsicht zu einem Schlüsseldatum: So sollen bis Ende 2018 die Verträge zur Beschaffung des Taktischen Luftverteidigungssystems TLVS fertig verhandelt werden. Darüber hinaus kann  voraussichtlich mit der anstehenden Billigung des Phasenpapiers  Fähigkeitslücke und funktionale Forderung (FFF) für die Luftverteidigung im Nah- und Nächstbereich der Beschaffungsprozess anlaufen. Und schließlich will das Heer bei seinem neuen Selbstschutzkonzept  „qualifizierte Fliegerabwehr“ die erste Marktsichtung vornehmen.

Die verantwortlichen Planer haben die  FFF für den so genannten Nah- und Nächstbereichsschutz (NNbS), mit dem Bedrohungen unterhalb des heute von Patriot abgedeckten Zielspektrums begegnet werden soll, erst  vor wenigen Wochen fertiggestellt.  Die Billigung dieses Dokuments durch den  Generalinspekteur der Bundeswehr wird für Mitte des Jahres erwartet. Wie es aus der Industrie heißt, könnte bis Jahresende eine Auswahlentscheidung getroffen werden, was jedoch als sehr ambitioniert gilt.

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Bei der Beschaffung von NNbS geht die Luftwaffe von einem Waffensystemumfang aus, der für den Schutz der deutschen Brigaden, Divisions- und Korpsgefechtsstände ausreicht, die die Bundeswehr zukünftig der NATO zur Verfügung stellen will. Gut informierten Kreisen zufolge liegen die  Planungen bei insgesamt 14 Feuereinheiten mit ebenso vielen Mittelbereichsradaren.

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Für den Aufbau des NNbS  ist ein zweistufiger Realisierungsweg beschlossen worden: Im  ersten Teilprojekt wird ab 2023 beabsichtigt,  in einer so genannten Erstbefähigung  den Schutz „einiger weniger Brigaden bis 2026 sicherzustellen“, wie die Luftwaffe mitteilt. Im zweiten Teilprojekt, der so genannten Folgebefähigung, soll bis 2032 der Schutz aller der NATO zugesagten Brigaden, Divisions- und Korpsgefechtsstände – inklusive der  entsprechenden Kampf- und Einsatzunterstützungstruppen –  gewährleistet werden. Offenbar rückt erst in der zweiten Phase die Bekämpfung von Drohnen mit modernsten Wirkmitteln verstärkt in den Fokus. Dem Vernehmen nach sollen Laser-Effektoren, die zunächst noch zu Ende entwickelt werden müssen, erst in der zweiten Phase des Vorhabens zum Einsatz kommen. Gegenwärtig befinden sich Rheinmetall und MBDA in Verhandlungen, um ihre Lasersparten in ein Gemeinschaftsunternehmen einzubringen.

Die Herausforderung bei der Realisierung des Vorhabens besteht nach Einschätzung der Luftwaffe in den zeitlichen Vorgaben und den  zur Verfügung stehenden Finanzmitteln.  Diese Vorgaben machten es erforderlich, für die Erstbefähigung weitgehend auf marktverfügbare Komponenten zurückzugreifen. Folglich seien bereits heute Einschränkungen in der Erfüllung der operationellen Forderungslage abzusehen, räumte ein Luftwaffensprecher ein.

Bei der Abwehr von Bedrohungen aus der Luft sehen die Planer offenbar das Taktische Luftverteidigungssystem (TLVS), das  mit seinem Hochleistungsflugkörper PAC-3 MSE auf großen Distanzen gegen Luftziele und ballistische Raketen wirken kann, und NNbS als Bestandteile eines Gesamtverbundes. „TLVS und NNbS werden sich durch weitest gehende operationelle Flexibilität und Interoperabilität auszeichnen. Komponenten, soweit sinnvoll, oder vollständige Feuereinheiten NNbS werden bruchfrei an TLVS anbindbar sein“, heißt es dazu von der Luftwaffe. Vor diesem Hintergrund kann der Auftritt des Rüstungsunternehmens und TLVS-Anbieters MBDA auf der vergangenen ILA in Berlin gesehen werden: Dort wurde der TLVS-Feuerleitstand –  das so genannte Tactical Operation Centre (TOC) –  als mögliche Kommandozentrale auch für NNbS vorgestellt. Die Interoperabilität zwischen NNbS und TLVS würde überdies verbessert, falls der als Zweitflugkörper bei TLVS gesetzte Iris-T SL  von Diehl bei NNbS den Zuschlag erhalten sollte.

Mittlerweile hat auch Rheinmetall detailliert dargelegt, wie es sich seinen Ansatz für den NNbS vorstellt. Das Unternehmen will seinerseits ein TOC anbieten, das nicht nur sämtliche Effektoren und Sensoren des NNbS koordiniert, sondern bei Bedarf auch an die Feuerleitung der Patriot-Systeme gekoppelt werden kann. Aus den Ausführungen von Rheinmetall wird deutlich, dass ein erheblicher Anteil der vorgeschlagenen NNbS-Komponenten mobil oder sogar hochgeländegängig sein soll.

So schlägt das Unternehmen neben der Iris-T SL auf Lkw-Launcher auch die kleinere Iris-T SLS auf Basis eines gepanzerten Radfahrzeugs vor. Bei der Iris-T SLS handelt es sich um den leicht modifizierten Luft-Luft-Flugkörper gleichen Namens, von dem eine hohe Stückzahl bereits „abgeflogen“ und daher nicht mehr für den Einsatz in der Luft zugelassen ist. Die Verwendung dieser Iris-T SLS würde zwar Kosten sparen. Andererseits gibt es offenbar Bedenken, dass diese Raketen im Kriegsfall doch wieder für den Luftkampf zugelassen werden könnten und dann für die bodengebundene Luftverteidigung fehlen.

Konzeptionell und praktisch wird sich auf jeden Fall eine Herausforderung daraus ergeben, dass die mobilen Flugabwehrverbände der Luftwaffe eng vernetzt mit den Heeresverbänden operieren müssen.

 

MBDA und Lockheed Martin mit neuem Joint Venture

Das Projekt TLVS befindet sich nach Jahren des Verzugs aktuell noch immer in der Verhandlungsphase. Die Verträge sollen nach augenblicklicher Planung bis Jahresende abschließend verhandelt werden. Erst danach ist die parlamentarische Befassung möglich. Einen wichtigen Fortschritt für das TLVS-Projekt haben MBDA Deutschland und Lockheed Martin durch die Gründung eines Joint Ventures Anfang März erreicht.

Das als TLVS GmbH registrierte Gemeinschaftsunternehmen soll Hauptauftragnehmer für das Vorhaben werden. Geleitet wird das Joint Venture  mit Sitz am MBDA-Standort Schrobenhausen gemeinschaftlich von Dietmar Thelen für MBDA und Gregory Kee für Lockheed Martin.  Nach Angaben eines MBDA-Sprechers werden 60 Prozent der Kapitalanteile von MBDA gehalten, 40 Prozent von Lockheed Martin. Wie sich der zukünftige Workshare und die Risikoverteilung bemessen, konnte der Sprecher nicht beantworten.

Die Gründung des Joint Ventures dürfte auf das Wohlwollen des Verteidigungsministeriums stoßen, weil mit Lockheed Martin ein potenter Industriepartner an dem Milliarden-Projekt beteiligt wird. MBDA hatte in der Vergangenheit offenbar nicht immer die Zielvorstellungen des BMVg erfüllt. Lockheed Martin seinerseits sieht Insidern zufolge Exportchancen für TLVS. Denn das auf dem trilateralen MEADS-Vorhaben der USA, Deutschlands und Italiens basierende System soll den Herstellern zufolge im Vergleich zu den bewährten Patriot-Batterien moderner sein  und über Eigenschaften wie eine offene Systemarchitektur sowie einen 360-Grad-Rundumschutz  verfügen. Aufgrund der Verzögerungen bei TLVS haben sich mit Polen, Rumänien und Schweden allerdings bereits einige potenzielle TLVS-Kunden für das Patriot-System von Raytheon entschieden.

Während als Effektoren die Flugkörper PAC-3 MSE von Lockheed Martin und Iris-T SL von Diehl vorgesehen sind, soll die Auswahl der Überwachungs- und Feuerleitradare  im Rahmen der Vertragsverhandlungen noch getroffen werden. Hier geht es dem Vernehmen nach neben den Weitbereichsradaren um die MFCR-Feuerleitradare sowie Mittelbereichsradare.

Im Rahmen einer so genannten Risikominimierungsstudie waren die Produkte mehrerer Anbieter untersucht worden. Für den Mittelbereich war dabei  offenbar ein Radar von Saab vorgeschlagen worden. Allerdings hat mittlerweile auch Hensoldt ein Produkt auf den Weg gebracht, das als Mittelbereichsradar in Frage kommt. Da Sensortechnik als deutsche Schlüsseltechnologie klassifiziert wurde, könnte das Verteidigungsministerium womöglich in eigenem Ermessen ein Radar vorgeben – ähnlich wie dies beim Marine-Luftraumüberwachungsradar für das Marineschiff MKS180 geschehen ist.

Nach Aussage der Luftwaffe hängt der Zeitplan für die Einführung von TLVS in die Truppe vom Ergebnis der laufenden Vertragsverhandlungen ab. „Nach aktuellen Planungen werden die ersten Patriot-Einheiten ab Mitte der nächste Dekade durch TLVS ersetzt“, teilte ein Sprecher der Luftwaffe dazu mit.

Patriot bleibt Rückgrat der Luftverteidigung

Somit wird das System Patriot bis weit ins kommende Jahrzehnt weiterhin das Rückgrat der deutschen Luftverteidigung bilden. Zum Erhalt der Einsatzreife des Waffensystems Patriot sei es erforderlich, dass die Hardware angepasst und damit der sichere Betrieb gewährleistet werde, so die Luftwaffe. „Dies bedeutet, dass die derzeit in der so genannten Konfiguration 3 betriebenen Waffensysteme der Luftwaffe auf den Stand „Config 3+“ gebracht werden“. Im Bereich der nationalen Komponenten seien demnach Obsoleszenzen zu beheben. Außerdem müsse eine längere Nutzung von Fahrzeugen und Generatoren ermöglicht werden,  beziehungsweise diese ersetzt werden.

Die Luftwaffe hält es für erforderlich, neben der Einrüstung einer modernen Bedienstation auch den Waffenleitrechner zu ersetzen. In den Radargeräten sollen darüber hinaus veraltete Baugruppen ausgetauscht werden. Zum Erreichen der Befähigung  zur Freund-Feind-Erkennung  im modernen IFF Mode 5 wird das bislang genutzte Abfragegerät durch ein neues ersetzt. Die Umsetzung einzelner Maßnahmen hat den Angaben zufolge bereits begonnen. Ein Abschluss wird für 2023 avisiert. Als Folge der Modernisierung sollen auch nicht näher spezifizierte Leistungssteigerungen erreicht werden.

Nach Angaben der Luftwaffe sehen andere Nutzernationen den Einsatz des Waffensystems Patriot auch über das Jahr 2040 hinaus vor. „Mit den derzeit geplanten Maßnahmen wird das deutsche Patriot auf einem zeitgemäßen Rüstzustand gehalten.“ Damit dürfte ein zeitlicher Puffer vorhanden sein, falls TLVS später als geplant zuläuft.

Offenbar hält sich das Verteidigungsministerium auch weiterhin die Option offen, Patriot als zukünftiges TLVS zu nutzen, falls es zu keinem Vertragsabschluss mit dem Konsortium von MBDA und Lockheed Martin kommen sollte. Vor diesem Hintergrund dürfte die gegenwärtig laufende Untersuchung gesehen werden, in der die Einbindung von Iris-T SL in Patriot geprüft wird.

Für die Beibehaltung von Patriot könnte auch ein anderer Punkt sprechen: Die PAC-2 Flugkörper der deutschen Patriot-Staffeln haben offenbar eine deutlich größere Reichweite als die Iris-T SL mit ihren angeblich 40 Kilometern. Damit könnten nach Aussage von Rheinmetall angreifende Jets bekämpft werden, bevor sie in einer Entfernung von 60 bis 80 Kilometern ihre Anti-Radar-Flugkörper ausklinken.  Und laut Rheinmetall verfügt  die Bundeswehr gegenwärtig über rund 800 PAC-2 Flugkörper für Patriot, die bei entsprechender Wartung praktisch unbegrenzt haltbar seien. Die für TLVS vorgesehenen sehr teuren PAC-3 MSE sind dagegen in erster Linie für die Abwehr ballistischer Raketen gedacht.

Vor diesem Hintergrund muss sich das Verteidigungsministerium genau überlegen, welches System für TLVS ausgewählt wird. Vielleicht wird ja auch irgendwann eine dritte Variante untersucht: Die Weiternutzung von Patriot-Komponenten, wie etwa den PAC-2 Raketen und ihren Launchern, und die Anbindung an das TLVS/MEADS-System. MBDA und Lockheed Martin haben stets betont, dass sich ihr System mit beliebigen anderen Sensoren und Effektoren kombinieren lässt.

Ballistic Missile Defence

Als wichtige Teilaufgabe der bodengebundenen Luftverteidigung gilt die Abwehr ballistischer Flugkörper. Diese Ballistic Missile Defence (BMD) erfolgt in einem entsprechenden Programm der NATO, bei dem das Führungssystem von den Mitgliedsstaaten gemeinsam finanziert wird. Darüber hinausgehende  Beiträge, wie zum Beispiel der US European Phased Adapted Approach (US EPAA) mit den Aegis-Ashore-Anlagen in Rumänien und Polen, sind freiwillige Beistellungen der Nationen.  Auch Deutschland habe bereits sehr früh die mögliche Beistellung von Patriot-Waffensystemen für BMD zugesagt, erläutert die Luftwaffe. Die Rolle des Waffensystems Patriot soll in der Zukunft durch das Waffensystem TLVS übernommen werden.

Die Bedeutung der NATO Ballistic Missile Defence wird nach Einschätzung der Bundeswehr weiterhin auf sehr hohem Niveau bleiben, da aufgrund der Proliferation von Technologie beziehungsweise Raketenteilen immer mehr Nationen in die Lage versetzt werden, ballistische Flugkörper größerer Reichweite herzustellen und in den Einsatz zu bringen. So erweitert etwa Nordkorea die Reichweite seiner ballistischen Raketen sukzessive. Die durch die NATO-Mitgliedsstaaten akzeptierte Bedrohungsanalyse sei weiterhin unverändert und werde regelmäßig in entsprechenden NATO-Gremien überprüft, heißt es beim Kommando der Luftwaffe.

Beim Thema BMD wird unter der Federführung der Luftwaffe auch die Marine eingebunden. „Die Zusammenarbeit zwischen Marine und Luftwaffe ist seit Jahren sehr erfolgreich und äußert sich in gemeinsamen Übungen sowie den entsprechenden Planungen“, schreibt die Luftwaffe und verweist auf das  taktische Schießen auf Kreta. Außerdem  wurden in den vergangenen Jahren diverse Dokumente erschaffen, die „eine sehr gute Basis für gemeinsame Operationen darstellen“. Aufgrund der bereits existierenden Führungsstrukturen (Air Command and Control – AirC2) sei es bereits heute möglich, Fähigkeiten beider militärischer Organisationsbereiche zusammenzubinden und gemeinsam einzusetzen.

Kooperation mit den Niederlanden

Ein weiterer Schwerpunkt der deutschen Luftverteidigung ist der Ausbau der Kooperation mit den Niederlanden im Rahmen des Projektes Apollo. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Bundeswehr angekündigt,  eine  binationale Short Range Air Defence Task Force (BSTF) aufzubauen und zum 4. April dieses Jahres die  FlaRakGrp 61 dem niederländischen Defence Ground Based Air Defence Command (DGAC) zu unterstellen. Wobei in diesem Modell die  truppendienstliche Führung  auf nationaler Seite verbleibt.

Gegenwärtig wird nach Aussage eines Luftwaffen-Sprechers die Dienststelle „Dienstältester Deutscher Offizier / Deutscher Anteil DGAC“ – dabei handelt es sich um eine Art Verbindungsoffizier – am niederländischen Standort Vredepeel aufgestellt, um die fachliche Führung der deutschen Kräfte durch das DGAC sicherzustellen.  Es werde die gemeinsame Aufgabe vor Ort sein, nach den Vorgaben der deutsch-niederländischen Steuerungsgruppe Apollo die Grundlagen für die BSTF zu erarbeiten. Mit ersten Entwürfen ist den Angaben zufolge Ende 2018 zu rechnen.

Auf niederländischer  Seite ergeben sich durch den Unterstellungswechsel der FlaRakGrp 61 keine Veränderungen in der Gliederung. Das heißt, es werden keine gemeinsamen Einheiten aufgestellt. Die BSTF sei eine Task Force, die auftragsorientiert für Einsätze zusammengestellt werde und dementsprechend trainiere. Je nach Lage werden die niederländischen Short Range Air Defence (SHORAD)-Feuereinheiten in diese  Task Force eingebunden. Das niederländische Heer – bei dem im Gegensatz zu Deutschland die Luftverteidigung aufgehängt ist – verfügt neben Stinger-Einheiten auch über das norwegische Flugkörper-System NASAMS.

„Die Erarbeitung der Führungsstruktur ist Gegenstand der Arbeiten, die gegenwärtig mit einer Bestandsaufnahme beginnen“, erläuterte der Luftwaffen-Sprecher. Dieses umfasse eine Vielzahl von Aspekten wie unter anderem ein so genanntes Concept of Operations, Standing Operation Procedures, Logistik, Gefechtsstandausstattung sowie technische Interoperabilität.

Die aus den Patriot-Verbänden beider Länder bestehende Binationale Air and Missile Defence Task Force (BAMDTF) hat im Jahr  2016 die so genannte Initial Operational Capability (IOC) erreicht. Als nächster Meilenstein gilt in den kommenden Jahren die Full Operational Capability gemäß der geltenden NATO-Standards. Die dazu erforderlichen bilateralen Dokumente wurden im vergangenen Jahr unterzeichnet. Zur Herstellung technischer Interoperabilität aller auf dem Gefechtsfeld vorhandenen Air-Missile-Defence- bzw. BSTF-Elemente wurde nach Aussage der Luftwaffe eine neue Arbeitsgruppe gebildet.

Die von beiden Ländern getragene Binational Air and Missile Defence Academy (BAMDA) existiert bereits als virtuelles „Schoolhouse“  und hat in den Jahren 2016 und 2017 verschiedene Fernlehrgänge für internationales Personal veranstaltet. Im Zuge der Intensivierung der Zusammenarbeit soll das Lehrgangsangebot in den kommenden Jahren ausgeweitet werden. Die volle Arbeitsfähigkeit der BAMDA ist für 2018 vorgesehen.

Hinsichtlich der Kooperation bei der  binationalen Rüstungsbeschaffung werden zunächst nur Informationen zur Koordinierung künftiger Beschaffungen im Bereich SHORAD und C-RAM ausgetauscht, wie die Luftwaffe erläutert. „Derzeit stehen die Fähigkeitsforderungen an ein System für den Nah- und Nächstbereichsschutz und an einen Mittelbereichssensor im Vordergrund. Daraus resultierende, konkrete Planungen für eine binationale Rüstungsbeschaffung existieren derzeit nicht, werden aber in die weiteren Überlegungen einbezogen.“ Wie aus dem diese Woche veröffentlichten Weißbuch des niederländischen Verteidigungsministeriums hervorgeht, plant das Nachbarland bereits 2021 die Auswahlentscheidung zur Neubeschaffung der Very Short Range Air Defence (VSHORAD) zur treffen. Die Einführung soll kurz danach starten.

Qualifizierte Fliegerabwehr

Während die Flugabwehr die alleinige Aufgabe der Luftwaffe bleibt, soll für die nach Auflösung der Heeresflugabwehr entstandene Fähigkeitslücke – von der insbesondere die mobilen Heeresverbände betroffen sind – kurzfristig Abhilfe geschaffen werden. Dazu ist vorgesehen,  kurzfristig  eine so genannte qualifizierte Fliegerabwehr aufzubauen, die als Teil der Fliegerabwehr aller Truppen  ein Mittel der Selbstverteidigung darstellt.  Diese werde per se keine Überlappung zur bodengebundenen Luftverteidigung haben, sondern unterhalb angeordnet sein, teilte die Luftwaffe dazu mit. Offenbar sollen die Kräfte der neuen Fliegerabwehr nur über Sprechfunk in das Lagebild eingebunden werden.

Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, will das Heer bei der übernächsten Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) im Jahr 2023 bis zu ein Dutzend für die qualifizierte Fliegerabwehr ausgerüstete Fahrzeuge in den Einsatz bringen. Diese mit Rohrwaffen und womöglich auch Radarsensoren bestückten Fahrzeuge sollen die mobilen Fronteinheiten der Landstreitkräfte gegen tieffliegende Fluggeräte wie etwa Drohnen zu schützen. Erste Tests mit marktverfügbaren Systemen will das Heer offenbar bereits im laufenden Jahr umsetzen.
lah/29.3.2018